Der konjunktive Kuchen

Aufgrund zweier Mastodon-Postings von @kaltmamsell und @dentaku erfuhr mein Entzücken für seltene Wörter und Wortformen heute ein akutes Revival. Der Kuss der Muse traf auf etwas Muße, ich ergoogelte die Liste »Schwierige und häufig verwechselte Verbformen« und überlegte folgendes:

Nehmen wir also an, ich entsprösse einem Adelsgeschlecht und mein Alltag quölle über vor Langeweile. Eines Tages jedoch läse ich in einem Kochbuch vielerlei Rezepte zur Erschaffung süßen Backwerks und sänne darüber nach, ob es mir Kurzweil brächte, wenn ich dergleichen büke. Ich begänne, indem ich meinem Diener die Beschaffung der Zutaten beföhle und bärste vor Vorfreude auf mein famoses Vorhaben. Ich stellte mir vor, wie ich das heiße Gebäck aus dem Ofen bärge, darauf bliese, um es zu kühlen und dann in die süße, noch warme Krume bisse. Ich äße natürlich nicht alles allein, denn es brächte mir Vergnügen, wenn ich auch anderen diesen Genuss anböte und sie sich daran labten. In mir erglömme eine ganz neue Leidenschaft: ich mahlte vorab Nüsse, wiese den Knecht an, dass er die Kuh mölke, riebe die Schale von Zitrusfrüchten ab, schmölze Butter, Karamell und Kuvertüre, wöge Zucker und Mehl, schlüge Sahne und Eischnee auf, flöchte Marzipanzöpfe und schnitte Stücke seidiger Butter vom Block. Ich schmisse den Ofen an und sänge vor Elan. Die Küche röche nach allerlei Gewürzen, der Schweiß der Emsigkeit ränne mir über die Stirn und Funken der Freude glömmen in meinen Augen. Ich quirlte den Teig zusammen, fettete eine Backform, gösse ihn hinein, striche ihn glatt und schöbe ihn in den Ofen. Ich malte mir die Enttäuschung aus, wenn mir mein Werk misslänge und wände mich vor Ungeduld, während ich vor dem Herde hin und her schliche und nicht aus der Küche wiche. Ich kröche vor dem Ofenrohr und gierte durch die Scheibe, nach einiger Zeit stäche ich einen Holzstab hinein und wöge ab, ob mein Kuchen schon gar sei. Schließlich schwänge ich den Ofenschieber und bärge die Form aus ihrem dampfenden Schrein. Ich risse mich zusammen, bevor ich das warme Werk stürzte, damit es nicht noch mürbe zerbräche und ich vor Gram stürbe. Dann endlich höbe ich die Form empor und schlüge den Inhalt sanft auf einem Holzbrett hinaus. Ich priese, dass mir das glückte und pfiffe vor Freude. Dann schnitte ich den Laib auf und striche üppige Schichten süßer Füllung auf die Böden. Anschließend bettete ich alles wieder vorsichtig aufeinander und gösse den schokoladigen Überzug darüber. Ich bestreute mein Opus mit Nusskrokant und krönte dessen Kuppe mit dem Zopf aus Marzipan. Dann schnitte ich mir ein großes Stück ab, lüde es mir auf einen Teller und schlänge einen großen Bissen hinunter. Erst danach genösse ich die weiteren Happen etwas bedächtiger. Ich böge mich vor Entzücken und gurrte vor Genugtuung. Ich spönne, was ich wohl als nächste von mir zubereitete Spezerei erköre, zu deren Verköstigung ich auch Freunde einlüde und brennte vor Begeisterung über mein neues Steckenpferd.

So wäre das, wenn ich als gelangweilter Aristokrat einen Kuchen erschüfe.

Doch da ich nicht von blauem Blute bin, muss ich halt ganz normal backen.

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