Kategorie: Ins Netz gegangen

Linktipps und Seltsamkeiten aus dem Internet

Gebratene Auberginen mit Hummus und Zhoug

Fast immer, wenn ich ungefähr alle vierzehn Tage fernbeziehungsbedingt freitags nach Berlin fahre, nehme ich ab Berlin Hauptbahnhof eine Verbindung zum U-Bahnhof Schlesisches Tor und treffe mich dann dort in der Nähe, pünktlich nach seinem Feierabend mit dem Mann im Craft-Beer-Pub »Hopfenreich«, um das Wochenende einzuläuten. Ich weiß nicht, wie oft ich den Weg vom »Schlesi« zum Pub schon gegangen war, als mir eines Tages am Wegesrand ein orientalisches Imbissrestaurant auffiel. Zuerst war es der Name, der an meine Wortspielrezeptoren andockte: »The Hummusapiens«. Dann las ich die Unterzeile »Beirut – Berlin · Levantine Street Food«. Und schließlich fiel mein Blick auf die hinterleuchtete große Speisekartentafel neben dem Eingang. »Mmmh!«, dachte ich, »Da müssen wir mal was »to go« bestellen!

Seit ich die aromatische Kichererbsenpaste kenne, bin ich Hummus-Jünger und habe mich auch schon ausgiebig mit der Herstellung dieser köstlichen veganen Spezialität in der eigenen Küche befasst. Mein persönliches, optimiertes Rezept steht inzwischen seit Jahren eigentlich unverändert fest. Manchmal kürze ich den Prozess etwas ab, indem ich fertig gekochte, konservierte Kichererbsen als Rohstoff nehme, manchmal nehme ich mir die Zeit und weiche geschälte halbe getrocknete Kichererbsen über Nacht ein und koche sie am nächsten Tag selbst. Der Aufwand bringt zwar geschmacklich nur einen überschaubaren Gewinn, aber die Cremigkeit des Endprodukts steigt durch die hüllenlose Trockenware deutlich.

Trotzdem waren es die mundwässernd klingenden Kombinationen auf der Menütafel des Imbiss, die mich über das Hummus hinaus neugierig machten. »Hummus, Harhana Sauce, sesame sauce, bread« gehören zu jedem der Gerichte standardmäßig dazu. Darüber hinaus werden neun Beilagenvarianten angeboten: Bulgur, Falafel, Makali (fritierte Kartoffeln und Auberginen), Hot Batata (marinierte fritierte Kartoffeln), Halloumi, Champignons, gebratenes Rinderhack mit Pinienkernen, Makani-Rinderwürstchen und gebratene Hähnchenleber. Also fünf Mal vegan, einmal vegetarisch und dreimal mit Fleisch. Eine schöne Auswahl. Nachdem ich dem Mann von der Entdeckung berichtet hatte, beschlossen wir an einem der folgenden Berlinwochenenden drei der Gerichte zum Mitnehmen auszuprobieren. Und es war köstlich! Alle Beilagen waren schön gebräunt gegrillt, fritiert oder scharf angebraten, das Hummus war cremig, sesamnussig und weder mit Knoblauch noch mit Zitrone überwürzt und die »Harhana Sauce« entpuppte sich als ein ziemlich scharfes, fein-aromatisches Korianderpesto. Es folgten etliche weitere Schlemmerabende mit verschiedenen Bestellungen und ich freue mich jedesmal wieder, dass es diesen Laden dort gibt.

