Kategorie: Außer Haus

Unterwegs in Stadt und Land, im Urlaub und auf Reisen

Galerie des Grauens

München, 01.–04. April 2008: Für vier Tage traf sich auf dem hiesigen Messegelände im Rahmen der Fachmesse Analytica in fünf Hallen die geballte High-Tech-Kompetenz für instrumentelle Analytik, Labortechnik und Biotechnologie. Und da ich als Grafik-Designer für eins der hier vertretenen Unternehmen seit langem arbeite, war ich aus Hamburg zu einem Messebesuch angereist. Normalerweise gilt meine Aufmerksamkeit eher den Firmen- und Messeauftritten, die optisch positiv auffallen.

Doch diesmal hatte ich mir bewusst das Gegenteil vorgenommen und wollte Ausschau halten nach allem, was das Designerauge beleidigt. Und ich wurde fündig. So sehr, dass ich nach einer Dreiviertelstunde aufhörte, weitere Prospekte zu sammeln, weil der Riemen meiner prallvollen Tasche anfing, mir in die Schulter zu schneiden. Ich war selbst überrascht. Angesichts der auf die Stände verteilten, adrett gestylten Hostessen war anzunehmen, die Aussteller hätten zumindest ein rudimentäres Gespür für Ästhetik. Doch was an Logos die Stände, Prospekte und Displays verschandelte, ließ nur eine Schlussfolgerung zu: in dieser Branche löten und schrauben Elektrotechniker, Ingenieure und Maschinenbauer nicht nur hochkomplizierte Geräte zusammen, sondern anscheinend auch die Logos ihrer eigenen Unternehmen – denn professionelle Gestalter waren an diesen formalen Debakeln wohl eher selten beteiligt. Hier ist die Ausbeute meines Rundgangs durch die Galerie des Grauens (klicken für vergrößerte Ansicht). Das Gute daran: hier gibt’s noch jede Menge Arbeit für begabte Grafik-Designer. Also los!

Logo-Horror

Lauchzeichen aus Berlin

Na, endlich! Seit Wochen mal wieder ein Tag, an dem mehr als eine halbe Stunde am Stück die Sonne scheint. Nur Spazierengehen ist dem Hobbykoch an einem solchen Märztag viel zu profan, er verbindet das Angenehme mit dem Nützlichen und hält im Umkreis seines Freiluftaufenthaltes nach Bärlauch Ausschau – schließlich ist ja wieder Saison. Und siehe da – mitten in Berlin, abseits der Hundeschnüffelschneisen, wuchert er in üppig saftgrünen Matten: Wunderlauch (allium paradoxum) , der aus dem Kaukasus eingewanderte schmalblättrige Bruder des »echten« Bärlauchs, eindeutig zu identifizieren an seinem intensiven, knoblauchartigen Duft. Natürlich bereichert ein Bruchteil des umgehend geernteten Kubikmeters gleich heute abend den Speiseplan. Suppe? Pesto? Risotto? Mal sehen …

Wunderlauch

Jo, da schaugt’s her: Fünf Tage in München

Und weil’s so schön war, nochmal als Alphabet:

A dem Erfindungsreichtum huldigen, dass man aus Aventinus Weizenstarkbier sogar Schnaps brennen kann – und schmackhaften noch dazu

B im Bachmaier Hofbräu letztlich doch vor der deftigen Schmankerlplatte für zwei Personen kapitulieren

C erfreut feststellen, dass es von der Confiserie Coppeneur Schwarzbier jetzt sogar in Schokoladenform gibt. Kaufen.

D von den akkurat beschürzten Damen bei Dallmayr feinste Häppchen fürs Abendbrot erstehen

E nochmal dasselbe wie bei »A« konstatieren, diesmal allerdings mit Enzian

F sich der Tatsache stellen, dass man als Genießer in München auch bei Feinkost Käfer unbedingt mal reinschmecken muss

G im Kaufhaus Oberpollinger der Versuchung erliegen, sich auch, aber nicht nur wegen des Namens eine todschicke G-Star Raw Denim Elwood Heritage Narrow Jeans in Concrete-Wash-Optik zuzulegen

