Innen toll, außen oll

Über mein Faible für schöne und hochwertige (Lebensmittel-)Verpackungen habe ich schon den einen oder anderen Blogbeitrag verfasst. Um so mehr ärgert es mich, wenn Hersteller solcher Produkte den Lapsus begehen, für ihre Verpackungen Designer zu engagieren, die zwar originelle Ideen, aber kein typographisches Feingefühl haben.

Gleich zwei Edelspirituosen aus dem wunderbaren Delikatessenladen mutterland in der Nähe des Hamburger Hauptbahnhofs sprangen mir diesbezüglich besonders ins Auge. Der bayerische (!) Gin »The Duke« z.B., ein unglaublich dichtes, aromatisches Wacholderdestillat mit Anklängen an Lavendel und Zitrusfrüchte, viel zu schade, um damit Longdrinks zu mixen, reißt in der Unterzeile »Munich Dry« auf seinem Etikett die schwungvollen Buchstaben der gewählten Schreibschrift »Bickham Script« brutal auseinander. Das tut weh.

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Nicht minder schmerzt es die Gestalterseele, was die Feinbrennerei Simon’s – nicht nur auf dem Etikett ihres delikaten alten Apfelbrands »Wolfsschluchtwasser« – mit dem eigenen Firmennamen veranstaltet. Dass sich Unternehmen entschließen, ihrem Namen ein Apostroph vor einem Genitiv-s zu spendieren (wie bei Kaiser’s Supermärkten oder Joey’s Pizza Service) sei ihnen unbenommen. Aber dass dieses Satzzeichen in der wunderschönen Handschrift »Cezanne« dann auch noch falsch gesetzt als französischer Accent Grave und ohne jeden feintypographischen Ausgleich zentimeterweit entfernt vom dazugehörigen Wort in der Luft hängt, ist für mich ein gestalterisches Armutszeugnis.

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Wäre ich als Grafik-Designer auf der Suche nach einem Präsent für Freunde oder Bekannte, die im gleichen beruflichen Umfeld arbeiten, wären solche Fehlgriffe für mich ein Grund, ein anderes Produkt zu verschenken – da mag der Inhalt noch so sehr schmecken.

Falls unter den werten Lesern jemand noch andere Beispiele zur Hand hat, die solche Designschlaglöcher auf hochwertig verpackten Produkten enthüllen, freue ich mich auf jeden Hinweis in den Kommentaren. Bilddateien bitte nur beifügen, falls Ihr die Rechte an den Fotos besitzt, ansonsten bevorzuge ich Links zu den Quellen.

Fotos oben: © formschub

Coole Werbung

Am vergangenen Montag feierte sich die Hamburger Werbeszene in der Neuen Flora bei Bier, Eis und Canapés im Rahmen der »Nacht der Löwen«, der Bühnenverleihung der Cannes Lions 2010. Und natürlich gab’s auch die unter Werbern legendäre »Cannes-Rolle« zu sehen.

Nach 90 Minuten Werbung ohne Unterbrechung durch Spielfilmschnipsel fühle ich mich zwar jedesmal wie weichgespült und erinnere mich schon wenige Momente nach dem Fallen des Vorhangs nur noch bruchstückhaft an alles Gesehene, aber ein mit Bronze prämierter Spot der Agentur Ogilvy Paris für Perrier ist »klebengeblieben«. Effekte, Kamera, Musik, Tempo, Schnitt, Casting – alles perfekt. Passt zwar nicht mehr so ganz in die Jahreszeit, aber seht selbst.

2009 gab es von der Agentur bereits eine Plakat-/Anzeigenserie mit derselben Grundidee, die ebenfalls einen Cannes-Löwen erhielt. Wer ausführlicher in den 2010 prämierten Clips und Kampagnen stöbern möchte, kann das hier tun.

Pimp my Putenbrust

Wohl jeder Blogger, der gern ab und zu übers Kochen und Essen berichtet, kennt die Situation: man hat etwas Gelungenes gekocht oder angerichtet oder sitzt im Restaurant vor einem famos arrangierten Tellergericht und möchte die Welt an seinem Gaumenglück in Wort und Bild teilhaben lassen. Der getextete Part ist meist kein Problem, doch schwieriger gestaltet sich der Teil mit dem Bild. Kaum ein Hobby(koch)blogger ist ausgebildeter Foodfotograf oder hat auf Schritt und Tritt eine hochwertige Kamera dabei.