Diese Woche nun, während ich in Hamburg weile und auch am Wochenende nicht in die Hauptstadt fahre, überkam mich ein großer Appetit nach dem Hummusapiens-Gericht »Hummus Makali« mit fritierten Auberginen. Doch Berlin ist weit. Also hieß es: Wer schlemmen will, muss findig sein! Wie könnte ich das ersehnte Gericht selbst zubereiten? Auf die Kartoffeln wollte ich des Aufwandes und der Kohlehydrate wegen verzichten. Was mich bei der Verkostung des Originalgerichts besonders begeistert hatte und was ich unbedingt auch hinbekommen wollte, waren die krosse Kruste und das cremige, nicht mit Öl vollgesogene Innere der Eierfrüchte. Ich erinnerte mich an zwei famose Tricks dazu aus einem YouTube-Rezeptivideo für das chinesische Auberginenrezept »Yu Xiang Qie Zi«: Zuerst werden die geschnittenen Auberginen für etwa 15 Minuten in Salzwasser eingelegt und anschließend fein mit Speisestärke bepudert, ehe sie in reichlich Öl gebraten werden. Das eingedrungene Wasser bildet eine Barriere im äußeren Fruchtfleisch der Auberginenstücke und mindert so das Eindringen des heißen Öls und die dünne Schicht Stärke sorgt im heißen Fett für eine schöne goldbraune Kruste. Ich beschloss, diesen chinesischen Kniff auf meinen Nachbau des orientalischen Gerichts zu übertragen.

Blieb noch die Frage, woraus die »Harhana Sauce« des Streetfoodladens bestand. Als ich danach googelte, erhielt ich ausschließlich Suchergebnisse, die auf das Hummusapiens zeigten und keine Angaben zu Zutaten oder Zubereitung enthüllten. Also handelte es sich wohl entweder um eine selbst kreierte Sauce mit geheimem Rezept oder um eine zu Marketingzwecken umbenannte regionale Zubereitung mir noch unbekannten Namens. Ich suchte gemäß meiner Analyse des Geschmacks des Dips daraufhin alternativ nach »spicy lebanese cilantro pesto« – und siehe da: es ploppten diverse Rezeptseiten auf für eine pestoähnliche Zubereitung namens »Zhoug« (andere Schreibweisen sind Schug, Skug, S-chug, Schugg, Skhug oder Zhug) aus hauptsächlich Koriandergrün, Knoblauch, (grünen) Chilischoten, Gewürzen und Olivenöl. Die Rezepte unterschieden sich zwar in Nuancen (mit/ohne Petersilie, mit/ohne Zitrone, mit/ohne Kümmel/ Kreuzkümmel/ Korianderkörner/ Pfeffer/ Kardamom), aber die grundsätzliche Beschreibung deckte sich mit meiner Geschmackserinnerung. Nachdem ich einige Rezepte durchgelesen hatte, entschied ich mich für eins, das angenehm raffiniert klang und ergänzte es um die Zutat Kardamom aus einer anderen Variante. Das Ergebnis kam ziemlich dicht an das Aroma der gekauften Sauce heran, im Nachhinein würde ich es nur noch ein wenig optimieren (höherer Anteil Koriandergrün und dafür weniger Petersilie, weniger Zitronensäure, etwas mehr Schärfe durch Chiliflocken). Dem Nachbau des Hummusgerichts stand somit nichts mehr im Weg. Bonus: es ist komplett vegan – und schmeckt vortrefflich!

Zutaten (für 2–3 Personen):

für das Hummus
Eine komplette Zubereitungsmenge Hummus nach meinem Rezept hier im Blog

für die Auberginen
2 Auberginen (ich hatte das Glück, im türkischen Gemüseladen eine sehr lange schlanke Sorte zu bekommen, die waren zum Schneiden und braten perfekt!)
1 EL Speisestärke
1 leicht gehäufter EL Salz
Wasser
Olivenöl zum Braten/Fritieren

für das Zhoug
1 Handvoll Petersilie
3 Handvoll Koriandergrün
1 grüne Chili (mittelscharf bis scharf)
2–3 TL Zitronensaft
ggf. abgeriebene Schale von 1/2 Zitrone
1 gestr. TL Salz
3 kleine Knoblauchzehen
1 gestr. TL Chiliflocken (Pulbiber)
1/2 TL Kardamomsamen (ohne die umgebende Samenkapsel)*
1/2 TL Kreuzkümmelsamen*
1 TL Koriandersamen*
1/2 TL schwarze Pfefferkörner*
100 ml Olivenöl

* wenn gemahlen vorhanden, geht natürlich auch das.