H hoffen, dass die Waage zu Hause die hiesigen kulinarischen Exzesse nicht gar zu hart bestraft

I einen Moment später diesen Gedanken ignorieren

J an der U-Bahn-Station Josephsplatz die täglichen Ausflüge beginnen und beenden

K stilecht vorm Schlafengehen abends noch mit der genialen Schickeria-Soap »Kir Royal« ins München der 80er Jahre zurückblicken

L mit Lufthansa hin- und zurückfliegen

M mit einem Drei-Tages-Ticket des MVV bequem in der Stadt herumkommen

N genießen, dass am frühlingswarmen Samstag zwar schon viele Spaziergänger und Biergartenbesucher, aber noch keine Nackerten den Englischen Garten bevölkern

O beschließen, dass ich München zwar auf jeden Fall wieder, aber nie zusammen mit den Touristenhorden anlässlich des Oktoberfests besuchen werde

P zwischendurch im Pschorr bei einem Dunkelbier neue Kraft zum Rumlaufen schöpfen

Q aus Zeitgründen leider nicht dazu kommen, einen Münchner Eisdielentipp auszuprobieren

R dank des hervorragenden brandneuen Reiseführers von Marco Polo beim Sightseeing, Shoppen und Schlemmen nie die Orientierung verlieren

S sich in einem gemütlichen Appartement in Schwabing einmieten

T im Deutschen Museum einem kleinen Privatkonzert auf einem über 200 Jahre alten Tangentenflügel lauschen

U anhand der noch verbliebenen Kommunalwahlplakate der SPD erstmals bewusst wahrnehmen, dass der Name des alten und neuen Münchner Oberbürgermeisters Christian Ude lautet

V über den Viktualienmarkt schlendern und in den Auslagen der Marktstände schwelgen

W im Schneider Bräuhaus (ehemals Weißes Brauhaus) ein ebenso schmack- wie gehaltvolles Blut- und Leberwurst-Gröstl mit dem einen oder anderen Weißbier runterspülen

X diesen Buchstaben mit der Tatsache befüllen, dass Xaver ein dem bayerischen Sprachraum entstammender Vorname ist

Y mit leckerem Thai-Essen vom Yum2Take mal eine Pause von der bayerischen Küche einlegen

Z auf der Hin- und Rückreise, gebannt von einem Klassiker der deutschen Nachkriegsliteratur, die Zeit wie im Flug verbringen (haha)

Four wonderful days in London

A im »Argyll Arms« Fish & Chips essen und Cider trinken
B mit British Airways hin- und zurückfliegen
C zu den nächtlich glitzernden Wolkenkratzern in Canary Wharf aufblicken
D sich ein köstlich-malziges Double Stout von der Brauerei Hook Norton einschenken
E den Engländern beim Gebrauch ihrer schönen und ausdrucksvollen Sprache zuhören
F sich den Final Cut von »Blade Runner« auf DVD zulegen
G ganz in Ruhe Geburtstag feiern
H in Harrods Food Hall fürs Abendessen einkaufen
I zum Frühstück gesunde Innocent Fruit Smoothies ins Glas gießen
J mit der Jubilee Line in die Londoner City aufbrechen
K mit dem Kauf einzigartiger internationaler Kaffeesorten im Algerian Coffee Shop liebäugeln
L zum abendlichen Ausklang noch eine Folge Little Britain auf DVD gucken
M im Restaurant Mez ganz hervorragende Türkische Küche serviert bekommen
N zur guten Nacht einen goldenen Schluck Lagavulin oder Oban genießen
O den O₂Dome direkt gegenüber dem Appartement bestaunen
P mit einem Pint Guinness im »Coach and Horses« den Durst stillen
Q sich wundern, dass »Quay« nicht [käi], sondern [kieh] ausgesprochen wird
R statt immer nur Gouda mal den Rohmilchkäse Gorwydd Caerphilly aus Llanddewi Brefi probieren. Für Kenner: wahrscheinlich der einzige Käse im Dorf …
S bei Skechers neue Turnschuhe kaufen
T auf die Themse schauen
U sich in der Rush Hour in die überfüllten Züge der London Underground quetschen
V beim Rückflug direkt hinter Vanessa Redgrave in der Schlange beim Boarding stehen
W bei Waitrose den Appartementkühlschrank mit Delikatessen auffüllen
X zum x-ten Mal versehentlich mit einem Briten zusammenstoßen, der sich daraufhin mit einem »sorry« BEI MIR entschuldigt …
Y in jedem schönen Moment »yes!!!« denken
Z im zavvi Megastore nach CDs und DVDs stöbern

Det is Balin, wa?