Hinzu kommen die praktischen Unzulänglichkeiten: in Restaurants mit schwerem Gerät und Blitz das eigene Gedeck zu fotografieren erregt peinliche Aufmerksamkeit und auch zu Hause will man nicht immer erst das Stativ rauskramen, wenn die Gäste im Esszimmer schon nervös mit den Servietten rascheln.

Was also tun? Bleibt das gute alte Handyfoto – schnell aus der Faust geschossen, ohne großen Aufbau und im Nu abgespeichert. Doch das Ergebnis wird dem vermeintlich festgehaltenen Moment kulinarischen Entzückens selten gerecht – karges oder langweiliges Licht und die allzu gleichmäßige Schärfe lassen den in Wirklichkeit frischen Salat welk, das rosige Fleisch trocken oder die luftige Schaumspeise pampig erscheinen. Wer will solch unerquickliche Fotos ins Blog stellen und dann dazu schreiben müssen, dass man sich das alles eigentlich »in echt« viel schöner vorzustellen hat? Oder die mauen Schnappschüsse aufwendig von Hand mit Photoshop hinzutzeln? Sind Handyfotos zum Foodknipsen am Ende doch keine Alternative?

Auf der Suche nach einem Weg aus diesem Dilemma stieß ich kürzlich auf ein Tool, das zumindest für mampfbloggende iPhone-/iPad-Besitzer Abhilfe schaffen kann: Die App TiltShift Generator von Art&Mobile für schlappe 0,79 EUR (Update: die App ist inzwischen leider nicht mehr erhältlich).

Jeder kennt die bonbonbunten Panoramafotos, die mit dem gleichnamigen selektiven »Tilt & Shift«-Unschärfeeffekt wirken wie Szenen aus einer Modellbahnlandschaft. Nicht zuletzt eine laufende Kampagne der Deutschen Telekom hat dafür gesorgt, dass die Puppenoptik derzeit der letzte Schrei in der Werberbildsprache ist. (Noch) nicht so verbreitet ist die Erkenntnis, dass man damit, außer synthetisch Panoramen zu schrumpfen, auch beeindruckend und schnell selbstgeknipste Speiseportraits aufhübschen kann. Nur wenige Reglereinstellungen des intuitiv bedienbaren App-Interfaces zu den Parametern »Sättigung«, »Helligkeit« und »Kontrast« können einem unzulänglich eingefangenen Foodbild neue Frische einhauchen. Mit der selektiven Unschärfe, deren Form (linear oder kreisförmig), Position und Radius beliebig einstellbar sind, werden eine Garnele, ein Salatblatt oder die Schnittfläche eines Filetmedaillons appetitlich in den Fokus gerückt. Und mit der ebenfalls regelbaren Vignettierung rücken uninteressantere Bildbereiche am Rand dezent in mildes Dunkel (alles natürlich in Maßen, denn wir wollen ja die Realität ins Bild zurückholen und nicht ins Elysische abdriften).

Ab damit ins Blog – und weiterhin gutes Gelingen!

Foodpimping
Fotos: © formschub

RGB

Schon als die ersten Bilder dieses Werbespots auf meinem Fernsehbildschirm erschienen, musste ich hinschauen. Der grüne Himmel, die leuchtenden Komplementärkontraste, die spannende Bildkomposition und die wie ein Turbinenchor summende Tonspur saugen Auge und Ohr förmlich ins Geschehen. Doch wofür wird hier geworben? Ein Kinofilm? Eine Videokamera? Ein Parfum?

In einem Stil zwischen »Matrix« und Wackelkamera rauschen surreal anmutende Bilder einer eigentümlich menschenleeren Stadt in den drei Farben Rot, Grün und Blau, mit einem an chromatische Aberration erinnernden Spektraleffekt verfremdet, am Betrachter vorbei. Es gibt keinen gesprochenen Text, keine wohlformulierten Werbesprüche, nur die Worte SPORT, NORMAL und ECON werden eingeblendet. Nun wird klar: es geht um ein Auto – um den neuen Honda CR-Z Sport Hybrid, dessen drei Fahrmodi mit den verschiedenfarbigen Szenen vorgestellt werden. Zum Schluss folgen noch Logo, Claim und URL. Das war’s. Für mich der innovativste und eigenständigste Autowerbespot seit langem, reduziert auf das absolut Wesentliche, super gefilmt und exzellent vertont.

