Kategorie: Abgeschmeckt

Restaurants, Kneipen und Lebensmittel im Test

Minst 10 skäl att resa till Sverige (9)

#09 Lokale Mikrobrauereien und die »Systembolaget«-Geschäfte

Wer mir bei Facebook, Swarm oder Untappd folgt, wird bemerken, dass ich seit rund 10 Jahren an nahezu jedem Aufenthaltsort oft und gern die Gelegenheit nutze, lokale Craft-Beer-Pubs aufzusuchen und die dort gezapften Biere zu verkosten. Ebenso gerne suche ich in örtlichen Supermärkten oder Spirituosengeschäften nach interessanten Biersorten, die ich zu Hause erst dem Kühlschrank und anschließend mir selbst einverleiben kann. So auch dieses Jahr in Schweden.

Es ist übrigens ein sich hartnäckig haltender, aber inzwischen überholter Mythos, dass Alkohol in Schweden unfassbar teuer, ja sogar unerschwinglich sein soll. Korrekt ist, dass man alkoholhaltige Getränke mit mehr als 3,5% Vol. innerhalb Schwedens ausschließlich in den staatlich lizenzierten Geschäften namens Systembolaget erwerben kann. Alternativ ist es Schweden inzwischen auch gestattet, Alkoholika in anderen EU-Staaten per Mailorder zu bestellen, allerdings fällt für den Käufer darauf die (höhere) schwedische Alkoholsteuer an.

Durch inzwischen geänderte EU- und Zollbestimmungen sowie die teilweise Liberalisierung des Marktes haben sich jedoch die Preise für Bier, Wein, Sekt und Schnaps (öl, vin, bubbel och snaps) in den letzten zwei Jahrzehnten recht weit dem Niveau in Deutschland angenähert. Eine gute Flasche Rotwein ist im Systembolaget für umgerechnet etwa 8 EUR erhältlich, einen feinen Whisky bekommt man für 40–60 EUR und eine Flasche Craft Beer liegt um die 3 EUR – alles Preise, die auch in deutschen Läden fällig werden.

Hochwertige Produkte unterscheiden sich (…) nicht besonders vom deutschen Preisniveau. Champagner kostet in Schweden ungefähr so viel wie in Deutschland. Gute Weine und hochwertige Craftbiere sind sogar günstiger als in Deutschland. Das liegt an der Marktmacht und an den Mengen, die der schwedische Monopolhandel Systembolaget erzielt.

Quelle: www.schweden-tipp.de

Mein Eindruck ist sogar, dass der exklusive Verkauf der meisten alkoholhaltigen Getränke in den staatlichen Geschäften einen Vorteil hat: die Betreiber stellen ihr Sortiment offensichtlich auch nach Qualität zusammen, sie »kuratieren« sozusagen die Auswahl der Produkte, die sie in ihren Filialen anbieten. Das führt dazu, dass man in den Systembolaget-Läden überdurchschnittlich viele gute Weine, Biere und andere hochwertige oder besondere Alkoholika vorfindet. Es gibt zwar auch »gewöhnlichere« Marken, aber übergreifend scheint dort der Gedanke, Alkohol im wahrsten Sinne des Wortes als »Genussmittel« statt zum »Komasaufen« zu verkaufen, zu dominieren. Ich habe schon manchmal in den schwedischen Geschäften internationale Weine oder Spirituosen entdeckt, die ich später in Deutschland nach der Rückkehr aus dem Urlaub online »nachgekauft« habe, weil sie mir so gut geschmeckt haben.

Ein anderes »Highlight« der Systembolaget-Filialen ist, dass sie auch oft die Produkte von Produzenten aus ihrer Region in das Sortiment aufnehmen, die man schon einige Kilometer weiter nicht mehr in den Regalen vorfindet. So wird man z.B. auf Biere oder Brände aufmerksam, die man ohne intensive Netzrecherche nach lokalen Anbietern von Bier oder anderen Spirituosen gar nicht entdeckt hätte.

Nur eine kleine Auswahl der Biere aus Emmaboda.

So geschehen z.B. im Systembolaget des südschwedischen Städtchens Emmaboda mit gerade mal 4.800 Einwohnern: im Bierregal des Ladens fand sich ein gutes Dutzend Craft-Bier-Sorten der örtlichen »Emmaboda Bryggeri«, die sofort zur Verkostung im Warenkorb landeten – und uns nicht enttäuschten. Vom Vor-Ort-Besuch bei der Karlskrona Mikrobryggeri hatte ich ja bereits in Beitrag #07 dieser Serie berichtet. Wir hätten auf unserer Urlaubsroute vom Ankunfts-Fährhafen zur Unterkunft (Göteborg – Karlskrona) noch etliche Brauhäuser und Biere, z.B. von Bryggeri Skeppsgossen, Sad Robot, Spike, Vega, Naked Rabbit oder Nättraby Kvartersbryggeri testen können. Aber so ein Urlaub ist ja leider erfahrungsgemäß immer zu kurz.

Foto: © T. Bregenzer

Minst 10 skäl att resa till Sverige (8)

#08 Die lokalen Lebensmittel und Spezialitäten

Was wäre ein Urlaub ohne den Genuss der Leckereien, die typisch für das Reiseziel sind? – Ich würde sagen: trist und freudlos. Beim Essen bin ich seit jeher ein neugieriger Mensch. Im Restaurant bestelle ich gerne das Gericht, das ich als einziges von der Karte noch nicht kenne, so geschehen zum Beispiel mit Bries (ganz okay) oder Nattō (muss ich nicht nochmal essen). Ich freue mich immer, wenn ich neue ess- oder trinkbare Schätze aus der Natur zum Selberernten entdecke, wie den Fichtenreizker (letztes Jahr massenhaft in Dänemark gefunden, ganz famoser Pilz!) oder Giersch (dieses Jahr zum ersten Mal gepflückt, genialer Petersilienersatz!). Und die Supermärkte in Urlaubsländern sind mein Eldorado. Ich stromere grundsätzlich erstmal durch alle Gänge, schaue mir die Aromen der Zahncremes an, schnuppere an ungewöhnlichen Duschgels, erkunde die Gewürzregale, inspiziere die Obst- und Gemüseabteilung oder flaniere entlang der Kühltheken mit Käse, Wurst und Fischprodukten. Was unbekannt und interessant klingt, wird probiert. Und so habe ich im Laufe der Jahre auch in Schweden einige Spezereien entdeckt, die für mich seither obligatorisch zum Urlaubsspeiseplan gehören:

