Kategorie: Schnittchenplatte

Kurioses Treibholz von den Ufern des Alltags

Marketingquark meets Budenzauber

Allüberall in der Stadt wird aufgestellt, gebaut und gehämmert. Denn pünktlich zum ersten Advent wollen unzählige Weihnachtsmärkte errichtet, beleuchtet und betannengrünt sein. Auffällig: der Trend weg von rustikalen, erzgebirgigen Fachwerkbutzen hin zu mondänen Tütengiebelpavillons aus dezent-elfenbeinfarbener Plane. So auch an der alsterseitigen Chichimeile des Hamburger Jungfernstiegs. Die Schilder an den Ständen verheißen packende Offerten: »Jägerzimmer«, »Olivenholz« und »Headwear« etwa – Knecht Ruprecht birgt manche Überraschung im Sack.

Ein so exclusives Event schlicht mit »Weihnachtsmarkt« zu betiteln, wäre da ein grober Fauxpas. Nein, ein zeitgemäßes Eventkonzept muss her, das die adventliche Budenphalanx mit einem adäquaten Motto parfümiert. Und hier ist es: »Weltstadtweihnachten meets Winterzauber«. Internationalität, Metropolenambiente, Festlichkeit, Niveau und Emotionalität, vereint in einer uniquen Tagline, die den Benefit impactstark penetriert. Da wird mir gleich ganz weihnachtlich.

Weihnachtsmarkt

Little Genius II

Der kleine Künstler war wieder am Werk. Irgendjemand hatte in der Zwischenzeit den Sockel des Hauseingangs und damit die makabre untere Hälfte des Œuvres überstrichen und der Vogel schwebte einige Monate allein am Putzfirmament. Doch die Kreide ist mächtiger als der Pinsel. Ein Einhorn. Symbol für Unschuld und Güte. Der Sieg der Poesie über das Profane. Ich sag’ ja: aus dem Kind wird mal was.

Little Genius II

Wieder Edinburgh (IV)

Heute ist wieder deutlich mehr Blau am Himmel zu sehen, der Sturm hat sich größtenteils verzogen und die gelegentlichen schüchternen Böen und vereinzelten Sprühregenschauer lassen einen deutlich frischluftlastigeren Stadtbummel zu. Weiterer Anreiz: in Edinburgh sind auch Sonntags die meisten Geschäfte geöffnet. Heute erliege ich beim alteingesessenen Kaufhaus Jenners gleich serienweise meinem Faible für schöne Design-Küchenutensilien (u.a. Pizzarad, Schneidebrett, Kartoffelstampfer).

Für die Konsumstrapazen entschädigen anschließend ein, zwei Guinness im gemütlichen Pub »Milnes of Rose Street« – die einzige gastronomische Neuentdeckung des Tages, denn zum Dinner zieht es uns, wie vorgestern, nochmals ins »A Room in the Town«, das neben hervorragendem Essen auch etliche exzellente Biere anbietet, z.B. das tiefdunkel-malzige »Dark Island« von der Orkney Brewery auf den gleichnamigen schottischen Inseln.

Und zum Abschluss des heutigen Eintrags hier noch ein paar fotografisch dokumentierte, erschütternde Schirmschicksale vom Wegesrand – Opfer des gestrigen Sturms – auf besonderen Wunsch des Users »salamikakao« (Klick aufs Bild für vergrößerte Ansicht).

Schirmleichen

»Die Quintessenz des Staubes«

Was für ein schöner Titel für eine Ausstellung! Man könnte meinen, Max Goldt ersänne nun im Auftrag von Museen auch Namen für Expositionen. Beim Klang dieser Worte sehe ich eine ernst dreinblickende, grazile Kuratorin mit elfenbeinfarbenem Teint, die einen schlammfarbenen Hosenanzug und eine teure eckige Hornbrille trägt, sich beflissen Haarsträhnen hinters Ohr streichend durch gedimmte Hallen eilen und ehrenamtlichen Helfern Anweisungen zuwispern, wie gläserne Schaukästen mit sorgsam präparierten Wollmäusen auszuleuchten seien.

Tatsächlich jedoch handelt es sich um eine dokumentierende Retrospektive der 75jährigen Tätigkeit des Stadtarchivs Halle (Saale).

Etwas Interesse mag bleiben, doch der anfängliche Zauber verfliegt.

Staub
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