Kategorie: Außer Haus

Unterwegs in Stadt und Land, im Urlaub und auf Reisen

Typographische Impressionen

Gesammelt in Gera.

Ich war zum ersten Mal in diesem schönen thüringischen Städtchen und bereits während der ersten Autofahrt durch einige Seitenstraßen sah ich, dass dies mal wieder eine Fundgrube sein würde für das Suchen und Aufspüren schöner, skurriler, verwitterter Inschriften an Häusern und Gebäuden. Und so war es dann auch. Am ergiebigsten – und leider auch am betrüblichsten ob der vielen baufälligen, einstmals schönen Häuser – war das Viertel um den Geraer Südbahnhof. Rund drei Stunden war ich auf Fotosafari. Hier meine Ausbeute …

Typographische Fundstücke aus Gera
Fotos: © formschub (Klick macht groß)

Lesen lernen 2.0

Hier Ihr eBook downloaden

Ich bin gerade im Urlaub in Südwestdänemark. Es gibt viele Pilze hier im Wald, Dutzende von Sorten. Leider habe ich damit nicht gerechnet und meinen famosen gedruckten Pilzführer zu Hause stehen lassen. Nach zwei Wanderungen, bei denen ich zuhauf Pilze stehen lassen musste, da ich sie nicht kenne und mangels Bestimmungshilfe nicht identifizieren konnte, dachte ich: hey, das wäre doch mal eine Gelegenheit, einen Pilzführer als mein erstes eBook zu erwerben und einfach auf dem iPhone mit in den Wald zu nehmen. Toller Plan. Dachte ich. Denn nach dem ermunternden Rechercheergebnis bei buecher.de – ein Pilzbuch mit rund 260 Seiten im ePub/PDF-Format – begann die Agonie.

Ich legte das eBook in meinen Warenkorb und bezahlte. Wunderbar. Mir wurde sogleich ein Link-Button angezeigt: »Hier Ihr eBook downloaden«. Ich dachte: »fein, das geht ja einfach« und klickte auf den Link. Der Download ging verdächtig schnell. Zu schnell für ein so dickes Buch. Hm. Ich schaute mir die versprochene »eBook«-Datei an. Sie trug die Dateiendung .acsm. Nochmal hm. Ich versuchte, sie mit dem Adobe Reader zu öffnen. Ging nicht. Ich googelte »acsm-Datei« und las, dass ich eine Adobe-ID und die Software »Adobe Digital Editions« benötigen würde, erst dann könne ich mein eBook »wirklich« laden, entsperren und (hoffentlich) lesen.

Ich erinnerte mich, irgendwann im Pleistozän hatte ich mal eine Adobe ID. Aber wann? Wo? Wozu? Ich fand auf meinem Rechner keine Spuren mehr davon. Also ging ich zu adobe.de und suchte. Ich solle zu adobe.com gehen, sagte man mir dort. Das tat ich und – halleluja – es gab eine Seite, wo ich mit dem Link »Passwort vergessen« ausprobieren konnte, ob ich noch als Karteileiche bei Adobe rumlag. Also E-Mail-Adresse eingeben, neues Passwort anlegen, Bestätigungs-E-Mail abwarten, Bestätigungs-E-Mail-Link anklicken, einloggen. Derweil hörte ich die Pilze leise im Wald wachsen.

Nun war da noch die Software. Die Seite war schnell gefunden, die neueste Version 4.0 wurde auf einem schlichten Screen zum Download angepriesen, Systemvoraussetzungen für den Mac wurden nicht genannt. Also flugs auf den Download-Link geklickt, den Installer gestartet und das Programm installiert. Die Pilze im Wald entfalteten derweil ihre jungen Hüte.

Doch die Software ließ sich nicht starten. »Sie benötigen mindestens MacOS 10.7«* sagte mir das fertig installierte Programm nach dem Startversuch. Eine Nachricht, die zwar inhaltlich wertvoll, aber fünf Minuten früher eine Idee willkommener gewesen wäre. Also deinstallierte ich die Software und legte all meine Hoffnung in die auf der noch geöffneten Adobe-Website direkt darunter zum Download angebotene Version 3.0. Hoffnungsvoll lud ich down, installierte und versuchte einen erneuten Start. Wieder Fehlanzeige. Die Wipfel der Bäume rauschten im Wald, während ich auch diese Version deinstallierte.