  • Dill: Wie in Finnland, Norwegen oder Russland verwenden auch die Schweden in ihren Rezepten oft und reichlich Dill. Das ist jetzt zwar kein besonders exotisches Kraut, aber wenn man in einem schwedischen Supermarkt im Sommer den Dill entdeckt, merkt man schon den Unterschied zu den robust bepreisten, eingeschweißten 25-g-Miniportionen zarter Blättchen, die in deutschen Gemüseabteilungen feilgeboten werden – hier steht er in kräftigen Sträußen mit gelbgrünen Blütenständen parat und wird gerne zum Einlegen von Fisch, für die Zubereitung von Flusskrebsen, Salaten oder für die berühmte, süßliche Senf-Dill-Sauce (Hovmästarsås) zum gebeizten Gravad Lax serviert.
  • Streich- oder Frischkäse mit Pfifferlingen: Abgesehen davon, dass dieser köstliche Sommerpilz natürlich auch gerne frisch gesammelt von mir verarbeitet und zubereitet wird, gibt es auch im Supermarkt delikate Produkte, in denen er enthalten ist. Ein langjähriger Favorit ist der streichbare Schmelzkäse »Kantarellost«, den man in ungekühlten (!) Regalen der Geschäfte finden kann. Im Kühlregal – wenngleich als finnisches Importprodukt – gibt es alternativ noch eine schmackhafte Frischkäsezubereitung namens »Creme Bonjour Kantarelli«.
  • Västerbottensost: dieser pikante schwedische Käse aus der nordöstlich gelegenen gleichnamigen Region Västerbottens län ist mein schwedischer Lieblingskäse und in Deutschland nach meiner Erfahrung kaum zu bekommen. Er hat eine recht krümelige, spröde Konsistenz und einen angenehm würzigen Geschmack. Die Besonderheit bei seiner Herstellung ist, dass die Rohkäsemasse mehrmals hintereinander erwärmt und wieder abgekühlt wird, was auch für den besonderen Geschmack verantwortlich sein soll. Auf frisch getoastetem Roggenbrot mit etwas Butter – einfach mumsig!
  • Der Blauschimmelkäse Castello Black: Die Marke an sich mit ihrer azurblauen Verpackung ist vielen sicher aus deutschen Lebensmittelgeschäften bekannt. Eher seltener bis gar nicht findet man dort die schwarz verpackte Variante mit Schafsmilchanteil in der Zubereitung. Ich ziehe dessen noch etwas kräftigeren, runderen Geschmack der »normalen« Sorte vor, der Hersteller meint, das Aroma enthalte »… dezente Noten von frischem Apfelsaft, Roggen und Lakritz«. Vortrefflich!
  • Besondere Knäckebrotsorten: Ein Brot, das Vegetarier eher meiden sollten, ist das PALT Tunnbröd der Firma Mjälloms. Seine dunkle, rotbraune Farbe verdankt es nicht etwa einer besonders langen Backzeit, hohen Temperaturen oder einer speziellen dunklen Mehlsorte, sondern dem Gehalt an getrocknetem Blutprotein, der das Brot auch besonders eisenreich macht. Muss man mögen, ich finde, man schmeckt es nur ganz dezent heraus, wenn man es nicht weiß, kommt man nicht drauf, aber ich esse es hin und wieder sehr gerne.
    »Harmloser« sind da die »Rosemary Knäckebröd Sticks« der schwedischen Firma Vilmas: schmale, knusprige Knusperbrotscheiben, mit einer ganz leichten Süße von Honig und Sirup im Teig, bestreut mit Salzkristallen und getrockneten Rosmarinnadeln. Gibt’s anscheinend nur in Schweden – leider!
  • Produkte aus skandinavischem Wild: Wer ab und zu gerne Wildfleisch genießt, wird in Schweden auch oft bei kleinen lokalen Anbietern fündig. In der Göteborger Markthalle Saluhallen bekommt man am Stand von Nobelius Vilt etliche Köstlichkeiten aus Rentier-, Elch- oder Wildschweinfleisch angeboten. Vieles ist zart geräuchert, besonders gewürzt und zumeist aus eigener Produktion. Auf Wunsch werden die abgewogenen Waren sogar vakuumiert eingeschweißt und dadurch besser transporttauglich.
    In der Nähe unseres Urlaubsortes in diesem Jahr entdeckten wir in dem Ort Vissefjärda die Målatorps Viltrökeri (Update: Februar 2022: inzwischen leider geschlossen), die in ihrem kleinen Hofladen ebenfalls Wildfleisch und -wurstwaren aus eigener Produktion verkauft. Auch dieser Einkauf wurde gut konserviert verpackt – das Probieren steht noch im Laufe dieser Woche aus …
  • Sürströmming: Das ist eine der wenigen schwedischen Spezialitäten, an die ich mich bislang noch nicht herangewagt habe. Die im Netz veröffentlichten, kontroversen Geschmacksprotokolle der zahlreichen nichtschwedischen Sürströmming-Tester – ob schriftlich oder als Videoclips – reichen von »brechreizerregend« bis »unvergleichlich köstlich«. Erhältlich ist diese besondere Konserve, u.a. vom Hersteller Oskars, mit milchsauer vergorenem, intensiv stinkendem Hering in fast jedem schwedischen Supermarkt, insbesondere nach Beginn der jährlichen neuen Saison Ende August (also jetzt). Was mich abhält, sind aber weniger Abscheu oder Skepsis vor dem zu erwartenden Aroma als vielmehr die gängigen Dosengrößen zwischen 300 und 500 Gramm. Ich möchte einfach kein Lebensmittel kaufen, von dem ich womöglich nach dem Kosten bei »Nichtgefallen« den Großteil wegwerfen müsste. Böte man mir hingegen auf einem Markt oder an einem Probierstand die Möglichkeit, ein einzelnes Filet zu kosten, würde wohl – wie so oft – meine Neugier siegen.

Foto: © formschub

Hummus »Kaizen«

Hummus (arabisch حمص hummus, DMG ḥummuṣ, hebräisch חומוס ‚xumus, deutsch ›Kichererbse‹) ist eine orientalische Spezialität, die aus pürierten Kichererbsen oder Ackerbohnen, Sesam-Mus (Tahina), Olivenöl, Zitronensaft, Salz und Gewürzen wie Knoblauch und gelegentlich Kreuzkümmel hergestellt wird.

Quelle: Wikipedia

Kaizen (改善, gesprochen mit stimmhaftem S; jap. kai »Veränderung, Wandel«, zen »zum Besseren«; »Veränderung zum Besseren« […]) bezeichnet sowohl eine japanische Lebens- und Arbeitsphilosophie als auch ein methodisches Konzept, in deren Zentrum das Streben nach kontinuierlicher und unendlicher Verbesserung steht. Die Verbesserung erfolgt in einer schrittweisen, punktuellen Perfektionierung oder Optimierung eines Produktes oder Prozesses.

Quelle: Wikipedia

Wann ich das erste Mal Hummus probiert habe, weiß ich noch ganz genau. Es war im Jahr 1996, mein Umzug nach Hamburg lag gut ein Jahr zurück und es hatte sich Verwandtschaft für einen mehrtägigen Besuch in meinem neuen Wohnort angekündigt: die Oma mit einer guten Freundin und dazu ein Onkel wollten die Sehenswürdigkeiten der Elbmetropole unter meiner Anleitung erleben.
Es galt also, für den Besuch ein ausreichendes Programm mit »Bespaßungen« auszuarbeiten und dazu gehörten natürlich auch diverse Restaurantbesuche. »Italiener« und »Griechen« gab es mittlerweile auch bei Oma und Onkel im Harz, es sollte also schon etwas Besonderes sein. Und außer in ein japanisches (Oma: »Was? Roher Fisch?«) und ein karibisches Restaurant führte uns meine kulinarische Neugier damals auch ins »Saliba«, ein hoch gelobtes syrisches Restaurant, das damals und noch bis 2010 in einer märchenhaft-orientalisch ausgestatteten Location in Hamburg-Bahrenfeld ansässig war.

Die spektakuläre syrische Vorspeisenplatte dort, »Mazza – die Karawane der Köstlichkeiten« genannt, schlug bei den Besuchern ein wie eine Bombe – und auch ich hatte so etwas zuvor noch nicht gesehen oder gegessen. Gut zwei Dutzend kleiner Porzellanschälchen platzierten die Kellner auf dem weißgedeckten Tisch, und dann konnte jeder von allem probieren. Es gab u.a. eingelegte Karotten mit Rosenwasser, Kichererbsenbällchen (Falafel), Petersiliensalat (Tabouleh), Auberginenpüree (Moutabal) – und Hummus, fein-cremig mit nussiger Sesamnote und feinem Kreuzkümmelaroma. Ich war frisch verliebt.

Ein historischer Moment, kurz vor dem ersten Hummusgenuss: mit Oma (v.l.) im Saliba.

