Kategorie: Ins Netz gegangen

Linktipps und Seltsamkeiten aus dem Internet

RGB

Schon als die ersten Bilder dieses Werbespots auf meinem Fernsehbildschirm erschienen, musste ich hinschauen. Der grüne Himmel, die leuchtenden Komplementärkontraste, die spannende Bildkomposition und die wie ein Turbinenchor summende Tonspur saugen Auge und Ohr förmlich ins Geschehen. Doch wofür wird hier geworben? Ein Kinofilm? Eine Videokamera? Ein Parfum?

In einem Stil zwischen »Matrix« und Wackelkamera rauschen surreal anmutende Bilder einer eigentümlich menschenleeren Stadt in den drei Farben Rot, Grün und Blau, mit einem an chromatische Aberration erinnernden Spektraleffekt verfremdet, am Betrachter vorbei. Es gibt keinen gesprochenen Text, keine wohlformulierten Werbesprüche, nur die Worte SPORT, NORMAL und ECON werden eingeblendet. Nun wird klar: es geht um ein Auto – um den neuen Honda CR-Z Sport Hybrid, dessen drei Fahrmodi mit den verschiedenfarbigen Szenen vorgestellt werden. Zum Schluss folgen noch Logo, Claim und URL. Das war’s. Für mich der innovativste und eigenständigste Autowerbespot seit langem, reduziert auf das absolut Wesentliche, super gefilmt und exzellent vertont.

Verantwortlich für die Kreation des Spots ist die Londoner Agentur Wieden+Kennedy (W+K), die vor kurzem anlässlich der Fußball-WM bereits mit dem Nike-Spot »Write Future« kreative Maßstäbe setzte. Und nun erneut, wie ich finde.

Seenswürdig

Ich klicke ja wirklich nicht oft auf Werbebanner. Aber heute gab es mal eine Ausnahme. Schuld war ein auffälliges Logobanner, das mich nach dem Klick auf die offizielle Website zur Tourismusförderung des Gardasees führte. Denn abgesehen davon, dass ich der Kultur und Küche Italiens auch als Hobbykoch und Urlauber zugeneigt bin, gefiel mir spontan die bunte prominente Wortmarke und ich hoffte, auf der verlinkten Website etwas mehr über ihren Ursprung in Erfahrung bringen zu können.

Doch leider – Fehlanzeige. Zwar gibt es eine PDF-Broschüre, in deren Impressum spartanisch eine Agentur namens Plus+ genannt wird, aber allein, um deren Internetauftritt ausfindig zu machen, musste ich noch einige Googlerunden drehen. Vergebens – auch im dortigen Portfolio wird das Logo als Refenz nicht erwähnt. Schade.

Mich erinnert das grafische Konzept ein bisschen an das kürzlich vorgestellte Rebranding des Vogelparks Walsrode zum Weltvogelpark, aber ich würde nicht so weit gehen, zwischen den beiden Logos ein Plagiat zu konstatieren. Eine schöne Kreation, die Lust auf Urlaub und neugierig auf die darin abstrakt dargestellten Kulturschätze macht. Und das ist ja der Sinn der Sache.

Visitgarda Logo

Pöm*

Gestern abend hat mich ein Aufruf der famosen @uteweber, Sommergedichte zu twittern, zu einem Beitrag inspiriert, den ich – zunächst in drei einzelnen Strophen – in meine Timeline eingespeist habe. Mir gefiel die Idee dahinter so gut, dass ich meine kleine Ode noch einmal etwas überarbeitet und um eine weitere Strophe ergänzt habe. Hier nun die »reloaded«-Fassung:

Komm, es ist Sommer!
Lass uns Luft matratzen,
Sonnen brillen, Bade latschen.
Will mit Dir Hänge matten.
Denn es ist Sommer.

Spürst Du den Sommer?
Mir ist nach Bagger seen,
Korn blumen, Eis dielen.
Jetzt muss man Sand burgen.
Ich mag den Sommer.

Das ist der Sommer:
Alle woll’n Grill kohlen,
Schwimm reifen, Liege wiesen.
Könnt‘ ich nicht Bier garten,
dann wär’s kein Sommer.

Was für ein Sommer!
Wir konnten Arsch bomben,
Freund schaften, Wellen rauschen,
tagelang Strand laken.
Das war der Sommer.

* #pöm (»poem«) – der Hashtag für die getwitterten Beiträge.
Dank an @Klabauterzwerg für die Inspiration zur »Arschbombe«!