* (mein MacBook Pro ist schon etwas älter und macht seit 10.6.8 keine Systemupdates mehr mit, erfüllt aber nach wie vor ansonsten blendend seinen Zweck)

Doch halt, vor Users Blicken gut versteckt, gab es anscheinend auf einer anderen Adobe Download-Seite eine noch frühere Softwareversion. Toll. Ich downloadete und summte leise »Das Wandern ist des Müllers Lust« vor mich hin, während ich den Installer startete und auf die Fertigstellung wartete. Angstvoll klickte ich auf das App-Icon … und – das Programm startete! Mein Herz klopfte. Wie aufregend doch das Zeitalter digitalen Lesens war!

Nun konnte ich auch die acsm-Datei öffnen, meine noch warme Adobe ID eingeben und das eBook herunterladen. Auf die 5 Minuten Wartezeit auf die 150 MB große Datei kam es nun auch nicht mehr an. »Sie können kostenpflichtige und gratis erhältliche digitale Inhalte herunterladen und online oder offline lesen. Kopiergeschützte eBooks lassen sich mühelos von Ihrem PC auf andere Computer oder Endgeräte übertragen.« verhieß derweil rosarot der Startbildschirm. In Gedanken sah ich mich schon mit meinem Weidenkörbchen am Arm über weiche Moospolster stapfen, die Zukunft des Pilzesammelns auf einem bläulich glimmenden Display in der anderen Hand. Der Download meldete Vollzug. Ich konnte die Buchdatei sehen! Öffnen! Darin blättern! Mit roten Wangen suchte ich nun nach der mühelosen Möglichkeit, das digitale Wunder im Nu, mit einem Wisch, einem Klick, vom Klapprechner auf mein iPhone zu übertragen. Und suchte. Im Menü. Und suchte. In der Hilfefunktion. Und suchte. Bei Google. Aha. Am Horizont verfärbte sich das Sonnenlicht in Erahnung des Abends zartrosa.

Ich schloss mein iPhone ans MacBook an. Es wurde nicht erkannt. Okay. Ich aktivierte Bluetooth, verband das Gerät mit dem Mac und hoffte, so einen Kanal zum eBook-Transfer herzustellen. Doch Hoffnung ist ein zartes Porzellan, das alsbald erneut von einer rohen Fehlermeldung in Scherben geschlagen wurde. Vor dem Haus umflatterten erste Fledermäuse den Giebel. Ich klappte meinen Rechner zu, stieg mit meinem Partner ins Auto und fuhr in den Wald. Ohne eBook. Nur mit Körbchen. Wir brauchten zwar schon fast eine Taschenlampe, aber am Ende kam doch gut ein Kilo mir bekannter Pilze zusammen. Die zahllosen anderen, unbekannten, die wir am Wegesrand zurücklassen mussten, verdanken ihr Leben – Adobe.


Update 19. Oktober 2014: Inzwischen habe ich es tatsächlich nach weiteren 3 Stunden Recherche und App-Wahnsinn geschafft, das erworbene Pilz-eBook auf mein iPad zu übertragen. Ich gebe zu, es ist noch ein iPad 1 (2010) und läuft notgedrungen unter iOS 5.1.1, aber, hey: wir reden hier über den Wunsch, etwas zu lesen – und das sollte meiner Meinung auch im digitalen Zeitalter so einfach sein wie essen, trinken oder Zähne putzen. Ist es aber nicht. Gefühlt war das Finden und Installieren eines geeigneten Readers in etwa so nervig wie aus einem Karton Sägemehl, einer Tube Holzleim und ein paar Schrauben ohne Bedienungsanleitung ein Bücherregal aufzubauen. Die Abbildung unten verdeutlicht einige der Schikanen, denen ich auf dem steinigen Weg zu meinem – ich will es nicht »Erfolg« nennen – Durchbruch begegnete.

Viele der Apps, die Adobe derzeit auf seiner Website nennt, gibt es unter den genannten Namen nicht mehr. Andere ① verlangen die Einrichtung eines Accounts (ich will doch nur lesen!), erkennen das Dateiformat nicht ②/③, verlangen von mir ein Systemupdate, welches wiederum erfordern würde 300+x Euro für eine komplett neue Hardware auszugeben ④, oder versuchen, wie die Adobe-Reader-App (!!!), mir einen superduper Konvertierungsaccount für nur 79,99 EUR pro Jahr unterzujubeln ⑤, mit dem ich dann – oder auch nicht – mein schon bezahltes eBook auch auf dem iPad anschauen darf. Gelandet bin ich letztlich beim kostenlosen eBookS Reader von libri, der nach einer einmaligen Eingabe der Adobe ID das eBook-Dokument immerhin klaglos öffnet (Update: die App gibt es nicht mehr, libri hat sich inzwischen auf die tolino-Plattform fokussiert, deren Reader-App ich noch nicht getestet habe). Dass meine printverwöhnten Augen dann mit Seiten»layouts« wie ⑥ verspottet werden, fällt nach der ganzen Mühe dann schon fast unter »Peanuts«.