Seither hatte ich immer mal wieder meiner Hummusleidenschaft gefrönt, nicht nur wiederholt bei Saliba, sondern auch in anderen orientalischen, syrischen oder libanesischen Lokalen: in Hamburg bislang bei Riads, Beiti, Mazza und Neni, in Berlin bei Qadmous, Kanaan, Mani und Casalot. Den Hummusvogel abgeschossen hat allerdings ein hervorragendes kleines palästinensisches Restaurant in Leipzig: das Shady. Der unglaublich sympathische gleichnamige Chefkoch und Inhaber bietet einfach das allerbeste Hummus an, das ich kenne. So fein und fast sahnig, sesamnussig-köstlich, ich könnte mir ganze Schüsseln davon einverleiben. Das ist seither für mich die Messlatte, auch bei meinen (weiter unten geschilderten) Versuchen, selbst welches zuzubereiten.

Inzwischen gibt es Hummus auch in vielen Supermärkten abgepackt im Kühlregal zu kaufen, es ist vom unbekannten exotischen Gericht zum gesunden Trendsnack geworden – es gibt sogar Listen mit Locationtipps speziell für Hummusliebhaber. Leider haben die meisten abgepackten Hummi (Hummusse? Hummen? Hummae?) mit der Qualität in Restaurants nicht viel gemein, das liegt oft schon an der (zu) langen Liste an Zutaten und Zusätzen, wie Verdickungsmittel, Stabilisatoren oder Konservierungsstoffen. Abgepackter, fertiger Hummus, allem voran der beige Mörtel, der in vielen arabischen Supermärkten unter diesem Etikett in Dosen verkauft wird, ist in der Mehrzahl der Fälle deutlich zu sauer. Klar, (Zitronen)säure ist ein Konservierungsmittel, aber wenn sie alles andere totschlägt, ist das zu konservierende Mus trotzdem bereits schlecht, schon bevor es verdirbt.

Fertighummus kann darüber hinaus viel bei der Konsistenz falsch machen, oft ist es zu fest, zu körnig, mehlig oder leicht schleimig. Es kann zu viel Knoblauch enthalten, oder zu viele Gewürze, es kann nach Sägemehl schmecken oder einfach nur muffig. Mein Fazit: je »haltbarer« verpackt Fertighummus (in Dosen oder Gläsern) angeboten wird, desto eher würde ich sagen: besser Finger weg!

Bessere bis gute Erfahrungen hatte ich mit Hummus aus dem Kühlregal, das frischer zubereitet und daher auch mit deutlich kürzerer Haltbarkeit angeboten wird. Geschmacklich positiv zu erwähnen sind u.a. das Fertighummus der Restaurantmarke NENI am Tisch und das Hummus der Marke Garden Gourmet (Update: dieses Produkt aus dem umstrittenen Hause Nestlé ist inzwischen nicht mehr auf dem Markt).

Will man wirklich alle Inhaltsstoffe und Zutaten, die Würzung und die Konsistenz selbst bestimmen und steuern, dann bleibt nur eins: selbermachen. Auch das habe ich inzwischen dutzendfach probiert.

Aber was braucht man zum Hummusmachen? Auf jeden Fall Kichererbsen, ohne sie geht es nicht. Bei meinen Selbstmachversuchen startete ich – der »Convenience« halber – zunächst mit Kichererbsen aus der Dose. Ich bilde mir aber im Vergleich ein, dass man das Metall der Dose bis ins fertige Hummus hinein schmecken kann, deshalb stieg ich ziemlich bald um auf Kichererbsen aus dem Glas, die es mittlerweile sogar in Bio-Qualität günstig im Supermarkt gibt.

Bei den weiteren Zutaten scheiden sich die Geister. Es gibt Rezepte noch und nöcher im Netz, manchmal verraten sogar für ihr Hummus gerühmte Restaurants wie das Berliner »Kanaan« ihr Rezept dafür, aber DAS Hummusrezept ist schwer zu finden. Olivenöl rein – yay or nay? Wieviel Knoblauch, wenn überhaupt? Wieviel Salz? Mehrere Gewürze oder nur Kreuzkümmel? Zitronensaft ja, aber in welcher Menge? Zum Verdünnen pures Wasser oder »Aquafaba« (das aufgefangene Kochwasser bzw. der Konservensud der Kichererbsen)? Viele Fragen, viele Meinungen. Ich selbst hatte bei meinen Versuchen immer wieder Fehler bei der Zubereitung gemacht oder war mit dem Ergebnis nicht zufrieden, mein Hummus war nicht cremig genug (zu kurz püriert oder die Kichererbsen nicht weich genug gekocht), es schmeckte ein Gewürz oder eine Zutat zu stark heraus (zu viel Knoblauch, zu viel Kreuzkümmel, zu viel Zitrone) oder der Tahin-Geschmack war nicht optimal (zu bitter, zu stumpf, zu ölig, falsches Fabrikat). Alleine kam ich nicht weiter.

Am 15. Juni 2020 fragte ich Twitter:

Der beste Tipp unter den vielen (sehr hilfreichen) Replys kam vom User @giardino in Form eines Links zu einem Hummus-Artikel im Blog »Ringelmiez«. Die drei dort notierten »drei Geheimtipps für perfekten Hummus« haben mich meinem Hummustraum deutlich näher gebracht.

Insbesondere der Ringelmiez-Tipp Nr. 2, »Kichererbsen schälen«, bringt qualitativ unglaublich viel, aber macht auch händisch unfassbar viel Arbeit. Für das Schälen von ursprünglich 250 g selbst gekochten Kichererbsen – jede Erbse einzeln zwischen Daumen und Zeigefinger aus dem glasigen Häutchen rausdrücken – brauchte ich etwa eine Dreiviertelstunde, im Volksmund eine »Arbeit für einen, der Vater und Mutter erschlagen hat«. Die Mühe lohnt sich zwar, aber es geht noch viel einfacher!

Unter dem Namen »Chana Dhal« gibt es in indischen Supermärkten, Asia-Supermärkten oder großen Reformhäusern/Biomärkten fertig geschälte, halbierte Kichererbsen zu kaufen. Das ist für mich, nach meinem jüngsten Versuch, der perfekte Rohstoff für das ultimative selbstgemachte Hummus!

Die beiden anderen Ringelmiez-Tipps (Kichererbsen selber einweichen und kochen sowie die Reihenfolge des Mischens der Zutaten) sind ebenso hilfreich, und ich habe dazu noch eine besondere Würzung ausprobiert, nämlich das »Hummus Gewürz« des deutschen Food-Start-ups »Just Spices«. Es bringt eine schöne, für mich perfekt ausbalancierte Gewürznote in das fertige Hummus. Und last not least habe ich inzwischen von der libanesischen Marke Al Yaman auch das beste Tahin-Sesammus für mich gefunden, es ist eine Empfehlung des Kochbuchautors und Kochs Yotam Ottolenghi und man kann es in vielen Online-Shops zu einem fairen Preis bestellen.

Fürs erste bin ich damit am Ziel des für mich derzeit besten Do-It-Yourself-Hummus-Rezepts angekommen. Was noch bleibt, ist, vor meiner nächsten Reise nach Leipzig zu Shady eine Portion zuzubereiten und sie heimlich im Restaurant mit dem dort bestellten Hummus zu vergleichen. Und danach finden sich bestimmt wieder einige Verbesserungsschritte, die ich nach der »Kaizen«-Philosophie auf dem Weg zu einem NOCH besseren Hummus-Ergebnis weitergehen könnte. Mal sehen.

