Autor: ProstetnikVogonJeltz

Hohler Zahn

Heute, 08:50 Uhr. Sicherheitskontrolle am Hamburger Flughafen. Vor mir eine junge Dame, blonder Pagenkopf, akzentuiertes Make-Up, ganz in schwarz gekleidet, High-Heel-Stiefeletten, Netzstrümpfe, superkurzer Minirock, enganliegender Pullover. Kurz: ihr gesamtes Styling setzt auf maximale Wirkung bei der Zielgruppe Mann.
Sie entledigt sich ihrer Jacke und legt ihre Handtasche in die Plastikwanne auf dem Fließband.

Security-Angestellter: Haben Sie Flüssigkeiten dabei?
Sie (stutzt): Ja …
Security-Angestellter: Kann ich die bitte mal sehen?
Sie (irgendwie überrascht): Ja …
Nimmt die Handtasche wieder aus der Wanne und kramt darin herum. Holt einen originalverpackten Schokoriegel heraus und hält ihn hoch.
Security-Angestellter: Da sind aber keine Flüssigkeiten drin …
Sie (kichernd): Ach, ich hatte verstanden Süßigkeiten …!

Klar, hochgefährlich. Schokoriegel, womöglich mit scharfkantigen Mandelsplittern, und dann noch ohne Waffelschein durch die Security an Bord schleusen. Ts, ts …

Euer Bier. Nicht meins.

Heute kam ich an einem Plakat vorbei, das mich stehenbleiben und zustimmend grinsen ließ. Grafisch nicht besonders aufregend, aber ehrlich. Sozusagen die »Dove«-Kampagne für Männer.

Nicht, dass ich generell Vorurteile gegen Produktinnovationen hätte. Ich habe es probiert. »Lemon« stand auf der Flasche. Und schon beim ersten Zungenkontakt dachte ich: Bäh, nee, dann lieber’n Bier. Eins, das hopfig und herb ist. Kräftig, natürlich und echt. Ohne Limette, Orange, Guarana, Koffein, Dragonfruit, Maracuja, Cranberry, Basilikum, Lakritze, Waldmeister, Bubblegum – und vor allem: ohne ZUCKER! Ohne Bullshit eben. Und darum sage ich: lasst uns durch die Straßen ziehen und skandieren »Bravo, Pilsner Urquell!«

Und damit die Werbung nicht so einseitig bleibt, gibt’s als Bonusmaterial noch ein paar weitere persönliche Bierempfehlungen: Guinness Extra Cold, Köstritzer Schwarzbier, Schneider Weisse, Fürstenberg Kristallweizen, Fürst Louny Schwarzbier, Märkischer Landmann Schwarzbier, Duckstein, Tucher Hefeweizen, Velkopopovický Kozel.

Männerbier

Monsieur 1,5 Volt

Max Goldt hat recht. In seiner Kolumne »Die Leutchen und die Mädchen« resümiert er gewohnt treffend seine Wahrnehmungen bezüglich der Beschriftung der Bevölkerung auf Klamotten und Accessoires mit unpassenden bis völlig sinnfreien Texten – mühsam sich dahinwuchtende Adipöse mit dem Slogan »ACTIVE ATHLETIC RUNNERS« auf dem fettverzerrten Sweatshirt etwa und Ähnliches. Neulich an der U-Bahn Mundsburg etwa erklimmt ein älterer Herr die Treppe zum Bahnsteig, langsam und angestrengt, an Krücken gehend. Mit vergleichbarer Mühsal steigt er mit mir in denselben Wagen. Er trägt ein Baseball-Cap, vermutlich ein Werbegeschenk, mit der Aufschrift »ICH STEHE UNTER STROM«.

Trotz allen Respekts vor allen durch Krankheit und Alter beeinträchtigten Menschen konnte ich nicht anders und dachte: Hm. Wird dann wohl Kriechstrom sein …

Mox reveniam.*

Mei oh mei, über drei Monate ohne Eintrag. Tut mir wirklich leid. Nicht, dass in der Zwischenzeit nichts passiert wäre. Im Gegenteil. Aber manchmal sind Ereignisse eben so persönlich, dass sie unveröffentlicht bleiben müssen. Fakt ist: bis jetzt habe ich immer gerne gebloggt. Und ich mache regelmäßig weiter, sowie dem wieder so ist. Bis dahin gibt’s zumindest schon mal ein paar Restaurant-Tipps in Kurzform:

Hamburg:
Ristorante La Strada, Dorotheenstraße 182a – Gemütlicher Italiener im mittleren Preissegment mit fein komponierten Gerichten, z.B. hausgemachter Salsiccia und dem selten kredenzten, aber exorbitant leckeren Fürstenberg Hefeweizen.

Indonesisches Restaurant Fong Hee, Bramfelder Dorfplatz 25 – Das etwas angejahrte, gutbürgerliche Ambiente täuscht: Die vielfältige Speisekarte birgt zahllose Leckereien abseits üblicher Asia-Küche, z.B. frittierte Erdnussplätzchen mit Kaffir-Limettenblättern als Vorspeise.

Argentina House, Bramfelder Chaussee 302 – Kettenfreies Steakhaus mit sehr moderaten Preisen und einwandfreier Qualität. Einziges Manko: in der Beilagenkarte vermissen Liebhaber die Klassiker Potato Wedges und Cole Slaw Salad.

