Hömma!

In freundlicher Zusammenarbeit mit Audible

Ich weiß jetzt schon, dass dies vermutlich ein Beitrag ist, der mir künftig bei der Blogpflege einiges an Mühsal bereiten wird, weil im Text so viele Verlinkungen mit Hörbeispielen und Videos vorkommen und diese ja meist nicht ewig funktionieren. Aber wie soll man über Stimmen schreiben, wenn man sie nicht auch hören kann? Deshalb die vielen Links – denn Stimmen sind heute mein Thema.

Foto: © formschub

Die Idee dazu kam mir, als ich neulich mal wieder eine Folge der Serie »Vikings« sah und merkte, dass mich die deutsche Synchronstimme einer der auftretenden Figuren, König Olaf, irritierte. Irgendwoher kannte ich sie, aber »anders gesprochen«, nicht so rauh und gepresst. Fast die gesamte Folge lang suchte ich in meinem Kopf nach der Assoziation, die die Stimme auslöste, bis es mir endlich einfiel – es war die älter intonierte Stimme des deutschen Synchronsprechers Detlef Bierstedt von Commander Will Riker alias Jonathan Frakes aus Star Trek – The Next Generation. Hätte ich »Vikings«, wie manch andere Serie, in der Originalfassung gesehen, wäre mir diese Irritation erspart geblieben – einer der möglichen Nachteile einer deutschen Synchronisation.

Stimmen der Kindheit

Aber deutsche Synchronstimmen sind trotzdem was Tolles. Wenn ich versuche, mich an die frühesten Stimmen fiktiver Figuren aus Hörspielen und Filmen zu erinnern, die mir einfallen, sind vermutlich die ersten aus meiner Kindheit »Dick und Doof« alias Oliver Hardy und Stan Laurel, gesprochen von Bruno W. Pantel als Olli und Walter Bluhm als Stan (Walter Bluhm begegnete mir später wieder als die Stimme von Mr. Stringer in den »Miss-Marple«-Verfilmungen mit Margaret Rutherford). Mit einer stimmlichen One-Man-Show sorgte auch Hanns-Dieter Hüsch als Off-Stimme bei den ZDF-Fernsehbearbeitungen der Laurel-und-Hardy-Filme und in den Slapstick-Episoden »Väter der Klamotte« für meine nachhaltige Erheiterung als Kind. Dicht dahinter folgen Ernie und Bert aus der »Sesamstraße«, deren unverwechselbare deutsche Stimmen Gerd Duwner und Christian Rode beisteuerten, und die »Nachbarn« des Puppenduos: Schlemihl, Sherlock Humbug (beide Horst Stark), Grobi (u.a. Karl-Ulrich Meves) und das Krümelmonster (u.a. Alexander Welbat).

Etwa im selben Alter, noch in der Grundschule, hörte ich auf meinem kleinen orangefarbenen Cassettenrecorder bis zum tränenreichen Bandsalat das Hörspiel »Eine Woche voller Samstage« und erinnere mich bis heute an die Stimme von Peter Schiff als Sams-Adoptivpapa Herr Taschenbier, der kurioserweise auch die deutsche Stimme des rebellierenden Bordcomputers HAL in »2001 – Odyssee im Weltraum« ist.

Mit dem ersten eigenen Plattenspieler hielten die EUROPA-Hörspiele Einzug in mein Kinderzimmer und mit ihnen »Hui Buh, das Schlossgespenst«, gesprochen von Hans Clarin in Begleitung von Wolfgang Kieling als »König Julius der Einhundertelfte«.

Vom leichten Grusel der Hui-Buh-Geschichten weitete sich meine Vorliebe dann zu Beginn der Teenagerzeit unter anderem aus auf Klassiker wie »Dracula« (ebenfalls ein EUROPA-Hörspiel), dessen unheimliche Inszenierung mir im Nachhinein manch schlaflose Nacht bereitete, aber ich wollte das ja schließlich nicht anders. Gesprochen wurde die Geschichte von der einzigartigen Stimme Hans Paetschs; den blutrünstigen Grafen verkörperte ebenso einprägsam Charles Regnier.

Und dann das Fernsehen! Auch das Kinderprogramm pflegte damals extra Programmankündigungen durch Ansagerinnen und zumindest an die warme Stimme von Heidrun von Goessel kann ich mich noch gut erinnern. Inzwischen dem Grundschulalter entwachsen, erlaubten mir die Eltern, die 70er-Jahre-Klamauk-Show »Klimbim« anzusehen und somit gehören auch die Stimmen von Ingrid Steeger und Elisabeth Volkmann in mein Stimmenschatzkästchen. Letztere begleitete mich als die Stimme von Marge in der deutschen Fassung der »Simpsons« bis in die Gegenwart, zumindest solange, bis – nach ihrem Tode – Anke Engelke diesen Part gekonnt übernahm. In die memorablen Stimmen aus der »Comedy-Ecke« gehören auch Hape Kerkeling, Otto Waalkes, Dieter Hallervorden (Didi in »Nonstop Nonsens«) und seine Sketchpartnerin Rotraut Schindler, deren Stimme ich gerne auch nach Didi gerne noch viel öfter woanders gehört hätte – und natürlich Loriot und Evelyn Hamann, die mir nicht nur durch den einzigartigen Humor des »Meisters«, sondern auch durch ihr brillantes Spiel mit Sprache und Stimme im Gedächtnis geblieben sind (Update und danke an den Kommentar von Carsten, der mich auf das peinliche Versäumnis der Erwähnung der beiden hinwies!).