Sommer
Foto: Sonnenuntergang auf Bornholm | © formschub

Fete mit Käthe

Vielleicht sind die anhaltenden Minustemperaturen schuld, vielleicht ist es einfach das schiere Überangebot an Veranstaltungen in einer so großen Stadt – anlässlich des gestrigen Comedy-Programms »Fete mit Käthe« fanden gerade mal etwa 60 Zuschauer ihren Weg ins Hamburger Kabaretttheater Polittbüro. Was zwar einerseits sehr schade war, da das kurzweilige Programm, moderiert von der wunderbaren Käthe Lachmann, auf jeden Fall ein größeres Publikum verdient hätte, andererseits keinen Einfluss auf die Stimmung im Saal und auf der Bühne hatte, da sich Künstler und Gäste bestens amüsierten.

Wer Käthe Lachmann nicht kennt, sollte diese Wissenslücke schnellstens füllen, ihr skurril-putziger Sinn für Humor traf bei mir von Anfang an ins Schwarze. Allein der Auftritt ihrer überdrehten Kunstfigur Elke Schmidt, die gestern inbrünstig die Funktionen eines Taschenrechners erklärte (»Eintausendzweihundertfünfundzwanzig! Was für eine wundervolle Zahl – ich möchte sie berühren!«), war das Eintrittsgeld wert.

Als Gastkünstler begrüßte Käthe bei ihrer Fete den Cartoonisten Ralph Ruthe (»Shit happens!«), der mit einem bunten Mix aus auf die Leinwand projizierten Cartoons (darunter köstliche Kalauer) und Animationen, teils moderiert, teils vertont, sowie Liedern und Anekdoten aufwartete. Die Songs trafen zwar nicht unbedingt meinen persönlichen Geschmack, aber mit seinem in aberwitzigem Tempo vorgetragenen Erlebnisbericht aus einem Hotelzimmer, das er in einem nächtlichen Rausch in seine Einzelteile zerlegte, hatte er mich wieder voll auf seiner Seite.

Die andere Hälfte des Gastprogramms bestritt das Hannoversch-Hamburgische Duo »Heino und Mäuse«, alias Heinrich von Gyldenfeldt und Jürgen Krejci. Die beiden reiferen Herren mit ihrem staubtrockenen, sehr norddeutsch anmutenden Witz und ihren zwei Gitarren waren mir bis dato komplett unbekannt, seit gestern haben sie auf jeden Fall einen Fan mehr. Mit an Helge Schneider erinnernden, improvisiert wirkenden Zwischenmoderationen verbanden sie grandiose Vertonungen von Texten Loriots (»Advent« im Mariachi-Sound) und Robert Gernhardts (»Samstagabendfieber«), wortwitzige Eigenkompositionen und gnadenlose Kalauer (»Verse von der Brechstange«) zu einem hinreißenden Bühnenauftritt. Im März gastiert das Duo mit einem abendfüllenden Programm auf der Bühne des literarischen Kabaretts Wendeltreppe im Parlament im Hamburger Rathaus.

Alles in allem eine lustige Fete, vielen Dank, liebe Käthe. Ich hoffe, dass beim nächsten Mal im April ein paar Zuschauer mehr den Saal füllen werden.

Pressefoto Käthe Lachmann
Pressefoto Käthe Lachmann: © Köln Pool

Enter the Light

So lautet die Aufforderung zum Betreten der Website des amerikanischen Malers, Illustrators und Bildhauers Marshall Arisman. Tatsächlich wirken viele seiner Werke eher düster als licht und erinnern in Komposition und Stil bisweilen an die Gemälde Francis Bacons. Ich wurde zum ersten Mal durch eine Cover-Illustration des internationalen Grafik-Design-Magazins Graphis auf ihn aufmerksam.

Passt recht gut in die letzten dunklen Monate des Winters, finde ich. Aber jetzt kann es langsam wirklich mal wieder etwas heller werden.

Arisman Intro

… spring!

Wieder so ein Hype auf twitter. Nennt sich formspring und ist quasi so etwas wie Zuschauertelefon im Internet. Scharenweise eröffnen twitter-User derzeit Frageseiten und stellen sich willig der Neugier ihrer Follower und Fans. Die Idee: User stellen anonym oder namentlich den dort präsenten Nutzern beliebige Fragen. Antworten ist freiwillig und ohne Zeichenbegrenzung möglich. Und obwohl ich zunächst den Vorsatz habe, mich dem nicht anzuschließen* (brechen kann man ihn immer noch später), stockt mir der Atem, wenn ich dort so wunderbare Sätze wie diese hier lese, verfasst von @silenttiffy:

(…) Überall trifft man Menschen, mit denen man keine (zurückliegenden) gemeinsamen Erlebnisse hat. Es gibt keine gemeinsame Vergangenheit, keine gemeinsamen Gespräche, keine gemeinsam geheilten Wunden, nichts, keinen Boden, auf dem Freundschaft oder Liebe wachsen könnte, nichts was man miteinander teilen könnte außer dem Augenblick, in dieser nackten Situation der Unvertrautheit, in den Momenten des Argwohns, der blinde Zuneigung spielt, wo überhaupt keine sein kann. (…)

Das zeigt, was formspring sein kann – wenn die Antwort mehr ist als bloße Information, wenn die Frage nicht beantwortet, sondern entgegnet wird, wenn es jemand tut, der sich der Entgegnung widmet, schreiben kann und sich Zeit dafür gönnt. Solche Antworten machen die Frage fast irrelevant – weshalb ich sie dem Zitat auch nicht vorangestellt habe.
Kurz und lustig geht auch auf twitter.

