Kategorie: Von der Tageskarte

Kaum passiert, schon gebloggt

Bäckerlatein

Mittagspause im Büro. Jetzt ein kleiner Snack! Schön, wenn das lokale Umfeld der Arbeitsstätte geschmackliche Abwechslung auf dem Speiseplan zulässt. Aus Praxen, Kanzleien und Agenturen strömt das Officevolk, um sich mit Salaten, Süppchen, Wraps, Burgern und ähnlichen Imbissen für das weitere Tagewerk zu stärken. So auch ich. In der Auslage einer Bäckerkettenfiliale lockt appetitlich belegtes Backwerk. Warum nicht? denke ich und reihe mich ein in die vor dem Tresen wartenden Kunden. Als ich auf den Vitrinenschildern die Namen der angebotenen Snacks lese, bekomme ich Hitzewallungen.

Ich erinnere mich an auffällige kleine Schwarzweißanzeigen, die mir früher in preiswerteren Fernsehzeitungen wie z.B. Funk Uhr oder TV Hören und Sehen aufgefallen waren. Sie bewarben Mittel gegen Potenzprobleme, Durchfall, Inkontinenz und andere heikle Indispositionen. Mit einem besonderen Service für den bedürftigen Leser: einem kleinen Couponabschnitt, auf dem der Name des Therapeutikums stand. Das erspart in der Apotheke peinliche Wortwechsel und ermöglicht einen diskreten und zügigen Kauf. Ich bin dankbar, dass ich solcher Coupons niemals bedurfte, doch jetzt wäre mir eine ähnliche Einkaufshilfe willkommen. Scharfer Segler. Bäckwich Hawaii. Wikinger Pute. Die Schlange wird kürzer. Gleich bin ich an der Reihe. Gibt es denn nichts ohne albernen Namen? Auch unbelegtes Gebäck und Kuchen bieten keinen Ausweg: Zimt-Wuppi. Goldkrüstchen. Rübli. Röggli. Kornbatzen. »Ich hätte gern einen Apfeltraum?« Niemals. Bestimmt sind an den Regalen versteckte Mikrofone und Kameras. Die lachen sich tot da hinten. Jetzt bin ich dran. Ich deute mit dem Finger in die Vitrine. Ich will das nicht sagen – dann lieber als Analphabet oder Brillenvergesser dastehen: »So eins, bitte.« Klappt. Einpacken, zahlen und raus. Bäck to reality.

Ich glaube, ich geh jetzt zur Entspannung noch was Ehrliches kaufen. Irgendwas, was einfach nach sich selbst benannt ist. Holzschrauben oder Briefumschläge oder so.

Widerstand ist zwecklos

Hachschön. Die dunkle Jahreszeit ist da. Beim Aufwachen leckt dir feuchtgedimmtes Grau wie eine klamme Zunge durchs Gesicht, der Wind presst kalten Niesel in den Mantelkragen und wenn der Feierabend dräut, hat das Dämmerdunkel schon wieder ein paar Stunden Vorsprung. Erst hat’s mich in den letzten Wochen ziemlich genervt. Aber ab heute werden Trotzhormone ausgeschüttet. Und Weihnachts(vor)botenstoffe. Erste Auswirkung: Der kleine Ertrag aus der Auflösung eines uralten Postsparbuches wurde posthum (haha) in eine DVD-Box investiert :»Star Trek – The Borg Fan Collective«. Nicht besonders weihnachtlich, aber gemütlich. Sofa. Glas Rotwein. Film. Resistance is futile. Auch die Option eines heißen Wannenbades rückt wieder häufiger ins Blickfeld abendlicher Entspannungsrituale. Je nach Lebens-, Stimmungs- und Wohnsituation können bei beiden Anlässen weitere Beteiligte durchaus die Gemütlichkeit steigern.

Bestimmt sind es dieselben biochemische Prozesse, die Nagetiere ihre Nester vor dem Frost kuschlig auspolstern lassen, welche mich in einschlägige Läden und Kaufhausetagen pushen, um vor den Regalen plüschig-glitzernde Dekoideen für ein saisongemäßes heimisches Ambiente durchzuspielen – mit Filzsternen, Trockenduftpotpourris, Bienenwachskerzen oder Lichterketten. Die Nase wird wieder empfänglicher für Gewürz-, Mandarinen- und Schmalzkuchenduft. Öde Zartbitterschokolade wird verächtlich verschmäht, erst ein Stäubchen Kardamom, ein Hauch Zimt, ein Quentchen Marzipan rechtfertigt den Kauf. Bereitwillig lasse ich mir an Prä-Adventsbuden ein Tütchen gebrannte Mandeln andealen und schwelge zunehmend in Geschenkideen für den Kreis meiner Lieblingsmenschen. Kritisch beäuge ich Muster und Farben der aktuellen Geschenkpapierkollektionen und stimme sie mit farblich harmonierenden Satin- und Organzabändern aus dem Begleitsortiment ab.