Zuerst die Sauce. Dafür die Kräuter von dicken Stängeln befreien, Knoblauchzehen schälen und grob zerteilen. Die Chilischote von Stielansatz und Kerngehäuse befreien und ebenfalls in grobe Stücke schneiden. Die Gewürze gemeinsam in einem Mörser zerstoßen (oder die gemahlenen miteinander vermischen). Kräuter, Chili- und Knoblauchstücke, Zitronensaft/-schale, Olivenöl und Gewürze im Mixer fein pürieren, ggf. mit Salz/Pfeffer/Chilipulver nach eigener Schärfevorliebe pikant abschmecken und in ein Schälchen umfüllen.

Nun die Auberginen waschen, das untere und obere Ende (Stielansatz) knapp abschneiden und die Früchte in ca. 1,5 cm dicke Scheiben schneiden. Mit dem Salz in eine Schüssel geben und mit Wasser bedecken, alles gut vermischen, damit sich das Salz auflöst und 15 Minuten ziehen lassen. Dann das Wasser gut abgießen und die Auberginen leicht abtupfen.

Das dünne Bepudern mit Stärke geht am besten in einem dünnen Plastikbeutel (z.B. 5-Liter Knisterfolien-Müllbeutel). Auberginen und Stärke in den Beutel geben, den Beutel mit viel Luft drin zudrehen und die Auberginen in dem entstandenen Folienballon gleichmäßig umherbewegen. Auf einen großen Teller oder in eine trockene Schale kippen und dort zum Braten bereithalten.

ca. 5–10 mm hoch Olivenöl in einen Topf oder eine tiefe (Wok-)Pfanne geben und erhitzen, bis von einem hineingehaltenen hölzernen Zahnstocher kleine Bläschen aufsteigen. Die mit Stärke bepuderten Auberginen portionsweise flach hineinlegen und von beiden Seiten goldbraun braten (dauert je Seite etwa 5 Minuten). Die Scheiben sollten in der Pfanne nicht zu dicht aneinanderliegen, denn wenn sie sich beim Braten berühren, kleben sie durch die Stärke aneinander. Die fertig gebratenen Auberginenscheiben auf einem mit Küchenkrepp belegten Teller sammeln und bis zum Verzehr warmstellen. Durch das eingedrungene Salzwasser und die später dazu gereichte Sauce müssen die Auberginen nicht extra gewürzt werden!

Pro Portion einige reichliche Löffel Hummus auf einen Teller geben, einige Auberginenscheiben daneben/darauf portionieren und alles großzügig mit dem Zhoug-Dip beträufeln. Guten Appetit!

Die Zhoug-Zutaten (links) und die fertige Sauce (rechts).
Vegan und lecker! (Die Krümel auf dem Hummus sind darübergestreutes Za’atar-Gewürz).

Portale, Gepflogenheiten und ein adoptiertes A

Ich habe gerade die Ello-App von meinem iPhone gelöscht, denn das gleichnamige Social Network ist anscheinend tot. Da die URL komplett unerreichbar ist, gab es keine Möglichkeit, meinen dortigen, aber auch schon lange brachliegenden Account aktiv zu löschen. Nun ja. Auch von Twitter verabschiede ich mich derzeit auf Raten. @wortgeburt wurde bereits archiviert, transferiert und anschließend gelöscht, das Tweet-Archiv meines Hauptaccounts @formschub habe ich vor ein paar Tagen voraussichtlich letztmalig angefordert und heruntergeladen. Ich bin dort zwar noch angemeldet, lese gelegentlich mit und hefte hier und da ein Sternchen an einzelne Tweets, ganz selten retweete ich noch, aber die Luft ist raus, der Spaß ist weg. Die gelegentlichen Besuche hinterlassen ein Bild von irgendwas zwischen einem trotzig besetzten Gallischen Dorf, einer in nostalgischen Pastelltönen verbleichenden Geisterstadt und einer misanthropen Kloake. Ein anderes Social Network, das ich so gut wie gar nicht (mehr) nutze, ist XING. Ich war dort mal in einigen User-Gruppen recht aktiv, habe Kontakte zu netten Kunden und Weggefährten gesammelt und gehortet und sogar hin und wieder für meine Jobprojekte einzelne sehr kompetente und nette Freelancer rekrutieren können (das ist auch der Hauptgrund, aus dem ich den Account zwecks künftiger Nutzung noch behalte), aber ich könnte nicht aus dem Stegreif sagen, wann ich mich dort zum letzten Mal eingeloggt habe.

