Man man qi (慢慢吃)

So wünscht man sich »Guten Appetit« auf chinesisch. Und Feinschmecker, die ihre Vorurteile über die authentische chinesische Küche abseits von »Hühnchen süßsauer« ausräumen wollen, begeben sich am besten dorthin, wo dieser Zuruf muttersprachlich über Tellern und Schalen erschallt. Doch was tun, wenn es dem Freundeskreis an gebürtigen Chinesen gebricht, die originalkochkundig und gastfreundlich sind und auch eine Schlemmerflugreise nach China mit Konto und Klimagewissen nicht zu vereinbaren ist?

Ich empfehle als perfekte Alternative einen Besuch des exzellenten Restaurants Ming Dynastie in Berlin, direkt neben der chinesischen Botschaft gelegen. Zur Einstimmung hier ein bewusst exotischer Auszug aus der sehr reichhaltigen Karte:

L4. 香拌肚丝
In Streifen geschnittener Schweinemagen mit Sojasauce
L5. 水晶凤爪
Eingelegte Hühnerfüße
L6. 红油千层耳
Schweine Ohren Sülze mil Chilliöl
L12. 凉拌海蛰
Quallensalat
S11. 贝茸鱼肚羹
Fischblasensuppe mit Venusmuscheln
S13. 什锦海参羹
Seegurkensuppe mit Gemüse
78. 白扒鱼肚
Geschmorter Fischmagen mit weißer Soße
105. 西芹百合
Sellerie mit Lilienblüten
C11. 豆豉牛百叶
Gedämpfte Rinder Pansen mit schwarzen Bohnen

Jetzt heißt es: Mutige nach vorn! Aber auch für zaghaftere Gäste ist der Tisch reich gedeckt: von »Chop Suey« über »Wan Tan« bis »Nasi Goreng« wird genügend Vertrautes serviert. Das freundliche und aufmerksame Personal, in seidene Livree gekleidet, spricht perfekt deutsch – gelegentlich sogar mit leichtem Berliner Akzent. Für Einsteiger sei das wöchentliche chinesische Buffet freitags und samstags abends empfohlen, hier kann man auch Ungewohnteres in kleinen Mengen probieren und sich so langsam an neue Geschmacksreize heranwagen. Ich selbst bin nach rund zehn köstlichen Besuchen immerhin bei »L4« angekommen – und kann es nur empfehlen.

Backyard Chicken
Foto: © morgueFile.com

Klick! Surr! *wart*

Bilder aus einer anderen Zeit, in der »sofort« ein paar Minuten länger dauert: die Website Polanoid hat sich dem Ziel verschrieben, mit Hilfe ihrer Community das weltweit größte Archiv an Polaroidfotos zusammenzutragen. Ein mal poetisches, mal trashiges Archiv der Flüchtigkeit einzelner Momente abseits des digitalen Endlos-Bilderrauschens.

(via Glaserei)

Polanoid
Thumbnails: © Polanoid

So lange noch Sommer ist

Hier schnell noch ein Eisdielen-Tipp aus Berlin, ehe viele der Schleckoasen zum Überwintern schließen und temporär Teeläden, 99-Cent-Paradiese und Ähnliches die Ladenräume der kühlen Glücksbringer übernehmen. Vom hellblau-goldenen Mosaik über dem schmalen Eingangsbereich des Cuffaro in der Kollwitzstraße 66 (Prenzlauer Berg) schauen kleine Putten herab auf die Schlange der Eisliebhaber, die zumeist vor dem Tresen ansteht. Rund ein Dutzend hausgemachte Sorten hat der original italienische Gelatiere im Programm, nicht zu süß und nicht zu üppig, das Fruchteis frisch-säuerlich, das Milcheis cremig-sahnig und mit 70 Cent pro Kugel geradezu preiswert. Probiertipps: Joghurt pur, Himbeer und Biscotto.