Nein, ich warte lieber noch eine Weile, bis eBooks auf allen Devices wirklich mühelos, mit einem Klick oder Wisch angezeigt werden und digitales Lesen tatsächlich so einfach ist wie … naja, Lesen halt. Und ich bin gespannt, wenn es soweit ist (und ich es noch erleben darf), ob Adobe dann dabei noch eine Rolle spielt.

eBook Wahnsinn, Screenshots

Nelson Mandela und Handtücher

Nelson Mandela ist tot. Es ist immer traurig, wenn ein Mensch, der mit Mut, Beharrlichkeit und Integrität die Welt zum Besseren verändert hat, stirbt. Ich habe kein besonderes Verhältnis zu diesem großen Mann, außer, dass mir sein Ziel der Abschaffung der Apartheid schon immer als etwas Selbstverständliches erschien. Ich habe einen großen Teil meiner Kindheit in (Nord-/Äquatorial-)Afrika zugebracht, hatte schwarze Mitschüler in meiner Klasse und konnte nie nachvollziehen, warum die Hautfarbe einen Grund bieten sollte, Menschen anders zu behandeln.

Und: ich kann nicht an Nelson Mandela denken, ohne an Handtücher zu denken. Der Ursprung dieser hartnäckigen Assoziation war mein erster »eigener« Urlaub – ohne Eltern, nur mit zwei Freunden – Ende der Achtziger Jahre. Reiseziel war Großbritannien. Zwei Wochen Zelttour durch das ganze Land zwischen South East und Schottland. Nelson Mandela war noch in Haft und allerorten auf unserer Strecke sahen wir die berühmte Solidaritätsbekundung »FREE NELSON MANDELA!« – in Schlagzeilen, auf Bannern, Plakaten, Buttons und Transparenten. Zeitgleich jedoch warben fast alle britischen Tankstellen marktschreierisch mit einer Rabattpunkte-Aktion, deren Prämien aus kostenlosen Handtüchern bestand. »FREE TOWELS!« war neben fast jeder Zapfsäule in fetten Lettern plakatiert. Und so wunderten wir uns, wir waren jung und pubertär, dass offenbar nicht nur Herr Mandela, sondern auch zahlreiche Frotteewaren dringend ihrer Freilassung bedurften. Ich bin froh, dass zumindest Ersteres im Jahr 1990 gelang, mit allen zu begrüßenden politischen Folgen. Das Schicksal widerrechtlich inhaftierter Badtextilien hingegen habe ich in den letzten Jahrzehnten etwas aus den Augen verloren.


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Bärlauchsteckbrief

Nicht nur auf der schönen Insel Bornholm, wo ich gerade urlaubte, ist derzeit die Bärlauchsaison auf ihrem Höhepunkt. Die Wälder und Bachläufe sind gebietsweise geradezu zugewachsen mit dichten Matten dieser Würzpflanze – der eine mag sie, der andere nicht. Wer Bärlauch schätzt und nicht selbst sammeln will oder kann, bekommt das mittlerweile geradezu »trendige« Kraut auch auf vielen Wochenmärkten zu kaufen, die Preise dafür sind allerdings oftmals genauso saftig wie das Grün der schwertförmigen Blätter.

Billiger ist das Selbersammeln. Doch ist Vorsicht geboten, denn ein anderes Gewächs, das dem Bärlauch ziemlich ähnlich sieht, hat zur selben Zeit ebenfalls Saison – und ist beim Verzehr hochgiftig: das Maiglöckchen. Ich bin zwar kein Botaniker, aber dennoch vermag ich beide Pflanzen anhand dreier charakteristischer Unterscheidungsmerkmale sicher auseinanderzuhalten. Als Hilfestellung für angehende Bärlauchsammler daher hier ein kleiner bebilderter Steckbrief der beiden Gewächse (aus rechtlichen Gründen allerdings ohne Gewähr für die individuelle Anwendung):

Maiglöckchen vs. Bärlauch
Klick aufs Bild für vergrößerte Ansicht | Fotos: © formschub


(1) Die Blätter

Beim Maiglöckchen sind die Blätter (besonders bei jungen Pflanzen) spiralig ineinander gewickelt, was man besonders von oben gut erkennen kann. Einen klar abgegrenzten Stiel haben sie nicht, sie verjüngen sich nach unten hin kontinuierlich.