Springform
* Genährt wird dieser Vorsatz – ich gebe es zu – auch ein wenig von der Tatsache, dass die ersten fünf Buchstaben von formspring auch die meinigen sind. Ich weiß jetzt, wie Frauen sich fühlen, wenn auf einer Party eine Andere mit demselben Kleid auftaucht.

Original Photo: © robbplusjessie on flickr | Licensed under CC BY-NC-SA 2.0

Kresse im Haar

ankegroener Kresse

Hätte Anke Gröner diesen Tweet 24 Stunden früher vom Stapel gelassen, wäre sie auf jeden Fall schon gestern abend bei meinen 10 illustrierten Empfehlungen zum selbstgewählten Motto »Followfriday Absurd« dabei gewesen. Bleibt mir also nichts anderes übrig als eine Fortsetzung. Aber jetzt gehe ich erstmal meinen Quark bügeln.

Illustration: © formschub

Update: Leider sind viele der oben im Bild illustrierten damaligen User und Tweets bei Twitter nicht mehr zu finden (von wegen »Das Internet vergisst nichts«!). Ich konnte jedoch bis auf einen alle aus meinen archivierten Twitterdaten rekonstruieren:

»huch, kurz wurde mir schwindelig. stünde ich nun irgendwo, fielen womöglich dreizehn orangen dramatisch auf den asphalt.«

(@HerrTwiggs)

»Ah, lecker Taubensaft zum Morgen. Tauben – das Obst der City.«

(@MarkKnochen)

»Hätte ich einen Balkon, saugte ich ihn.«

(@brainqueen)

»Die Zahnpasta ist alle.“ „Nimm doch Schinkenbutter.«

(@JoSilberstein)

»Mir folgt ein Schatten aus Plüsch.«

(@Fledermaus)

»Mein Gemüt wurde vom Grinsen eines Erpels zertrümmert.«

(@Epitymbidia)

»die gesichter, die die raufasertapete bildet, flüstern mir stets, dass ich keine drogen brauche. eines schielt.«

(@augenblicklicht)

»Gestern beim Italiener: Oh Gott – MEIN WEIN ATMET NICHT MEHR!! Dramatische Szene, Stühle fallen um. Man hört aufgeregte Stimmen.«

(@UhrwerkOrange)

»Liebes Tagebuch. Heute ist ein guter Tag. Die Blätter sind gelb und die Luft riecht nach Enzymen.«

(@wiekeine)

Suchwortlyrik

Zum skurrilsten Strandgut, das kontinuierlich am kleinen Strand der eigenen Bloginsel angespült wird, gehören die Suchwortkombinationen der googelnden Zufallsbesucher. »Damen fetish mitsegeln«, »soylent green ist menschenfleisch shirt«, »flusen im blickfeld« – die Kombinationsfreude und Bizarrerie ist erheblich. Doch die Idee, aus eingehenden Suchbegriffen einen Gedichtwettbewerb in den Blogkommentaren auszutragen, war mir neu. Angeregt wurde sie durch einen Be-Sucher des immer wieder lesenswerten Blogs Herzdamengeschichten, der mit dem Request »Suche Gedicht gegen Kaffeemaschine« dort eintraf. Und binnen weniger Tage hatte sich eine zweistellige Anzahl Blogbesucher mit hervorragenden Anti-Kaffeemaschinen-Gedichten in den Kommentaren versammelt.

Auch ich konnte mir nicht verkneifen, dort zwei Verse zu hinterlassen. Leider sind die Kommentare nicht editierbar, denn mit der letzten Strophe war ich nach mehrmaligem Lesen nicht mehr vollauf zufrieden (typisch). Es musste nachgebessert werden, hier nun der Director’s Cut:

Dein Kaffee

Lange hab ich es ertragen,
mich nicht getraut, es Dir zu sagen –
nun ist Schluss.

Egal, was ich für Pulver wählte,
stets mich das Ergebnis quälte:
null Genuss.

Ja, ich weiß, Du gibst Dir Mühe.
Doch es tropft nur braune Brühe
unten raus.

Kein Geschmack und kein Aroma,
unsre Liebe liegt im Koma.
Es ist aus.

No Coffee Machine