Nach langer – eigentlich unbegründeter – Pause regte sich gestern mal wieder der Appetit auf Mexikanische Küche. Eine kurze Netzrecherche und wir erkoren übereinstimmend das Alcatraz (Bundesplatz 6) zum Versuchsobjekt. Und können es nach ausgiebigem Testessen uneingeschränkt weiterempfehlen: Gemütliche Ausstattung, angenehm gedämpftes Licht, nette Atmosphäre, durchweg leckeres Essen und freundliche Bedienung. »Unsere« war ein rustikal temperiertes Berliner Original und sorgte von Anfang an beim Servieren mit launigen Sprüchen für Stimmung.

Schließlich orderte ich abschließend noch ein Hefe im Kleinformat (nulldrei). Und ihr lautstarker Kommentar beim Servieren brachte den Anblick des zierlichen Weizenbierglases dann stimmungsvoll auf den Punkt: »Is det nich süß? Det is doch süß, wa? So wat süßet!«.

Jawoll. Isset.

Mox reveniam.*

Mei oh mei, über drei Monate ohne Eintrag. Tut mir wirklich leid. Nicht, dass in der Zwischenzeit nichts passiert wäre. Im Gegenteil. Aber manchmal sind Ereignisse eben so persönlich, dass sie unveröffentlicht bleiben müssen. Fakt ist: bis jetzt habe ich immer gerne gebloggt. Und ich mache regelmäßig weiter, sowie dem wieder so ist. Bis dahin gibt’s zumindest schon mal ein paar Restaurant-Tipps in Kurzform:

Hamburg:
Ristorante La Strada, Dorotheenstraße 182a – Gemütlicher Italiener im mittleren Preissegment mit fein komponierten Gerichten, z.B. hausgemachter Salsiccia und dem selten kredenzten, aber exorbitant leckeren Fürstenberg Hefeweizen.

Indonesisches Restaurant Fong Hee, Bramfelder Dorfplatz 25 – Das etwas angejahrte, gutbürgerliche Ambiente täuscht: Die vielfältige Speisekarte birgt zahllose Leckereien abseits üblicher Asia-Küche, z.B. frittierte Erdnussplätzchen mit Kaffir-Limettenblättern als Vorspeise.

Argentina House, Bramfelder Chaussee 302 – Kettenfreies Steakhaus mit sehr moderaten Preisen und einwandfreier Qualität. Einziges Manko: in der Beilagenkarte vermissen Liebhaber die Klassiker Potato Wedges und Cole Slaw Salad.

Berlin:
M.A.O.A. Modern Art Of Asia, Leipziger Platz 8 – Genial einfaches Konzept; Für rund 20 EUR gibt’s »all you can eat« vom üppigen Selbstbedienungs-Zutatenbüffet. Einfach eine der leckeren Marinaden auswählen, eine Schale mit einer individuellen Komposition der (rohen!) Köstlichkeiten aus der Auslage füllen und an der offenen Garküche abgeben. Nach wenigen Minuten wird das persönlich kreierte Gericht am Tisch serviert. Und dann einfach von vorn …

* Google knows … 😉

Prag I (Nachtrag)

28. Februar. Zum Geburtstag (morgen) darf ich mich dieses Jahr über das Geschenk einer Kurzreise nach Prag freuen. Was könnte besser geeignet sein, die leichte Melancholie angesichts einer »0« im Lebensalter gleichermaßen zu lindern wie zu kultivieren (ich sage nur: Kafka)? Voll im Einklang mit dem omnipräsenten Thema »Klimaschutz« reisen wir heuer mit dem Zug in die goldene Stadt. 12:39 ab Berlin Gesundbrunnen mit dem EuroCity 177, Fahrtzeit: 4 Stunden 42 Minuten, Endstation: Praha Holesovice, ein Nebenbahnhof ca. 5 km vom Stadtzentrum entfernt. Wie erwartet ist das Aufkommen an Pragreisenden an einem Mittwochmittag sehr übersichtlich und wir haben ein herrlich geräumiges Abteil in dem überraschend neuen und modern ausgestatteten Zug für uns ganz allein.