Was fällt mir zu Kino- und Spielfilmen aus Jugendtagen ein? Natürlich die bis heute als Klassiker geltenden Komödien des »französischen HB-Männchens« Louis de Funès, dem zwar im Laufe seines Filmschaffens verschiedene deutsche Sprecher die Stimme verliehen, aber in meinem Kopf höre ich aus meinem Filmfavoriten »Brust oder Keule« zuerst immer Gerd Martienzen. Eine grandiose Frauenstimme aus dieser Zeit verbinde ich auch mit dem Disney-Abenteuer »Bernard und Bianca«, in dem die rauchige Stimme der Synchronsprecherin Gisela Fritsch die Bösewichtin Madame Medusa für mich zum Leben erweckte (Leider habe ich zu diesem Film keine deutsche Hörprobe gefunden).

Unter den Klassikern der Siebziger darf auch »Ein Herz und eine Seele«, eine der ersten deutschen »Sitcoms«, nicht unerwähnt bleiben, denn auch dort erklang eine Stimme, die ich im Kopf mit mir trage: Elisabeth Wiedemann und ihr immer leicht pikierter, hanseatischer Tonfall als duldsame Gattin von »Ekel Alfred«.

Aus den Achtzigern erinnere ich mich vor allem an zwei Stimmen, die wegen ihres vermeintlich »erotischen« Timbres populär wurden: der raunende Radiobass Elmar Gunsch und Susi, die leicht frivole Off-Stimme aus Rudi Carrells Kuppelshow »Herzblatt«. Und auch wenn mich beide Stimmen persönlich nicht ansprachen, habe ich sie dennoch bis heute im Ohr.

Ab 1990 wurden in Deutschland die ersten Folgen von »Star Trek – The Next Generation« ausgestrahlt – für mich als Fan der Originalserie ein Muss. Seit jeher war ich angetan von der perfekt passenden, unterkühlten Synchronstimme Mr. Spocks (Herbert Weicker) und nun kam mit Ernst Meincke für Captain Picard (Patrick Stewart) ein ebenbürtiger Stimmnachfolger im Star-Trek-Universum hinzu, einige Jahre später (1996) eroberte Kate Mulgrew als Captain Kathryn Janeway mit der deutschen Stimme von Gertie Honeck den Delta-Quadranten. Ein weiteres sprachliches Star-Trek-Feature ist, dass die weibliche Computerstimme in fast allen Star-Trek-Folgen Majel Barrett gehört, der Ehefrau des Serienschöpfers Gene Roddenberry. Die Rollen bei der deutschen Synchronisation des Computers teilen sich Eva-Maria Werth und Margot Rothweiler.

Verwechslungsgefahr

Die deutsche Synchronisation bringt es manchmal auch mit sich, dass einige Sprecher für die Vertonung eines bestimmten Leinwandstars quasi »fest angestellt« sind. Das ist für den Zuschauer angenehm, weil er sich in einem gewohnten akustischen Rahmen der erzählten Geschichte und der verkörperten Figur widmen kann, ohne sich jedesmal mit einer neuen Stimme desselben Schauspielers anfreunden zu müssen – muss man ja bei deutschen Filmen schließlich auch nicht. Und auch für den Sprecher ist es von Vorteil, hängt doch die Popularität seiner Stimme bisweilen an derjenigen des synchronisierten Stars und bietet ihm damit idealerweise eine längerfristige Einkommensquelle.

Kurios wird es, wenn ein und derselbe Sprecher parallel für mehrere berühmte Schauspieler »gebucht ist« – und noch kurioser wird es, wenn zwei dieser Schauspieler dann zufällig gemeinsam in einem Film auftreten. So war etwa Thomas Danneberg lange Jahre sowohl für die Stimme von Arnold Schwarzenegger verantwortlich als auch für die von Sylvester Stallone. In den Action–Blockbustern »The Expendables 2« (2012) und »The Expendables 3« (2014) spielen beide gleichzeitig eine tragende Rolle und wurden tatsächlich auch beide darin von ihrem gemeinsamen Stammsprecher synchronisiert. Ich habe beide Filme nicht gesehen, vermute aber, die für gewöhnlich eher reduzierten Wortbeiträge in Werken dieses Genres waren mit ein Grund dafür, dass kein zweiter Sprecher notwendig war …