Hummus

Zutaten
für eine große Portion (3–4 Personen)

250 g getrocknete, geschälte Kichererbsen (Chana Dal)
2 EL Backpulver
1 Knoblauchzehe, geschält und grob gehackt
3 Prisen Hummusgewürz (»Just Spices«)
7 EL gutes Tahin (Al Yaman)
2 Prisen Salz
14 EL (150–200 ml) des Kichererbsen-Kochwassers
Saft einer Zitrone

Zubereitung
Kichererbsen in einem Sieb abspülen und in einer Schüssel oder einem Topf mit 1 EL Backpulver und gut mit Wasser bedeckt, für mindestens 12 Stunden einweichen lassen. Anschließend das Einweichwasser weggießen, die Kichererbsen in einem Topf gut 3 cm mit Wasser bedecken, erneut 1 EL Backpulver hinzufügen und auf kleiner Flamme für 1½–2 Stunden sehr weich kochen (Achtung: das kann währenddessen stark schäumen!). Die Kichererbsen sind gut, wenn sie sich zwischen Daumen und Zeigefinger leicht zerdrücken lassen. In einem Sieb abgießen (1 große Tasse Kochwasser auffangen!) und nochmals evtl. anhaftenden Schaum abspülen.

In einem Mixer den Zitronensaft, Tahin und 5–6 EL des Kochwassers zu einer cremigen Masse mischen. Die gekochten Kichererbsen, Knoblauch, Salz und Hummus-Gewürz zugeben und ca. 2–4 Minuten auf höchster Stufe pürieren. Durch löffelweise Zugabe von weiterem Kochwasser die Konsistenz bis zur gewünschten Cremigkeit steuern. (Tipp: Hummus dickt beim »Durchziehen« noch etwas ein. Es ist also okay, wenn es direkt nach dem Pürieren eine Idee zu flüssig erscheint – das gibt sich während der Ziehzeit!)

Einige Stunden oder über Nacht im Kühlschrank durchziehen lassen. Mit gutem Olivenöl beträufeln und wahlweise mit Za’atar, Sesamkörnern, gerösteten Pinienkernen oder Sumach bestreut servieren.

Foto: © formschub

Sauerteig, mon amour

Die Finnen sind schuld. Schuld daran, dass ich zum Sauerteigbrotselbstbackfan wurde. Die Geschichte dazu ist etwas länger und ihr Beginn liegt schon eine Weile zurück. Aber sie ist ein schönes Beispiel dafür, was Konfuzius meinte, als er sagte »Der Weg ist das Ziel«.

Vor zweieinhalb Jahren besuchte ich, wie schon öfter zuvor, den sehens- und vor allem schmeckenswerten Weihnachtsmarkt der Skandinavischen Seemannskirchen in Hamburg. In allen vier Kirchen wird an zwei Wochenenden – meist im November – bei liebevoll vorbereiteten Kunsthandwerks- und Lebensmittelbasaren allerhand Schönes und Köstliches aus Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland angeboten. Bei den Schweden gibt es z.B. Kanelbullar (mit einer Prise Kardamom!) und herrliche Smörrebröd-Schnittchen mit Köttbullar und Rödbetssallad. Die Dänen bieten natürlich Hot Dogs mit Røde Pølser an, bei den Norwegern lohnen sich die köstliche Lachssuppe oder ein Rentier-Burger, und die Finnen erweitern zusätzlich zu den angebotenen Snack-Ständen – an denen man auf jeden Fall mindestens die Lachsrollen (Lohipiirakka) probieren sollte – ihren ganzjährig geöffneten kleinen Lebensmittel-»Finn-Shop« zu einem prallgefüllten Mini-Supermarkt, u.a. mit Salzlakritz, Vodka, Senf, Marmeladen, Konserven – und Brot. Zwar nicht frisch gebacken, sondern abgepackt, aber auf jeden Fall original aus Finnland importiert und hierzulande anderswo schwer zu bekommen.

Eine Sorte dieses Brotes hatte es mir besonders angetan: finnische Roggenringe (Ruisreikäleipä), eine ungewöhnliche Brotsorte in Form flacher Ringe mit einem Loch in der Mitte. Die Form hat einen ganz praktischen Ursprung: die Ringe wurden in der dunklen kühlen und trockenen Vorratskammer früher auf Holzstangen aufgefädelt und dort so bis zum Verzehr gelagert. Die auf dem Weihnachtsmarkt angebotene Brotmarke »Ruthin Revitty« weckte, pur oder leicht angetoastet und nur mit Salzbutter bestrichen, beim Gaumenkontakt sofort Kindheitserinnerungen – dunkel, getreidig, mit einer unterschwelligen Säure … ich wusste sofort: so ein Brot, das den ganzen Mund ausfüllt mit seinem wunderbaren Brotgeschmack, das möchte ich auch einmal backen.

Auf der Packung des Brotes stand eine Zutatenliste – natürlich auf Finnisch: »Ruisjauho ja -rouhe (41%), vesi, vehnäjauho, ruismallasjauho, vehnägluteeni, suola (1,2 %), hiiva. Leivän viljasta ruista 66 %«. Google übersetzt das nicht sonderlich präzise, aber inzwischen weiß ich dank finnischer Unterstützung aus einer Facebook-Rezeptgruppe, es bedeutet »Roggenmehl und Roggenschrot, Wasser, Weizenmehl, Roggenmalzmehl, Weizengluten, Salz, Hefe. Der Roggenanteil des Brotes beträgt 66%.«. Doch Zutaten allein sind noch kein Rezept. Ich googelte also weiter, zunehmend auf Finnisch, denn deutsche und englische Quellen brachten mich nicht weiter. Ich lernte, dass der dafür genutzte Brotteig beim »Homebaking« selten, wie beim industriell abgepackten Brot, mit Hefe, sondern vielmehr mit Sauerteig angesetzt wird.

Sauerteig. Hm. Hatte ich schon mal gehört, aber noch nie beim Backen benutzt. Aber ich erinnerte mich, dass ich in Supermärkten und Reformhäusern schon Folienbeutel mit der Aufschrift »Sauerteig« gesehen hatte, unterließ zunächst weiteres Googeln, besorgte mir die entsprechende Menge dieses Produkts sowie die restlichen Zutaten des ersten ergoogelten Rezepts und machte mich ans Werk. Das Resultat war unterwältigend. Der Brotteig ging nicht auf, die Brote kamen hart und trocken aus dem Ofen. Geschmacklich und optisch gingen sie ungefähr in die richtige Richtung, aber irgendwas hatte ich falsch gemacht. Vielleicht lag es es am gekauften Sauerteig? Ich reaktivierte die Suchmaschine.

Und bald wusste ich: Dieser Sauerteig ist keiner mehr, er ist sozusagen ein Gewester. Die ewigen Jagdgründe haben ihn als Mitglied aufgenommen. Dies ist ein hingeschiedenes Triebmittel. (*) Alle Mikroorganismen, die darin einmal lebten, sind tot. Gekaufter abgepackter Sauerteig ist eine reine Aromazutat, der säuerliche Geschmack ist das Einzige, was er zum Brotteig beiträgt. Soll ein solcher Teig aber aufgehen, braucht er immer zusätzlich Hefe. Die jedoch hatte in meinem ersten Roggenringteig gefehlt – oder alternativ ein lebender Sauerteig. Doch woher kriegt man den?

Natürlich gibt es auch dafür im Netz Tutorials ohne Ende. Eine sehr schöne bebilderte Schritt-für-Schritt-Anleitung fand ich schließlich im Foodblog der »Küchenchaotin«, zusammen mit weiteren spannenden Rezepten für Sauerteigbrote. Meine Neugier war geweckt und ich machte mich ans Werk. Drei Tage später blubberte er in einem Weckglas vor sich hin: mein erster selbstgemachter Roggensauerteig.