Notgedrungen wieder etwas aktiver geworden bin ich dafür bei LinkedIn. Im Mai 2023 hatte unsere Agentur ein maritimes Wirtschaftsevent in Hamburg gesponsert und das nahm ich einige Wochen vorher zum Anlass, meinen dort ebenfalls schon vorhandenen schlafenden Account wieder zu reaktivieren. Man will ja nicht den Eindruck einer Karteileiche erwecken, wenn ein Konferenzteilnehmer einem anhand der überreichten Visitenkarte hinterherrecherchiert und nur Gestriges vorfindet. Aber was sollte ich dort schreiben? Eine Präsenz auf mehreren parallelen Social-Media-Plattformen erfordert ja grundsätzlich Antworten auf vielfältige Fragen: Kann mir dieses Netzwerk etwas bieten oder nutzen, »gehöre« ich dorthin, bin ich dort richtig? Habe ich generell (zusätzlich zu meiner Präsenz auf anderen Plattformen) die Zeit und die Lust, dort aktiv zu sein, Inhalte zu erstellen, zu konsumieren oder zu teilen, Kontakte zu knüpfen oder mit anderen Mitgliedern über Likes und Kommentare zu interagieren? Und letztlich: WAS kann oder will ich dort überhaupt veröffentlichen? Hat es Sinn, Beiträge von anderen Plattformen zu crossposten, Fremdbeiträge zu teilen oder möchte ich selber neuen, eigenen Content kreieren? Wie viel Aufwand, Recherche, Ideen will und kann ich dafür investieren? Kann ich Inhalte bieten, die nicht in ähnlicher Form oder mit gleicher Thematik schon von ’zig anderen Usern gepostet wurden? Wie »privat« oder wie »beruflich« gebe ich mich auf den verschiedenen Plattformen?

Ich persönlich fühle mich auf den eher »privaten« Plattformen deutlich wohler als auf primären Businessportalen. Ich habe einerseits keine Lust, mich auf Plattformen, auf denen ich täglich Zeit verbringe, zu verstellen oder mich anders darzustellen, als ich bin. Andererseits habe ich aber auch keine Lust, allzuviel Privates von mir preiszugeben. Seit ich im Internet unterwegs bin, versuche ich, meine privaten und meine beruflichen Präsenzen weitgehend getrennt zu halten. Ich thematisiere auf meinen privaten, informellen Accounts oder in diesem Blog so gut wie nie meine Firma, Kunden oder Agenturprojekte und verlinke auch nicht dorthin. Umgekehrt verweise ich auf Business-Plattformen nicht auf mein Blog oder meine privaten Social-Media-Accounts. Ich mache zwar mit dem iPhone öfter mal Selfies, aber ich poste sie so gut wie nie. Jemand, der mir von meinen privaten Accounts aus hinterherrecherchiert, wird zwar irgendwann Fotos von mir entdecken können, aber ein bisschen Arbeit darf das schon machen. Auf den Business-Accounts bin ich zwar mit Klarnamen und Profilbild präsent, aber von dort aus führen keine breiten beleuchteten Pfade zu Twitter bzw. inzwischen zu Mastodon oder Bluesky.