Weitere Kandidat*innen für solche Starstimmenkollisionen sind zum Beispiel Joachim Kerzel (Anthony Hopkins/Harvey Keitel/Dennis Hopper), Manfred Lehmann (Bruce Willis, Gérard Depardieu, Kurt Russell, Dolph Lundgren) und bei den Frauen Petra Barthel (Julianne Moore, Nicole Kidman, Uma Thurman), Bettina Weiß (Sandra Bullock, Milla Jovovich, Rachel Weisz, Juliette Lewis) oder Ulrike Stürzbecher (Jennifer Aniston, Kate Winslet, Patricia Arquette). Hollywood, da geht noch was!

Raunen, Wispern, Brummen, Säuseln

Was für Stimmen gefallen mir heute? Oft merke ich das erst, wenn ich sie höre. Spontan erinnere ich mich an zwei Alltagsbegegnungen: die eine war ein Werbeagentur-Kundenmeeting bei einer Hamburger Spieleentwicklungsfirma, bei dem sich mir der sonore Bass eines der Geschäftsführer ins Gehör schmeichelte und die zweite war ein Essen in einem italienischen Restaurant in Stralsund, bei dem unter den Gästen ein bayerischer Bariton war, dessen Timbre mir bis heute ebenfalls nicht aus dem Kopf geht. Ich habe offenbar ein Faible für tiefe, dunkel vibrierende Männerstimmen – die Sprecher Bryant Cantrell, Rolf Buschpeter oder Michael Leon Wooley mögen als Beispiel dafür dienen – oder, je nach Rolle, Benedict Cumberbatch.

Ich war natürlich auch neugierig, welche Stimmen in meinem »Twitterversum« besonders beliebt sind, deshalb machte ich vor kurzem auf Twitter eine kleine Umfrage dazu. Die Resonanz darauf hat mich überrascht und gefreut: In insgesamt 162 Antworten wurden insgesamt 217 Sprecher und Sprecherinnen genannt, darunter 166 Männer und (leider, warum?) nur 51 Frauen. Ich habe die Antworten nach Mehrfachnennungen sortiert und die ersten vier Plätze für Herren und Damen zusammengestellt. Und weil viele der Replies sich auch ausdrücklich auf den Stimmengenuss bei Hörbüchern bezogen, habe ich für die Platzierten auch jeweils ein Hörbuch von Audible verlinkt, das von den gekürten Stimmenfavoriten gelesen wird – akustische Leseproben inklusive.

Männliche Stimmen:

  1. David Nathan (u.a. Christian Bale, Johnny Depp): 11 Nennungen, liest »Es« von Stephen King
  2. Hans Paetsch: 8 Nennungen, liest »Der Stechlin« von Theodor Fontane
  3. Benedict Cumberbatch: 7 Nennungen, liest »Die Verwandlung« von Franz Kafka, natürlich in englischer Sprache, und teilt sich den 3. Platz mit Christian Brückner (Robert de Niro), Norbert Langer (Tom Selleck) und Stephen Fry
  4. Andreas Fröhlich (John Cusack, Edward Norton): 6 Nennungen, liest »Der Krieg der Welten« von H. G. Wells

Weibliche Stimmen:

  1. Franziska Pigulla (Gilian »Scully« Anderson, Demi Moore): 8 Nennungen, liest »Carrie« von Stephen King
  2. Katharina Thalbach: 7 Nennungen, liest den Miss-Marple-Roman »Ruhe unsanft« von Agatha Christie
  3. Hansi Jochmann (Jodie Foster): 3 Nennungen, liest »Das Schweigen der Lämmer« von Thomas Harris
  4. Cate Blanchett: 2 Nennungen

Die komplette Liste mit allen Nennungen, alphabetisch nach Vorname sortiert (PDF)

Und obwohl Blogkommentare nicht mehr so richtig »en vogue« sind, freue ich mich natürlich trotzdem über Eure Stimm-Erinnerungen, Anekdoten oder Anmerkungen, falls Ihr auch welche beisteuern wollt. Ich höre!

4 Kommentare

  1. Ich hatte bei der Twitterumfrage Hubertus Bengsch erwähnt und war traurig, dass er von niemandem weiter erwähnt wurde.
    Zeigt mir den, der noch nicht nachts bei Medical Detectives hängen geblieben ist und mit einem: „Im DNS-Labor kam die Wahrheit ans Licht…“ einschlief.

    1. @Manscha: Ich habe Herrn Bengsch mal aus Deinem Kommentar heraus in eine Hörprobe verlinkt, spätestens seit 2007 scheint er fest als die deutsche Stimme von Richard Gere gebucht zu sein – und damit hat er natürlich erst recht einen Platz auf der Liste verdient. Danke für Deine Erwähnung!

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