Wer ist schon morgens schön?

Meiner Vorliebe für abseitige Komik folgend, besuchte ich gestern in Begleitung eines Freundes die Lesung Performance Show Revue Aufführung Bühnendarbietung von Heinz Strunk im Hamburger Zeise Kino.
Das künstlerische Schaffen Heinz Strunks, Gründungsmitglied der Telefonanarchistentruppe »Studio Braun« und Createur von Vivas »Fleischmann TV«, ist ebenso facettenreich wie schwer fassbar. Die bislang erfolgreichste Frucht, die in seinem kreativen Garten gedieh, ist der mehr oder weniger autobiographisch durchwachsene Roman »Fleisch ist mein Gemüse«. Mit schorfiger Komik wird die ebenso perspektiv- wie gnadenlose Agonie einer Pubertät in der Provinz protokolliert. Alles aus der Sicht von Heinzer, dem Protagonisten und jüngsten Mitglied der Tanzband »Tiffanys«, die mit einem maximal massenkompatiblen Partymusik-Repertoire auf Schützenfesten, Hochzeiten, Vereinsjubiläen etc. das trinkfeste Landvolk in den nötigen Stimmungsorbit katapultiert. Seine aus einer schweren Akne resultierende Beziehungslosigkeit verdammt Heinzer zu einem permanenten Samenstau, den er durch regelmäßiges »Abmelken« im Zaum zu halten versucht. Ein sehr spezieller Humor also, der in diversen Beiträgen auch das gestrige Bühnenprogramm durchzog – insbesondere den zweiten Teil des Abends mit Auszügen aus der Hörspiel-CD »Trittschall im Kriechkeller – aus dem Leben des Jürgen Dose«.

Geschliffen in der harten Schule der erwähnten Tingelcombo, beherrscht Strunk zudem gekonnt diverse Instrumente. Mehrfach bot er diese Facette seines Könnens in Form eingeschobener, obskur-ohrwurmiger Popminiaturen dar – mit schrägem Eighties-Groove (»Hotel«), holprigen Volksmusik-Akkorden (»Schäferstündchen«) oder als triebhafte HipHop-Persiflage (»Erwachende Leiber«), textlich wie musikalisch irgendwo zwischen Andreas Dorau, Trio, DJ Ötzi und Helge Schneider und mindestens ebenso bizarr wie seine literarischen Ergüsse.

Die Verwandtschaft zu Helge Schneider wird auch in Strunks kuriosen Kurzhörspielen offenbar, die einen weiteren Teil der Abendgestaltung darstellten. Im Dialog mit der eigenen, per Playback zugespielten Stimme inszeniert Strunk grotesk-surreale Gesprächsszenen, die in wenigen Momenten den ganzen Kosmos seines delirierenden Humors verdichten.

Das Beste aber waren die Moderationen, mit denen Heinz Strunk die wild flatternden Stränge seiner Ein-Mann-Performance zu einem großen Ganzen zusammenzuspinnen vermochte. Zu gerne hätte ich seine ebenso gewollt wie gekonnt geschnitzten Verbalintarsien in den Ansagen und Kommentaren mitgeschnitten, um hier wenigstens noch einiges mehr als nur die Überschrift dieses Blogbeitrags zitieren zu können, aber es zieht einfach alles viel zu schnell vorbei, um es sich nach dem Lachen auch noch merken zu können.

So bleibt nur das Fazit: Das von Wurmlöchern aller Dimensionen des Humors perforierte, seltsame Universum des Heinz Strunk muss selbst durchfliegen, wer es kennenlernen will. Mich selbst hat die auf schlingerndem Kurs dahinstotternde Reise im Raumschiff seines gemütlich-gnadenlosen Bühnenprogramms auf dessen bisweilen leicht klebrigen, aufgeplatzten Kunstledersitzen jedenfalls sehr amüsiert.