Konsequent umgeschichtet wird auch der Wandschrank kulinarischer Gewohnheiten. Ab nach hinten mit dem Sommerzeug! Wer braucht Hüttenkäse, Friséesalat und Putenbrust? Grünkohl, Rotkohl, Sauerkraut, Bratwurst, Schmalz und Gänsekeule rücken wieder in den verdienten Fokus. Winter ist, wenn das Bratenfett in den Mundwinkeln glänzt. Möge das gemütliche Flackern brennender Kalorientabellen die Fenster erleuchten!

Rasierte Kiwis

Abgesehen davon, dass zum Thema »Ganzkörperrasur bei Männern« vermutlich jeder für sich bzw. sein libidinöses Gegenüber eine eigene Meinung hat, zeigt diese Website immerhin einen originellen Weg auf, sich mit einem geeigneten Enthaarungsprodukt (»Philips Bodygroom Man«) dem geneigten Teil der Zielgruppe zu nähern. Der Humor der deutschen Umsetzung wirkt dagegen merklich verkrampfter. Schade.

Mattar Paneer

(Indischer Rahmkäse mit Erbsen und Tomaten)

Zutaten
für 2–4 Personen, je nachdem ob mit oder ohne Beilage

2 kleinere Zwiebeln
2 Zehen Knoblauch
1 daumendickes Stück frischer Ingwer
Butter oder geschmacksneutrales Öl
1 Dose (375 ml) Tomatenpüree oder stückige Tomaten
1 gehäufter TL Curcuma
1 gehäufter TL Koriander
1 gehäufter TL Garam Masala
100 ml Sahne oder Crème Double
1 Paket (300 g) TK-Erbsen
200 g frische Champignons
250 g Paneer oder ungewürzter Grill-/Pfannenkäse (z.B. Grünland)
Salz und Pfeffer

Zwiebeln, Knoblauch und Ingwer schälen und im Mixer zu einer stückigen Paste zerkleinern. Das Fett in einer Pfanne erhitzen, die Paste darin unter Rühren goldbraun anbraten. Mit den Dosentomaten aufgießen und ungefähr 4–5 Minuten köcheln lassen. Mit Curcuma, Koriander und Garam Masala würzen, gut durchrühren und mit Salz und Pfeffer pikant abschmecken. Dann Sahne/Crème Double hinzugeben und weiter für 4–5 Min. köcheln lassen.

Champignons und Käse in grobe Würfel schneiden und – nacheinander oder gemeinsam – bei nicht zu starker Hitze in einer zweiten Pfanne anbraten, herausnehmen und etwas abkühlen lassen. In der Zwischenzeit die TK-Erbsen in die Tomatensoße geben und während des Bratens weiterköcheln lassen. Zum Schluss den gebratenen Käse mit den Pilzen zugeben, unterrühren und nochmals kurz erhitzen.

Dazu passen Naan-Brot, Chapati oder Basmatireis.

© formschub

Verschleppte Prostituierte verdienen Vertrauen

Normalerweise bin ich ja skeptisch, wenn ich an Volkstreffpunkten wie z.B. U-Bahnhöfen von mir unbekannten Personen mit leicht flehendem Blick angesprochen werde. Selbst Mitmenschen mit reinem Teint und gepflegter Garderobe entpuppten sich schon als Bittsteller, die von mir mit sorgsam zusammengeklöppelter, dramatischer Erlebnisprosa Münzgeld oder ähnliche Solidaritätsgaben aus dem Handgepäck zu erhalten hofften.

Dann: gestern am Berliner U-Bahnhof Alex. Eine junge Frau nähert sich mir, als ich gerade dabei bin, am Bahnsteig wartend, eine SMS ins Handy zu tippen. Ich erahne Übliches.

»Entschuldigung, aber Sie haben doch ein Handy. Meins ist kaputt und ich muss dringend meine Freundinnen anrufen. Ich hab mich verspätet und bin auf dem Weg zu GZSZ und will nur bescheid sagen, dass die da an der Bahn auf mich warten.«

Ich entspanne mich etwas. Portemonnaie kann also zu bleiben. Da die Bahn gerade einfährt, zerstreuen sich nach dem Zusteigen auch meine Bedenken, mein Gegenüber hätte es evtl. auf ein neues Handy ohne Vertrag und SIMlock gegen Zahlung von 0,– Euro zzgl. Fersengeld abgesehen.

Nach dem Telefonat entspannt sich die Lage. Die Freundinnen werden warten, und ich erfahre auch, was es mit dem Zielort »GZSZ« auf sich hat: Es ist der Drehort der Daily Soap, wo die Truppe als Komparsinnen zu den nächtlichen Dreharbeiten erwartet wird und die Rollen verschleppter Prostituierter spielen soll. Es gäbe »echt gutes Geld« und zudem einen Nachtzuschlag.

Nein, ich werde deshalb jetzt NICHT anfangen, das zu gucken.
Höchstens mal reinzappen.