Eiscafé Cuffaro

Dinner bei Sarah (Nachtrag)

Schön, dass es im Zeitalter des Internet so was wie das Regenradar gibt. Anderenfalls hätte uns das unentschlossen verhangene Wetter bestimmt davon abgehalten, am Sonnabend in Berlin das Dinner draußen einzunehmen. So jedoch war die Zugbahn des Regens klar abzusehen und weit genug weg, um im Restaurant Sarah Wiener am Hamburger Bahnhof einen der schönen Außenplätze am Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal einzunehmen.

Auf der wöchentlich wechselnden Karte: wie immer eine kleine aber feine Auswahl an Suppen, Salaten, Fisch-, Fleisch- und vegetarischen Gerichten. Meine Entscheidung fiel diesmal auf Entenlebermousse mit gegrilltem Aalfilet an frischem Salat mit Holundervinaigrette und Lachsforellenfilet auf der Haut gebraten mit Sepiagnocchi und Karotten.

Die zunächst etwas gewagt erscheinende Kombination von Geflügelleber und Fisch erwies sich als überraschend harmonisch. Der leicht angebräunte Aal bildete einen zarten Kontrast ohne allzuviel Fischgeschmack zu der geradezu wolkig-fluffigen, milden Mousse und der tragende, knusprig-dünne Gebäckboden des Arrangements fügte dem Spiel der Aromen noch einen frechen Hauch Zimt hinzu. Zusammen mit dem frischen Salatbukett und der wildfruchtigen Holundervinaigrette eine absolut gelungene Vorspeise.

Die Lachsforellenfilets auf knuspriger Haut waren auf den Punkt gegart und die Karotten bildeten mit milder Würzung und angenehmem Biss das ideale Bindeglied zu den zarten Sepiagnocchi und der leichten, mit Safran gewürzten Sauce. Insgesamt weniger Avantgarde und mehr Klassik als der Gang zuvor, aber geschmacklich durchaus auf gleichem Niveau.

Während die Dame des Hauses also offenbar in Hamburg bei der Eat’n’Style Foodmesse das Publikum live bekochte, konnte man sich guten Gewissens der Kompetenz und Obhut der zurückgelassenen Küchen- und Servicekräfte überlassen. Sarah Wieners Restaurant am Hamburger Bahnhof bleibt weiterhin für mich eine der empfehlenswertesten kulinarischen Adressen in Berlin, die ich kenne.

Sarah Wiener Vorspeise
Sarah Wiener Hauptgang

Handarbeit 2.0

Nach der Lektüre eines Artikels über gestickte Minipops (Pixel-Icons) bei Nerdcore interessierte mich mal, wie viele Bastel-Nerds es noch so gibt, die sich mit Werkzeug, Kurzwaren, Pappe und Herd dem Transfer flüchtiger Pixelbilder in die materielle Welt des Real Life verschrieben haben. Und es sind viele. Sie kleben, sticken, backen, malen, schrauben, sprühen und nähen Sprites, Avatare und Screenshots zum Anziehen, Essen oder einfach nur Angucken. Im Blog Sprite Stitch bekommt man einen schönen Überblick, wie solche Handarbeiten im 21. Jahrhundert aussehen können. Ich jedenfalls kriege angesichts der abgefahrenen Pacman-Muffins von hello naomi (via flickr) richtig Appetit auf so ein Konsolengebäck zu meinem täglichen Latte Macchiato.

Pacman_Cupcakes
Photo: © hello naomi @ flickr

Preisverdächtig

»Die Deutsche Bahn erhöht ab 14. Dezember ihre Ticketpreise in der zweiten Klasse um durchschnittlich 3,9 Prozent. Als wesentliche Gründe dafür gab Vorstandsmitglied Karl-Friedrich Rausch gestiegene Energie- und Personalkosten an. Seinen Angaben zufolge steigen die Preise für die BahnCard im Durchschnitt um 3,6 Prozent.«

(Quelle: tagesschau.de vom 29.08.2008)

Im Kontext dazu untenstehend die Textbotschaften des brandneuen Bahn-Werbespots für das »Dauer-Spezial«-Angebot (mit Zugbindung und offenbar ohnehin kaum zu bekommen). Zwei Botschaften, perfektes Timing, perfekte Glaubwürdigkeit.

Bahnpreise_Spot