Steriles Vorgehen bei der Zubereitung und Aufbewahrung von Sauerteig. So wichtig.

In der Zwischenzeit habe ich Dutzende Brote damit gebacken (kurioserweise allerdings dabei die anfänglich anvisierten finnischen Roggenringe etwas aus den Augen verloren, dazu später mehr). »Gefüttert« wird er etwa einmal die Woche mit 50 g Roggenmehl 1150 und 50 g lauwarmem Wasser. 24 Stunden später kommt er wieder mit lose aufliegendem Glasdeckel in den Kühlschrank und damit in den Kälteschlaf. Ich weiß inzwischen, wie er riechen darf und soll, wenn es ihm gut geht (nach Essig, Hefe, Brotteig oder leicht obstig), wie er riecht und aussieht, wenn er »hungrig« ist (nach Nagellackentferner) und was untrügliche Anzeichen dafür wären, dass er verdorben ist (wahlweise Schimmel, eine dunkle oder anderweitig auffällige Farbveränderung oder ein anderer als die zuvor genannten Gerüche). Von Zeit zu Zeit bette ich ihn wechselnd in ein zweites steriles Glas um. Er war sogar schon einmal mit in Dänemark im Urlaub. In dunkler Erinnerung an den vor Jahrzehnten zur Schulzeit umgehenden Wanderteig »Hermann« hatte ich sogar schon mal überlegt, ihm einen Namen zu geben, etwa »Gärhard« oder »Gärtrud« (hat Sauerteig überhaupt ein Geschlecht?), aber dann beließ ich ihn namenlos. Er ist ein pflegeleichtes, ruhiges, nützliches, nicht haarendes, gassifreies, kleines Haustier. Und bei regelmäßiger Fütterung und Zuwendung prinzipiell unsterblich.

Natürlich gibt es zu dem Thema ohne Ende Informationen, Tipps, Foren, Facebookgruppen, Blogs und Rezepte im Netz. Und als Neuling stößt man von Anfang an auf etliche Fachbegriffe, die zuerst nerdig anmuten, sich aber nach und nach als durchaus sinnvoll erschließen. Da ist von »Gare« und »Führung« des rohen Teiges die Rede, von »Autolyse«, vom »Quellstück« und »Kochstück«, vom »Einschießen« und »Schwaden« während des Backvorgangs und von etlichem mehr. Auch dafür gibt es natürlich Seiten mit Erklärungen, etwa die Seite »Bäckerlatein«, aufgesetzt und gepflegt vom Blogger und »Brotpapst« Lutz Geißler, der zudem ein unglaublich umfangreiches Rezept- und Backblog betreibt und von dem ich inzwischen auch ein empfehlenswertes Sauerteig-Brotbackbuch besitze.

Die Liste meiner seither ausprobierten, leidlich bis famos gelungenen, aber nie wirklich missratenen Sauerteigbrote nach Rezepten aus Büchern und von Websites ist lang. Grundsätzlich lassen sie sich grob in zwei Kategorien einteilen:

  • Brote mit mehrstufiger Zubereitung und einer größeren Menge Sauerteig als »Triebstarter«, d.h. der Teig wird in mehreren Phasen angesetzt, die von längeren Ruhe- und Reifezeiten unterbrochen sind. Entweder geschieht dies, indem mit einer kleinen Menge Sauerteig (10–30 g) ein »Vorteig« angesetzt wird, dessen Mehlanteil sich innerhalb von 8 bis 24 Stunden ebenfalls zu Sauerteig wandelt, welcher dann wiederum mit weiteren Zutaten fertig verarbeitet wird. Oder man gibt gleich von Anfang an aus dem Vorratsglas eine größere Menge Sauerteig (100–200 g) mit weiteren Zutaten in den Teig, aber auch hier folgt nach einer (kürzeren) Ruhezeitspanne erst noch die Zugabe der restlichen Teigzutaten, dann meist eine weitere, kurze Reifezeit und schließlich das Backen.
  • Brote mit einstufiger Zubereitung und einer kleinen Menge Sauerteig, die mit allen restlichen Zutaten zum Brotteig vermengt wird und dann 18–24 Stunden lang mit wenig weiterer Intervention zum backbereiten Brot heranreift und dabei aufgeht. Wie Sauerteig als Triebmittel im Teig genau »funktioniert« und was er tut, damit das Brot aufgeht, wird z.B. auf dieser Seite detailliert erklärt.

Was darüber hinaus noch variiert, sind die Form und der Backvorgang. Man bäckt Brote mit weicherem Teig vorzugsweise in einer Brotbackform (meistens eine Kastenform). Der Vorteil: die Scheiben eines derart gebackenen Brotes sind alle annähernd gleich groß.
Formbare, festere Teige können zu einem runden oder länglichen Laib »gewirkt« werden, der in einem passenden Gefäß (Schüssel oder Gärkorb) bis zum backfertigen Zustand reift (»Gare«), dann auf einen bemehlten Brotschieber gestürzt und als frei liegender Laib auf das Backblech oder, noch besser, auf einen Backstein (»Pizzastein«) aus Schamott o.ä. in den Ofen geschoben wird. Oft wird ein solcher Laib mit »Schwaden« gebacken, das bedeutet, dass nach dem Einschieben des Brotes in den heißen Ofen ein kleines Glas Wasser in den heißen Innenraum gegossen wird und der Brotlaib quasi einen »Sauna-Aufguss« erhält. Durch den heißen Dampf wird die Außenhaut des Brotlaibes »schockgedämpft«, sie wird augenblicklich fester, hält den Laib beim Backen besser in Form und verhindert ein Auseinanderlaufen. Manche modernen Elektroherde haben eine solche Dampffunktion bereits eingebaut.
Die dritte Option ist das Backen in einem runden/ovalen gusseisernen hitzefesten Topf oder einer rechteckigen gusseisernen Pastetenform. Die Form wird im Ofen mit vorgeheizt (meist auf 230–250 °C) und der gereifte Laib dann vorsichtig in die heiße Form gestürzt, anschließend wird die Ofentemperatur sofort auf etwa 200 °C reduziert. Das Backen geschieht oft eine Zeitlang mit Deckel, später wird der Deckel für den Rest der Backzeit entfernt, was zu einer besonders knusprigen Brotkruste führt.

Nach dem Backen lässt man das Brot am besten für 3–6 Stunden auf einem Gitterrost auskühlen. Vorsicht: Brote, die in einer Kastenform gebacken wurden, sollten nicht zu früh gestürzt werden! Oft ist das Brot durch Hitze und Feuchtigkeit noch sehr weich und kann bei zu frühen Sturzversuchen zerfallen. Ich empfehle, etwa eine halbe Stunde zu warten und ein Kastenbrot erst dann vorsichtig aus der Form zu nehmen. Bleibt es zu lange in der Form, sammelt sich kondensierte Feuchtigkeit innen an der Form und die Brotkruste beginnt zu durchweichen.
Ist das ausgekühlte Brot handwarm ausgekühlt, kann die erste »Testscheibe« abgeschnitten werden. Mit Salzbutter bestrichen, ist sie der beste Beleg dafür, ob das Brot gelungen ist oder nicht. Je nach Brotteig und den verwendeten Mehlsorten kann ein sehr frisches Brot an der Messerklinge kleben. Dies ist kein Indiz dafür, dass das Brot misslungen ist oder nicht lange genug gebacken wurde. Meist verbessert sich das Schnittverhalten nach 1–2 Tagen deutlich, manchmal erlebte ich diesen Effekt ebenso bei gekauften Broten aus guten Bäckereien.