Bärlauch hat schon im jungen Stadium der Pflanze getrennt voneinander sprießende Blätter, die mit einer Verjüngung unten abschließen und in einen klar abgegrenzten, glatten, hellen Stiel übergehen.

Aufgrund dieses Unterscheidungsmerkmals sollte man beim Sammeln der Pflanzen immer darauf achten, die Blätter möglichst nahe am Boden abzupflücken oder abzuschneiden, damit man nie in die Bredouille kommt, zu Hause nur Blattspitzen oder stiellose Blätter klassifizieren zu müssen. Je mehr Stiel dranbleibt, desto besser. Die Stiele kann man ja vor der späteren Weiterverarbeitung immer noch abschneiden.


(2) Die Blüten

Wer unsicher beim Sammeln ist, tut gut daran, sich an der Fundstelle Pflanzen zu suchen, die bereits einen jungen Blütenstand haben. Sind die Pflanzen voll erblüht, ist die Unterscheidung einfach – fast jeder kennt die charakteristischen, zu mehreren am Stiel nach unten hängenden Maiglöckchenblüten und wird sich hüten, diese nebst Blättern zum Verzehr zu sammeln. Auch Bärlauch in voller Blüte ist leicht zu erkennen: der von mehreren sternförmigen weißen Blüten gebildete, kugelförmige Blütenstand des Bärlauchs hat mit Maiglöckchen nichts mehr gemein. Doch auch vor dem Erblühen gibt es ein eindeutiges Unterscheidungsmerkmal:

Beim Maiglöckchen kann man auch am jungen Blütenstand bereits erkennen, dass die Pflanze mehrere Blüten an einem Stiel tragen wird – an der Spitze des Stiels sind mehrere kleine kugelige Knospen angelegt, die klar voneinander getrennt sind.

Obwohl auch Bärlauch letztlich mehrere kleine Blüten an einem Stiel trägt, sind diese bis zu ihrer Entfaltung von einer einzigen tropfenförmigen, sehr hellen und leicht durchsichtigen Hülle umgeben. Bärlauch trägt nie mehr als eine dieser Blütenhüllen an einem einzelnen Stiel.


(3) Der Geruch

In der Nähe einer üppig bewachsenen Fundstelle liegt der charakteristische Geruch des Bärlauchs schon der Luft. Nimmt man dann ein paar Blätter in die Hand und zerreibt oder zerrupft sie, wird er unverkennbar: Die Pflanze riecht »lauchig« – ein Aroma irgendwo zwischen Schnittlauch und Knoblauch, nicht so »zwieblig« wie Porree oder Frühlingszwiebeln und nicht so stechend wie Knoblauch. Diesen Geruch haben Maiglöckchen nicht, sie riechen unauffällig nach »zerriebener Pflanze«. Achtung! Nach diesem Reibetest mit dem Ergebnis »Maiglöckchen« sollte man sich entweder sofort die Hände gründlich feucht reinigen oder bis zur nächsten Gelegenheit dazu tunlichst vermeiden, Gesicht, Augen, Schleimhäute und Mund zu berühren!

Wenn alle drei (!) Kennzeichen auf Bärlauch hinweisen, steht einer reichlichen Ernte nichts mehr im Wege. Es empfiehlt sich, alle gesammelten Blätter zu Hause beim gründlichen Waschen und Sortieren noch einmal gründlich in Augenschein zu nehmen. Mit der Zeit und größerer Sammelerfahrung entwickelt man schnell ein verlässliches Gefühl für die feinen Unterschiede zu versehentlich mitgesammelten, nicht essbaren Blättern. Und an Rezepten für Pestos, Saucen und andere Leckereien herrscht im Internet kein Mangel. Bärlauch passt etwa zu Nudeln, Kartoffeln, Fisch, Fleisch und vielen Gemüsen und ist eine tolle Würzzutat für Butter, Quark, Frischkäse und andere pikante Dips oder Brotaufstriche. Guten Appetit!


Update 12. Mai 2013 zum Kommentar von »Balz«:

Der Unterschied zwischen Bärlauch und dem ebenfalls ähnlich aussehenden und sehr giftigen Krokusgewächs der Herbstzeitlose wird auf der Website kräutergustel.de – ebenfalls mit Fotos – anschaulich erklärt. Die Unterscheidungsmerkmale Blätter, Blüten und Geruch sind dieselben, insofern bleibt der Rat: was nicht in allen Punkten der Beschreibung des Bärlauchs entspricht, sollte nicht auf dem Teller landen.