
Jetzt, wo so viele von uns, ob Internetveteranen, Blogpioniere oder Twittermethusalems, gerade in so schöner nostalgischer Stimmung sind und wir entweder aus der fluffigen Mastodonloge oder vom schwankenden Twitterdeck mit einer Mischung aus Wehmut und Popcornverlangen die kostspielige Havarie unseres geliebten Zwitscherportals verfolgen, scheint mir ein Versuch naheliegend, die Wiederbelebung eines weiteren legendären Netzrituals anzuregen: es geht um den »Freitagstexter«.
Für diejenigen, die es nicht kennen: Um 2008/2009 herum gab es in der Blogosphäre jede Woche eine Art kreativen »Staffellauf« unter dem obigen Namen, der sich wie folgt abspielte:
- Den Staffelstab besaß der/die Gewinner*in des Freitagstexter-Wettbewerbes der vorangegangenen Woche. Er oder sie musste ein Blog besitzen, um daran teilnehmen zu können.
- Auf dem eigenen Blog veröffentlichte die Person am Freitag nach ihrem Pokalgewinn ein skurriles, rätselhaftes oder anderweitig inspirierendes Foto, für das sie freies Veröffentlichungsrecht oder eigenes Urheberrecht besaß.
- Die Netzgemeinde war damit aufgefordert, ab sofort möglichst originelle und kreative Bildunterschriften/Begleittexte in den Kommentaren des Blogartikels zu hinterlassen. Die Anzahl der Kommentare pro Person war nicht begrenzt.
- Am nachfolgenden Dienstag um Mitternacht wurden die Kommentare geschlossen und von dem/der Blog-Gastgeber*in gesichtet. Die drei besten Kommentare (subjektiv und nach eigenem Ermessen bewertet) wurden am Tag darauf in einem neuen Blogartikel bekanntgegeben und für Platz 1 der symbolische »Freitagstexter-Pokal« verliehen.
- Der/die Gewinner*in bekam damit den Staffelstab weitergereicht und war somit verbindlich aufgefordert, am nachfolgenden Freitag die nächste Bildbetextungsrunde im eigenen Blog zu starten.
- Repeat.
Inzwischen sind Blogs möglicherweise ein wenig aus der Mode gekommen und das Kommentieren und Posten im Netz spielt sich hauptsächlich auf Social-Media-Plattformen ab. Für den Freitagstexter ist es meiner Meinung nach aber durchaus hilfreich, die Wettbewerbsteilnahme auf ein Blog zu beschränken, denn dort versammeln sich die Kommentare übersichtlich und konzentriert an einem Ort. Ich denke, es wäre zeitaufwendiger, anstrengender und damit auch etwas motivationshemmender, müsste sich der/die Gastgeber*in nach Ende des Wettbewerbs alle Kommentare – sei es auch unter einem eindeutigen Hashtag – auf einer oder mehreren Social-Media-Portalen zusammensuchen. Das Risiko ist hoch, dass dabei etwas übersehen wird, die Top 3 müssen bei der Siegerehrung umständlich verlinkt werden, nicht alle Teilnehmer sind überall registriert oder aktiv – das birgt viel Potenzial für Missmut und Unstimmigkeiten. Deshalb starte ich den heutigen Versuch der Reanimation des Freitagstexters auch ganz altmodisch ausschließlich über mein Blog.
Man kann natürlich als künftiger Pokalgewinner auch ohne eigenes Blog Freitagstexter-Host sein und im Falle des Pokalgewinns den Wettbewerb auf einer (idealerweise einzelnen) Plattform eigener Wahl, wie z.B. Facebook, Twitter, Mastodon oder Instagram veranstalten. Dann muss man sich allerdings bewusst sein, dass man die Teilnahme am Wettbewerb auf Menschen beschränkt, die dort einen Account haben (wollen).
Hier ist jedenfalls erstmal Euer dieswöchiger Schnappschuss. Der Abgabeschluss für Eure Bildunterschriften und Textideen ist Dienstag, der 15.11.2022 um 24:00 Uhr. Ich freue mich auf eine rege Teilnahme!
Ein paar Freitagstexter-Beiträge von damals™ gibt’s bei Interesse zum Nachlesen auch hier im Blog.

Augenklappentext is the new Bildunterschrift.
Fotowettbewerb: Visualisiere die Redewendung „Ein Auge auf jemanden werfen“.
„Alter, ist die blau!“
Die Braut haut ins Auge