Die landschaftlich schöne Strecke, u.a. durchs Elbsandsteingebirge, lenkt den Blick immer wieder aus dem Fenster, die Zeit und die Zwischenhalte in Elsterwerda, Dresden-Neustadt, Dresden, Bad Schandau, Schöna, Decin und Usti nad Labem ziehen wie im Flug an uns vorbei (vielleicht auch unterstützt durch die je zwei leckeren Schwarzbiere »Kozel« aus dem nahegelegenen Speisewagen). Leicht verspätet erreichen wir gegen 17:40 den Zielbahnhof, von dem aus direkt eine Etage tiefer die U-Bahn ins Prager Stadtzentrum fährt. Eine Wochenkarte für das Prager Nahverkehrsnetz kostet ganze 280 Kronen (rund 10 EUR), so dass sich dies auch lohnt, obwohl wir nur fünf Tage hier bleiben.

Mit einmal Umsteigen sind wir eine knappe halbe Stunde später am U-Bahnhof Národní trida, fünf Gehminuten von unserem Cityappartement.
Was mich in der Prager Metro immer wieder fasziniert, ist die rasante Geschwindigkeit der Rolltreppen. Phlegmatiker, Senioren und Angsthasen haben hier keine Chance – außer »Augen zu und drauf«. Kein Vergleich mit dem gemütlichen Gleiten heimischer Automatikstiegen in Kaufhäusern und Bahnhöfen.

Erschreckend in ihrer Unauffälligkeit sind in einigen Metrostationen die messingfarbenen Schilder, die die Wasserstände in den U-Bahn-Stationen nach der Jahrhundertflut 2002 markieren. In der Station Malostranska z.B. befindet sich ein solches direkt auf Höhe des Zugangs zur etwa 20 Meter abwärts führenden Rolltreppe. Die Metrostation stand demnach nahezu vollständig unter Wasser. Das Erstaunlichste: nichts sonst deutet darauf hin, alles ist vollständig renoviert und wiederhergestellt.

Unsere kleine, aber feine Unterkunft liegt tatsächlich mitten im Herzen Prags, in einer unglaublich ruhigen, kopfsteingepflasterten Seitenstraße, hoch über den Dächern in der vierten Etage. Der herrliche Ausblick durch die dachschrägen Fenster lässt sich trotz der Abenddämmerung erahnen, hinter den zahllosen Giebeln ragen goldgelb bestrahlt der Veitsdom und das Nationaltheater empor.

Die Frage, was in Prag auf dem Speiseplan steht, stellt sich bestenfalls für Vegetarier. Fleischliebhaber müssen sich lediglich entscheiden, wo sie ihr Mahl einnehmen, denn die typischen Prager Gerichte serviert fast jedes einheimische Restaurant: Ente mit Rotkraut und Knödeln, Rinderlendenbraten mit Preiselbeeren, Schnitzel, Bratwurst und so weiter. Wir entscheiden uns heute für den bekannten Bierkeller U Glaubicu (Malostranske namesti 266) – und werden nicht enttäuscht. Die riesige halbe Ente ist kross und lecker, die fluffigen Knödel eignen sich prima zum Auftunken der würzigen Soße und der Rotkohl schmeckt wie bei Muddi. Vorweg gab’s übrigens eine kräftige Rindfleischsuppe mit Einlage, die tatsächlich sehr hausgemacht schmeckt – keine Spur von Brühwürfelaroma oder Konservenfleisch. Zum Runterspülen natürlich Bier, wozu sind wir in Prag? Die Marke, Velkopopovicky Kozel, kennen wir ja schon aus dem Zug.

Wie gut, dass nach den geschätzten 3000 Kalorien noch ein kleiner Walk zurück zum Appartement angesagt ist. Im kleinen, gemütlichen Wohnzimmer über den engen Gassen der Stadt geht der erste Tag unserer Reise zuende.