Zwei wichtige Besonderheiten bei Sauerteigbroten möchte ich noch erwähnen: zum einen sind sie generell deutlich länger haltbar als Brote aus Hefeteig, industriell hergestellte (konservierungsmittelfreie) Brote und auch meist haltbarer als in Bäckerketten hergestellte Brote. In frisches Küchenpapier gewickelt und an einem kühlen Ort oder im Kühlschrank in einer Plastiktüte aufbewahrt, hielten sich meine selbstgebackenen Sauerteigbrote problemlos auch angeschnitten 10 Tage und länger.

Zum zweiten sind sie durch die langen Ruhezeiten von 18–24 Stunden (oder länger) auch ausgesprochen gut verträglich. Selbst Menschen, die meinen, sie hätten eine Gluten-Unverträglichkeit oder die nach dem Verzehr industriell hergestellten Brotes unter Reizdarm-Symptomen leiden, können mit lange gereiftem Brot (sogar solchem mit Weizenmehl) ihre Beschwerden loswerden. Der Grund: durch die lange Reife werden von den Mikroorganismen im Sauerteig sogenannte »FODMAPs« (schwer verdauliche, im Mehl enthaltene Zuckermoleküle) nahezu komplett abgebaut, die in Industriebroten meist noch vorhanden sind.


Inzwischen habe ich auch ein eigenes Teigrezept für die anfangs erwähnten finnischen Roggenringe entwickelt. Ich habe mit diesem Teig zunächst nur ein Kastenbrot gebacken, das schon mal recht gut gelang. Aber wie bei vielen anderen Hobbys ist der Weg eigentlich niemals zuende. Man kann immer Neues ausprobieren, variieren, erfinden, besser werden. Und der Lohn der Mühe ist beim Brotbacken sogar essbar. 🙂


Meine derzeitigen Lieblingsrezepte

Roggensauerteig »nach finnischer Art«

(für einen 1-kg-Laib Kastenbrot oder handgeformte Ringe, eigenes Rezept, in Weiterentwicklung)

Zutaten für den Vorteig
175 g mittelgrober Roggenschrot
195 g Roggenmehl 1150
110 g lebender Roggensauerteig
325 ml Wasser

Zubereitung Vorteig
Alles in einer großen Schüssel gut miteinander verrühren und abgedeckt bei Zimmertemperatur für 12–14 Stunden reifen lassen.

Zutaten für den Hauptteig
der fertige Vorteig von oben
9 g Salz
215 g Weizenmehl 550
9 g dunkles Roggenmalz
4 g frische Hefe
125 ml lauwarmes Wasser

Zubereitung Hauptteig
Die Hefe im Wasser auflösen und mit den restlichen Zutaten per Handrührgerät zu einem homogenen Teig verrühren. Den Teig in eine gebutterte Kastenform füllen und – je nach Hefeaktivität – 1,5–2 Stunden gehen lassen, bis der Teig leicht über die Kante der Form aufgestiegen ist. Die Oberfläche mit etwas Mehl bestäuben und der Länge nach anritzen.

Den Ofen derweil auf 250 °C vorheizen. Die Form mit dem Teig einstellen und die Temperatur sofort auf 175–180 °C reduzieren. Das Brot 50–55 Minuten backen, dann aus dem Ofen nehmen, nach ca. 30 Minuten vorsichtig aus der Form lösen und auf einem Gitter weiter auskühlen lassen.


Mørkt Rugbrød med Kerner
(Dunkles Roggenbrot mit Saaten)

Ein Rezept von einer dänischen Website (Louises Madblog), das ich ins Deutsche übertragen und in den Mengenangaben angepasst habe. Besonderheit: auch die festen Zutaten werden hier per Volumen (Messbecher) abgemessen. Es gelingt immer und ist auch für »Anfänger« geeignet.

Zutaten für den Vorteig
100 ml mittelgrober Roggenschrot
100 ml mittelgrober Weizenschrot
100 ml Leinsamen
100 ml Sonnenblumenkerne
200 ml lebender Roggensauerteig
400 ml zimmerwarmes Wasser

Zutaten für den Hauptteig
der fertige Vorteig von oben
200 ml Weizenmehl 550
200 ml Roggenmehl 1150
1 EL Salz
1 EL dunkles Roggenmalzmehl (gibt’s z.B. im Reformhaus)
1 EL Ahornsirup

Zubereitung Vorteig
In eine große Schüssel Roggenschrot, Weizenschrot, Leinsamen und Sonnenblumenkerne, zusammen mit Wasser und Sauerteig geben. Mindestens 8 Stunden ruhen lassen. Gegebenenfalls abends einweichen.

Zubereitung Hauptteig
Am nächsten Tag die restlichen Zutaten in die Schüssel geben und alles zu einem homogenen Teig verrühren. 1–2 Stunden in der Schüssel gehen lassen.

Den Teig in eine eingebutterte Kastenbrotform füllen. Mit etwas Frischhaltefolie oder einer Topfhaube so abdecken, dass die Folie auch den aufgegangenen Teig später möglichst nicht berührt und das Brot 1–2 Stunden lang gehen lassen, bis der Teig die Oberkante der Form erreicht. Die Abdeckung dann entfernen.

Die Form in den auf 180 °C vorgeheizten Ofen stellen und 1 Stunde lang backen.

Das Brot nach 20–30 Minuten aus der Form nehmen und auf einem Rost abkühlen lassen. Zur Lagerung wird es mit Küchenpapier umhüllt und in eine Plastiktüte verpackt, damit die Kruste nicht zu hart wird. Man kann es auch im Kühlschrank aufbewahren.


Roggenmischbrot mit Walnüssen

Auch dieses Rezept stammt von einer Website (zartbitter & zuckersüß), ich notiere es hier nur deshalb separat, da es im Original relativ viel Teig ergab und ich die Mengen so weit nach unten angepasst habe, dass der fertige Brotlaib etwa 1 kg wiegt, daher die etwas krummen Zahlenangaben. Das Rezept ist ebenfalls ziemlich gelingsicher.

Zutaten
15–20 g lebender Roggensauerteig
433 g Weizenmehl 550
133 g Roggenvollkornmehl
200 ml Apfelsaft
200 ml Wasser
(wer mehr Süße möchte, kann bei gleicher Gesamtmenge von 400 ml Flüssigkeit auch den Apfelsaftanteil erhöhen und entsprechend weniger Wasser nehmen)
133 g Walnüsse
1 knapper gestrichener EL Salz

Alle Zutaten in eine Rührschüssel geben und zu einem homogenen Teig verrühren. Zum Schluss kommen die grob zerbrochenen Walnusskerne dazu. Die Schüssel mit Folie oder einer Topfhaube abdecken und 24 Stunden bei Zimmertemperatur ruhen lassen. Wer mag, kann den Teig in dieser Zeit etwa 4-5 mal dehnen und falten, das verbessert die Teigstruktur.

Nach Ende der Ruhezeit den Teig vorsichtig auf eine leicht bemehlte Arbeitsfläche geben, so dass möglichst wenig von dem enthaltenen Gas entweicht und den Teig zu einem Laib formen. Anschließend den geformten Teig in einen bemehlten Gärkorb oder in eine ausreichend große Schüssel legen, die mit einem gut bemehlten, sauberen Geschirrtuch (idealerweise aus Leinen) ausgelegt ist. Dann das Gärgefäß mit einem weiteren sauberen Tuch abdecken und erneut für eine Stunde gehen lassen.

Den Ofen (vorzugsweise mit einem Backstein) auf 250 °C vorheizen. Anschließend den Teig aus dem Gärkorb auf ein leicht bemehltes Backpapier auf einem Brotschieber oder einem hinreichend großen, stabilen Stück Wellpappe stürzen, die Oberseite mit einem scharfen Messer oder einer Rasierklinge mehrmals einritzen und auf den Backstein oder das Backblech im Ofen schieben. Das alles sollte relativ schnell gehen.