Berlin:
M.A.O.A. Modern Art Of Asia, Leipziger Platz 8 – Genial einfaches Konzept; Für rund 20 EUR gibt’s »all you can eat« vom üppigen Selbstbedienungs-Zutatenbüffet. Einfach eine der leckeren Marinaden auswählen, eine Schale mit einer individuellen Komposition der (rohen!) Köstlichkeiten aus der Auslage füllen und an der offenen Garküche abgeben. Nach wenigen Minuten wird das persönlich kreierte Gericht am Tisch serviert. Und dann einfach von vorn …

* Google knows … 😉

Prag I (Nachtrag)

28. Februar. Zum Geburtstag (morgen) darf ich mich dieses Jahr über das Geschenk einer Kurzreise nach Prag freuen. Was könnte besser geeignet sein, die leichte Melancholie angesichts einer »0« im Lebensalter gleichermaßen zu lindern wie zu kultivieren (ich sage nur: Kafka)? Voll im Einklang mit dem omnipräsenten Thema »Klimaschutz« reisen wir heuer mit dem Zug in die goldene Stadt. 12:39 ab Berlin Gesundbrunnen mit dem EuroCity 177, Fahrtzeit: 4 Stunden 42 Minuten, Endstation: Praha Holesovice, ein Nebenbahnhof ca. 5 km vom Stadtzentrum entfernt. Wie erwartet ist das Aufkommen an Pragreisenden an einem Mittwochmittag sehr übersichtlich und wir haben ein herrlich geräumiges Abteil in dem überraschend neuen und modern ausgestatteten Zug für uns ganz allein.

Die landschaftlich schöne Strecke, u.a. durchs Elbsandsteingebirge, lenkt den Blick immer wieder aus dem Fenster, die Zeit und die Zwischenhalte in Elsterwerda, Dresden-Neustadt, Dresden, Bad Schandau, Schöna, Decin und Usti nad Labem ziehen wie im Flug an uns vorbei (vielleicht auch unterstützt durch die je zwei leckeren Schwarzbiere »Kozel« aus dem nahegelegenen Speisewagen). Leicht verspätet erreichen wir gegen 17:40 den Zielbahnhof, von dem aus direkt eine Etage tiefer die U-Bahn ins Prager Stadtzentrum fährt. Eine Wochenkarte für das Prager Nahverkehrsnetz kostet ganze 280 Kronen (rund 10 EUR), so dass sich dies auch lohnt, obwohl wir nur fünf Tage hier bleiben.

Mit einmal Umsteigen sind wir eine knappe halbe Stunde später am U-Bahnhof Národní trida, fünf Gehminuten von unserem Cityappartement.
Was mich in der Prager Metro immer wieder fasziniert, ist die rasante Geschwindigkeit der Rolltreppen. Phlegmatiker, Senioren und Angsthasen haben hier keine Chance – außer »Augen zu und drauf«. Kein Vergleich mit dem gemütlichen Gleiten heimischer Automatikstiegen in Kaufhäusern und Bahnhöfen.

Erschreckend in ihrer Unauffälligkeit sind in einigen Metrostationen die messingfarbenen Schilder, die die Wasserstände in den U-Bahn-Stationen nach der Jahrhundertflut 2002 markieren. In der Station Malostranska z.B. befindet sich ein solches direkt auf Höhe des Zugangs zur etwa 20 Meter abwärts führenden Rolltreppe. Die Metrostation stand demnach nahezu vollständig unter Wasser. Das Erstaunlichste: nichts sonst deutet darauf hin, alles ist vollständig renoviert und wiederhergestellt.

Unsere kleine, aber feine Unterkunft liegt tatsächlich mitten im Herzen Prags, in einer unglaublich ruhigen, kopfsteingepflasterten Seitenstraße, hoch über den Dächern in der vierten Etage. Der herrliche Ausblick durch die dachschrägen Fenster lässt sich trotz der Abenddämmerung erahnen, hinter den zahllosen Giebeln ragen goldgelb bestrahlt der Veitsdom und das Nationaltheater empor.

Die Frage, was in Prag auf dem Speiseplan steht, stellt sich bestenfalls für Vegetarier. Fleischliebhaber müssen sich lediglich entscheiden, wo sie ihr Mahl einnehmen, denn die typischen Prager Gerichte serviert fast jedes einheimische Restaurant: Ente mit Rotkraut und Knödeln, Rinderlendenbraten mit Preiselbeeren, Schnitzel, Bratwurst und so weiter. Wir entscheiden uns heute für den bekannten Bierkeller U Glaubicu (Malostranske namesti 266) – und werden nicht enttäuscht. Die riesige halbe Ente ist kross und lecker, die fluffigen Knödel eignen sich prima zum Auftunken der würzigen Soße und der Rotkohl schmeckt wie bei Muddi. Vorweg gab’s übrigens eine kräftige Rindfleischsuppe mit Einlage, die tatsächlich sehr hausgemacht schmeckt – keine Spur von Brühwürfelaroma oder Konservenfleisch. Zum Runterspülen natürlich Bier, wozu sind wir in Prag? Die Marke, Velkopopovicky Kozel, kennen wir ja schon aus dem Zug.

Wie gut, dass nach den geschätzten 3000 Kalorien noch ein kleiner Walk zurück zum Appartement angesagt ist. Im kleinen, gemütlichen Wohnzimmer über den engen Gassen der Stadt geht der erste Tag unserer Reise zuende.