Verantwortlich für die Kreation des Spots ist die Londoner Agentur Wieden+Kennedy (W+K), die vor kurzem anlässlich der Fußball-WM bereits mit dem Nike-Spot »Write Future« kreative Maßstäbe setzte. Und nun erneut, wie ich finde.

Teilchen-Tie

Was hat die Kollision subatomarer Teilchen, wie sie in einer Blasenkammer sichtbar wird, mit einer Krawatte zu tun? Auf den ersten Blick nichts. Doch als ich die seltsam wirbelnden Muster betrachtete, die bei solchen physikalischen High-Tech-Experimenten entstehen, fand ich, sie hätten durchaus das Zeug zu einem ebenso stylischen wie originellen Krawattendekor.

Da traf es sich gut, dass ich gerade nach einem persönlichen Geschenk für einen lieben Menschen suchte, der naturwissenschaftlichen Themen zugetan ist. Umgesetzt hat den wertigen Siebdruck mit silbergrauer Stofffarbe auf einer handelsüblichen dunkelblauen Seidenkrawatte das Hamburger Stoffdruckatelier Frohstoff, das ich hiermit gerne weiterempfehle.

Eine schöne und wertige Alternative zum herkömmlichen Copyshop-Stoffdruck, etwas teurer zwar, doch ich bin vom Ergebnis begeistert.

Teilchenkrawatte

Leider sind derart gemusterte Krawatten – weder mit klassischen, sich wiederholenden Mustern noch mit albernen gegenständlichen Motiven – in normalen Läden kaum zu finden. Dabei hielte die Natur noch so viele famose Krawattenmuster bereit: Zweige zum Beispiel, oder auch Gräser. Ich würde sagen, hier steckt Trendpotenzial!

Seenswürdig

Ich klicke ja wirklich nicht oft auf Werbebanner. Aber heute gab es mal eine Ausnahme. Schuld war ein auffälliges Logobanner, das mich nach dem Klick auf die offizielle Website zur Tourismusförderung des Gardasees führte. Denn abgesehen davon, dass ich der Kultur und Küche Italiens auch als Hobbykoch und Urlauber zugeneigt bin, gefiel mir spontan die bunte prominente Wortmarke und ich hoffte, auf der verlinkten Website etwas mehr über ihren Ursprung in Erfahrung bringen zu können.

Doch leider – Fehlanzeige. Zwar gibt es eine PDF-Broschüre, in deren Impressum spartanisch eine Agentur namens Plus+ genannt wird, aber allein, um deren Internetauftritt ausfindig zu machen, musste ich noch einige Googlerunden drehen. Vergebens – auch im dortigen Portfolio wird das Logo als Refenz nicht erwähnt. Schade.

Mich erinnert das grafische Konzept ein bisschen an das kürzlich vorgestellte Rebranding des Vogelparks Walsrode zum Weltvogelpark, aber ich würde nicht so weit gehen, zwischen den beiden Logos ein Plagiat zu konstatieren. Eine schöne Kreation, die Lust auf Urlaub und neugierig auf die darin abstrakt dargestellten Kulturschätze macht. Und das ist ja der Sinn der Sache.

Visitgarda Logo

Enter the Light

So lautet die Aufforderung zum Betreten der Website des amerikanischen Malers, Illustrators und Bildhauers Marshall Arisman. Tatsächlich wirken viele seiner Werke eher düster als licht und erinnern in Komposition und Stil bisweilen an die Gemälde Francis Bacons. Ich wurde zum ersten Mal durch eine Cover-Illustration des internationalen Grafik-Design-Magazins Graphis auf ihn aufmerksam.

Passt recht gut in die letzten dunklen Monate des Winters, finde ich. Aber jetzt kann es langsam wirklich mal wieder etwas heller werden.

Arisman Intro