Ist das Brot im Ofen, ca. 50–100 ml Wasser auf den heißen Ofenboden gießen und die Ofenklappe sofort schließen. Dann sofort die Backtemperatur auf 200 °C reduzieren. Nach 30 Minuten die Ofentür öffnen und den Dampf ablassen, dann noch ca. 25 Minuten weiterbacken. Das Brot ist fertig gebacken, wenn die Kruste schön dunkelbraun ist und sich ein Klopfen auf den Boden des Laibs hohl anhört.


Weitere Links zu einigen der abgebildeten Brote und mehr

Sonstige Rezepte für die abgebildeten Brote stammen aus dem im Text genannten Sauerteig-Backbuch und/oder wurden von mir aus gedruckten oder online veröffentlichten Rezepten abgewandelt.

Die Links in diesem Artikel führen nach Möglichkeit auf die Websites der Hersteller, um keinen Online-Shop zu bevorzugen. Ich nenne Produkte nur, weil ich diese erfolgreich und gerne beim Backen verwende, nicht weil ich damit Geld verdiene.

In einem solchen Weckglas mit Deckel lässt sich Sauerteig im Kühlschrank gut aufbewahren.

Alle Fotos auf dieser Seite: © formschub

Kinder, kommt raus – Essen ist fertig!

Ein paar Mal ist es mir an der Supermarktkasse schon passiert, dass mir der/die Kassierer*in eins meiner aufs Kassenband gelegten Öbste oder Gemüse entgegenhält – etwa einen Knollensellerie oder einen Kohlrabi – und mich fragt, was das sei, um es korrekt in das Kassensystem eingeben zu können. Das macht mich traurig. Ich erwarte von niemandem, exotische Früchte wie eine Pitahaya, Physalis, Java-Äpfel oder unbekanntere Gemüse wie Cardy-Kohl oder Postelein zu (er)kennen, aber wenn gewöhnliche heimische Feldfrüchte Ahnungslosigkeit auslösen, ist das für mich ein Zeichen dafür, wie sehr uns die »Zivilisation« bzw. das Leben in Städten oft schon von der Natur entfremdet hat. Obst und Gemüse sind fertig geerntet, gesäubert, eingeschweißt, abgepackt und etikettiert. Was es ist, steht auf dem Klebeschild auf der Verpackung oder direkt darunter am Warenregal. Manche Menschen gar haben überhaupt keinen Kontakt mehr zu Naturprodukten, weil sie sich ohne frische Zutaten ausschließlich von Fertiggerichten ernähren. Es gibt Kinder und Erwachsene, die kennen etwa Waldmeister ausschließlich als künstliches Aroma in meist grellgrünen Süßspeisen und kämen niemals auf die Idee, dass in den Wäldern ihrer Umgebung im Frühjahr eine wunderbar duftende Pflanze wächst, die für diese synthetisch aromatisierten Lebensmittel irgendwann einmal eine ferne Inspiration war.

Ich bin als Kind zweier Eltern aus dem Südharz in ziemlich engem Kontakt mit der Natur aufgewachsen. Mutter und beide Omas erklärten mir auf Spaziergängen oder wenn ich allein aus dem umgebenden Wald mit »Fundstücken« nach Hause kam, die Natur und was sie an Essbarem übers Jahr hervorbrachte. Und auch jetzt, wo ich schon lange in der Stadt lebe, zieht es mich jedes Wochenende und im Urlaub wieder raus in den Wald, in die Heide oder andere Landschaften, um die Luft, die Ruhe und die Natur zu genießen. Immer im Gepäck: ein handliches Bestimmungsbuch, um Pflanzen am Wegesrand zu erkennen, zu bestimmen und gegebenenfalls zu ernten.

Wer dieser Tage rausgeht, merkt: jetzt ist die beste Zeit. Angefangen hat es etwa Mitte März, mit dem ersten sprießenden Bärlauch des neuen Jahres, kurz danach kamen die Brennnesseln und die Knoblauchsrauke, der Giersch (ein hervorragender Ersatz für Petersilie!), der Löwenzahn, und als der Frühling Fahrt aufnahm, folgten Waldmeister, Sauerklee, Sauerampfer und Gänseblümchen (einige abgebildet in der Bildergalerie). Bald folgt der Sommer mit den ersten Beeren, die Walderdbeeren und der Holunder blühen bereits, die Schlehenblüte ist vorbei, an den Johannisbeerbüschen und Kirschbäumen hängen die ersten noch grünen Früchtchen.

Ich kann das nur zur Nachahmung empfehlen, speziell jetzt, während der »Corona-Pandemie«. Es hat nur Vorteile. Man kann Gegenden aufsuchen, in denen kaum Menschen rumlaufen, was das Abstandhalten extrem erleichtert. Man kriegt den Kopf frei und kann den Social-Distancing-Homeoffice-Koller kompensieren. Man kann frische Luft atmen. Man kann etwas lernen. Man kann Haushaltsgeld sparen, denn die Ernte der Dutzenden Waren in der Open-Air Obst- und Gemüseabteilung von Mutter Natur ist gratis. Es gibt genug Pflanzen, die – wenn man sich auf kundige Quellen (am besten Bücher) verlässt – so einfach und zweifelsfrei zu erkennen sind, dass man sie guten Gewissens pflücken und verzehren kann (das Thema »Pilze« ist ein separates Kapitel, weshalb ich es hier und heute auslasse). Und so frisch wie die selbstgeernteten Pflanzen und Früchte bekommt man Vergleichbares kaum im Laden zu kaufen.

Bei der Bestimmung der Ausbeute würde ich mich zwar nicht nur auf Foren und Websites verlassen – dazu ist die Expertise der Ratgeber oftmals nicht verlässlich genug, bei der Suche nach Rezepten hingegen ist das Netz eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration. Die Zubereitungen reichen von Bärlauchpesto und in Backteig frittierten Holunderblüten über schokoladenüberzogene Fichtenknospen, herben Löwenzahnsalat und selbstgemachte Kapern aus Gänseblümchen bis hin zu Brennesselspinat, Sauerampfersuppe oder selbst fermentiertem koffeinfreiem Schwarzer-Tee-Ersatz aus Weidenröschenblättern. Wer neugierig und experimentierfreudig ist, kann sich damit für den Rest seines Lebens beschäftigen.

Und dann, ab Juni/Juli macht die Natur die Obstkammer auf. Insbesondere dann sind Streifzüge durch Wälder und Wiesen eine leckere Angelegenheit, wenn man alle paar hundert Meter am Wegesrand einen kleinen gesunden Snack findet*. Für die Anreise braucht man im Umland größerer Städte oftmals noch nicht einmal ein eigenes Auto. Viele regionale Verkehrsunternehmen (z.B. die S-Bahn Berlin) haben im Netz Seiten mit Tour-Empfehlungen veröffentlicht, die mit Nahverkehrszügen, Bussen und S-Bahnen durchführbar sind. Es gibt Bücher zu diesem Thema und auch Websites mit Empfehlungen von Stadtportalen, mit Radtouren-Tipps für naturnahe Ausflüge, mit Wanderrouten von Tourismusverbänden und mit Empfehlungen von privaten Naturfreunden. Googlen lohnt sich!

* Die Befürchtungen, sich durch den Verzehr von Wildpflanzen mit dem Fuchsbandwurm zu infizieren, sind größtenteils unbegründet bzw. werden oft unrealistisch übersteigert. Man sollte natürlich nichts essen, ohne es vorher auf Verschmutzungen oder kleine anhaftende Insekten geprüft zu haben. Und je weiter oben etwas wächst, desto geringer ist das Risiko.

