Bücherfragebogen [♂] – 20

20 Das beste Buch, das du während der Schulzeit als Lektüre gelesen hast
Die Paarung der Wörter »Lektüre« und »Schulzeit« ruft bei mir oft wenig erbauliche Erinnerungen hervor. Das Lesenmüssen von als öde oder unergiebig empfundenen Texten – und die meist folgenden Klausuren darüber – ließ mich so manche Unterrichtsstunde verfluchen.

Ich gähnte bei Siegfried Lenz (»Das Feuerschiff«), Max Frisch (»Homo Faber«) und Bertolt Brecht (»Der gute Mensch von Sezuan«). Erweckend hingegend fand ich viele Kurzgeschichten, etwa von Heinrich Böll (»Es wird etwas geschehen«), Friedrich Dürrenmatt (»Der Tunnel«), Marie Luise Kaschnitz (»Das dicke Kind«) oder die Lektüren im Englischkurs, beispielsweise von Nevil Shute (»On the Beach«), Bram Stoker (»Dracula«) und Aldous Huxley (»Brave New World«).

Eine der typischen Darreichungsformen der Schullektüre waren und sind bis heute die kanariengelben Reclam-Heftchen, die nicht nur aufgrund ihrer handlichen Größe, sondern auch der kleinen Preise wegen sehr schülerkompatibel sind. Aus dieser Verlagsbibliothek stammte auch meine Lieblingslektüre: »Das Fräulein von Scuderi« von Ernst Theodor Amadeus (E. T. A.) Hoffmann. Es geht um ein miss-marple-esques Edelfräulein, hilfreiche Mätressen, rätselhafte Morde, wertvolle Juwelen, mysteriöse Intrigen und eine junge Liebe im Paris des Jahres 1680. Hach! Von Anfang an funkelt Hoffmanns Sprache wie die Schmuckstücke, die das Motiv der geheimnisvollen Mordserie der Erzählung zu sein scheinen:

Die Sonne schien hell durch die Fenstergardinen von hochroter Seide, und so kam es, dass die Brillanten, welche auf dem Tische neben dem offenen Kästchen lagen, in rötlichem Schimmer aufblitzten. Hinblickend verhüllte die Scuderi voll Entsetzen das Gesicht, und befahl der Martiniere, das fürchterliche Geschmeide, an dem das Blut der Ermordeten klebe, augenblicklich fortzuschaffen.

Die Lösung des Rätsels werde ich hier nicht verkünden, nur soviel, dass in der Psychologie in Anlehnung an diese Novelle der Begriff des Cardillac-Syndroms (Spoiler!) entstand, das wohl jedem Künstler bekannt ist, der von Hand geschaffene Unikate kreiert.

Dass E. T. A. Hoffmann ein talentierter Schriftsteller war, ist allgemein bekannt. Dass er sich zudem schon lange vor dem Schreiben auch als Komponist klassischer Musik sowie als Zeichner hervortat, weniger. Auf dem YouTube-Kanal MaiwaldBroadcast z.B. sind einige Stücke eingestellt, die einen kleinen Einblick in Hoffmanns musikalische Begabung verschaffen. Ein Multitalent.

Der komplette Fragebogen im Überblick.

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Foto: © formschub