Einige empfehlenswerte Bestimmungsbücher aus meiner Bibliothek, manche passen sogar in die Hosentasche.
  • Enzyklopädie essbarer Wildpflanzen, at Verlag | Link
  • Feld-, Wald- und Wiesenkochbuch, Heyne Verlag (nur antiquarisch erhältlich) | Link
  • Essbare Wildpflanzen, at Verlag | Link
  • Essbare Wildkräuter und Wildbeeren für unterwegs, Kosmos Verlag | Link

Nicht zuletzt ist das aufmerksame Wandern, Suchen, Erkennen und Ernten essbarer Pflanzen auch oft für Kinder ein großer Spaß. Und es hat auch einen schönen Nebeneffekt, dem Nachwuchs Wissen, Freude und Wertschätzung an allem, was die Natur bietet, zu vermitteln: die Chance, weniger künftige Erwachsene großzuziehen, die angesichts von Kräutern, Gemüse oder Obst – nicht nur an der Supermarktkasse – ratlos mit den Schultern zucken.

Weiterführende Links

Alle Fotos auf dieser Seite: © formschub

Marinierter Räuchertofu

Bei meinem letzten Besuch im famosen chinesischen Retsaurant Da Jia Le in Berlin hatte ich das Vergnügen, aus der Speisekarte das »Kaltgericht« Nr. 29 – »Geräucherter Toufu mit Koriander« zu probieren und war aus mehrerlei Gründen begeistert. Zum einen hatte mich bislang kaum ein Gericht mit Tofu wirklich für diese Zutat begeistern können, außer vielleicht der zarte, an Eierstich erinnernde Seidentofu, der sich oft als Einlage in japanischer Miso-Suppe wiederfindet. Zum zweiten fügt das feine, aber nicht penetrante Raucharoma dem Tofu eine ganz eigene Note hinzu, die für sich genommen schon zum Experimentieren an weiteren Rezepten inspiriert. Und zum dritten war die servierte Marinade, die den Tofu und das Koriandergrün miteinander verband, ausgesprochen delikat und ließ mich sofort den Plan fassen, dieses Gericht in der heimischen Küche »nachzubauen«.

Insgesamt habe ich seither drei Versuche gestartet, dabei auch Räuchertofu von verschiedenen Herstellern ausprobiert und die Rezeptur mit meinem persönlichen Tofu-Favoriten nach eigenem Geschmack etwas ausgebaut und verfeinert. Die jetzige Version entfernt sich im Aroma ein wenig von dem ursprünglichen Restaurantgericht, sie ist etwas säuerlicher und frischer, aber ich finde das Rezept »finger licking good« und habe gerade eben wieder zwei Packungen Tofu damit zubereitet. Es lohnt sich, die 9 Zutaten dafür extra im Asiashop zu besorgen, denn die Marinade ist das Herzstück des Rezepts. Viel Spaß beim Ausprobieren!

Zutaten
für 1–2 Portionen:

1 Packung (200 g) Taifun Räuchertofu »Klassik«
1 Handvoll frisches Koriandergrün, gehackt

Für die Marinade:
3 EL gute Sojasauce (z.B. Kikkoman)
Saft einer halben Limette
1–2 TL chinesisches Fünfgewürzpulver
1 EL dunkles (geräuchertes) Sesamöl
1 EL helles (naturbelassenes) Sesamöl
1 TL geriebener frischer Ingwer
3 TL Ahornsirup, ersatzweise normaler Zucker
1 EL alter, nicht zu saurer Balsamico
nach Geschmack 1 TL Chiliöl oder 1 Msp. Cayennepfeffer

Alle Marinadenzutaten in einer flachen Schüssel gut miteinander verrühren. Den Tofu in feine Streifen schneiden (ca. 30 x 5 x 5 mm, etwa wie die Wurststreifen in Fleischsalat) und unter die Marinade heben. Das Koriandergrün obenauf geben und alles mindestens eine Stunde im Kühlschrank gut durchziehen lassen. Etwa 20 Minuten vor dem Verzehr aus dem Kühlschrank nehmen, wenn es nicht zu kalt ist, schmeckt es aromatischer.

Marinierter Räuchertofu
Foto und Rezept: © formschub

Neue Würste braucht das Land!

Heute schlage ich mal einen Bogen zu meinem allerersten Blogeintrag aus dem Oktober 2006. Das Foto des Artikels zeigt die Auslage eines preisgekrönten britischen Metzgers in Oxford, der sich auf »Sausages« spezialisiert hat. Ich habe inzwischen häufiger meinen Urlaub in Großbritannien verbracht und abgesehen davon, dass ich seither ohnehin das Vorurteil nicht bestätigen kann, die Briten könnten nicht kochen, hat mich die »Wurstkultur« der Inselbewohner von Anfang an begeistert. Einige der mundwässernden (mouthwatering) Kreationen britischer Fleischer hatte ich ebenfalls in einem früheren Blogartikel schon einmal aufgezählt. Man kann sie – landestypisch – zum Frühstück in der Pfanne braten oder auch auf den Grill werfen – eine delikater als die andere.

Um so unverständlicher ist es, dass diese fleischigen Köstlichkeiten noch nicht ihren Weg nach Deutschland gefunden haben. Es gibt ’zig Sorten Brot, Wein, Pasta, in jüngster Zeit feiern Bier und Kaffee einen ungekannten Boom der Varianz und Geschmacksvielfalt, aber auf den Grills und in den Pfannen begnügt man sich nach wie vor mit Bratwurst, Krakauer, Thüringer und Käsegrillern. Auch in den »gentrifizierten« Vierteln bisher (nach meinen Beobachtungen): Fehlanzeige.

Deshalb habe ich kürzlich die Initiative ergriffen. Keine zwei Gehminuten von meiner Wohnung in Hamburg-Barmbek Nord führt die famose Fleischerei Göpp, über die ich ebenfalls hier im Blog schon einmal berichtete, einen gut besuchten Eckladen. Herr Göpp hat nicht nur italienische Salsiccia im Sortiment, sondern überraschte kürzlich auch mit einer leckeren Bratwurstvariante namens »Barmbek Booster«. Das nahm ich zum Anlass, ihn mit einer E-Mail zu weiteren Wurstexperimenten zu motivieren. Und Herr Göpp antwortete bald darauf:

Wir (…) sind vor einigen Tagen in die Produktion gegangen und haben Rindsbratwürste mit karamellisierten Apfel- und Zwiebelstückchen hergestellt. Nun sind wir auf Ihre Meinung gespannt!

Ich habe gleich am folgenden Tag einige der neuen Würste gekauft und am Abend mit Rosenkohl-Rote-Bete-Ofengemüse und dänischem süßen Gewürzsenf serviert (sorry for zze blurry Handyfoto). Und: Chapeau! Die eingebetteten Zwiebel- und Apfelstückchen passen perfekt zur feinen, von einer leichten Anis/Fenchelnote getragenen Würzung der Rindsbratwürste. Ich bin sehr angetan!

Natürlich möchte ich mit diesem Blogbeitrag ein bisschen (unbezahlte) Werbung für meinen Stammfleischer und seine neue Kreation machen, vielleicht hat ja der eine oder andere Hamburger Lust, sie auch einmal zu probieren – am besten vorher kurz anrufen, ob die Würste gerade vorrätig sind. Und wer weiß, vielleicht führt ja eine gewisse Nachfrage zu weiteren schmackhaften, von britischer Wurstkultur inspirierten Experimenten.

I would really appreciate that.

Für weitergehend Interessierte hier ein Link ins Herz der britischen Sausageszene:
www.sausagefans.co.uk

Sausages served
Foto: © formschub