Warum mache ich das so? Meine Grunderfahrung auf den privaten Plattformen ist, dass mit mir anders umgegangen wird, wenn mein Gegenüber nur wenige persönliche Informationen von mir hat und der Rest des Bildes, das er/sie von mir hat, allein in seinem/ihrem Kopf auf Grundlage des Contents entsteht, den ich produziere. Es bleibt zunächst im Dunkeln, wie alt ich bin, ob ich männlich, weiblich oder divers bin, wo ich wohne, welchen Beruf oder welche Hautfarbe ich habe usw. Das empfinde ich auch im Falle verbaler Angriffe als Vorteil, denn die Unschärfe, die ich auf diese Weise aufrechterhalte, bietet weniger Angriffsfläche und beschränkt einen Wortwechsel stärker auf Inhalt und Formulierung der Kommunikation als auf Projektionen, Rollenbilder, Vorurteile oder Erwartungen, denen ich durch eine Preisgabe persönlicher Details den Weg bereiten würde. Ich selbst mag das auch bei anderen Usern. Auf Twitter habe ich mal geschrieben, »Twitter ist der tollste Ort, um Gleichaltrige zu treffen, selbst wenn sie Jahre früher oder später geboren sind als man selbst«. Ich finde es großartig, wenn ich einen Menschen, dem ich online begegne, allein danach beurteilen darf, was er oder sie mir mitteilt. Ich lese die Person und bewerte sie nur auf dieser Grundlage als interessant, amüsant, liebenswert, scharfsinnig, kompetent oder empathisch, ich muss sie nicht sehen oder in eine Kategorie einsortieren, nur weil ich ihre biografischen Details kenne. Ich schaue mir selten Avatarbilder in vergrößerter Darstellung an und mag abstrakte oder illustrative Avatarbilder viel lieber als fotografische Portraits. Auch ein Grund, warum ich auf meinen privaten Accounts seit jeher mit meiner »Ente« unterwegs bin. Die wechselt zwar hin und wieder Thema oder Farbe, aber sie ist mein »Markenzeichen« anstelle eines Gesichtsbildes. Die Ente ist ein friedliebendes Tier. Sie sieht hübsch und freundlich aus, kann zu Wasser, zu Land und in der Luft unterwegs sein, sie attackiert niemanden, greift keine anderen Tiere an und macht nette Geräusche, die sich im Rahmen von Zimmerlautstärke bewegen. Das macht sie mir ein wenig ähnlich und vermutlich deshalb als Repräsentanten auch so anhaltend sympathisch. Auch ich bin ein eher introvertierter, stiller Mensch, suche mir meine wenigen Freunde sorgsam aus, bin wenig risikoaffin, bleibe lieber allein als mich mit der »falschen« Gesellschaft zu umgeben und bin gegenüber Fremden eher schüchtern, was sich aber schnell ändern kann, wenn gegenüber einer »neuen« Person ein Gefühl der Vertrautheit und des Vertrauens entsteht. Ich höre lieber zu und schweige sehr lange, und wenn ich dann etwas sage, meist erst, wenn ich der Meinung bin, nun genug zu wissen, um etwas Neues beitragen zu können oder weil ich eine Frage habe. Ich formuliere in Wort und Text sehr bedacht, das führt oft zu sehr knappen Äußerungen, was mir bisweilen von Menschen, die mich (noch) nicht so gut kennen, fälschlicherweise als Arroganz ausgelegt wird, dabei ist meine Intention lediglich, effizient zu kommunizieren und so weit wie möglich Missverständnisse zu vermeiden. Denn ich verbringe viel lieber Zeit damit, interessante Gespräche zu führen als darüber zu reden, was ich wie gemeint haben könnte oder eigentlich sagen wollte. »Effizienz ist die edelste Art der Faulheit«, hatte ich irgendwann mal gepostet und das beziehe ich auch ausdrücklich auf Sprache und Kommunikation. Ich mag keine Schwätzer und Dampfplauderer und möchte auch selbst keiner sein. Darauf komme ich gleich noch mal zurück.

Beim Verfassen und Vorbereiten dieses Blogbeitrags stieß ich auf eine unbeantwortete Frage, die mir ein User auf Mastodon schon im Februar stellte und die mir irgendwie durch die Lappen gegangen ist: »Was bedeutet eigentlich Dein Nickname formschub?« Auch das kann ich gerne hier mal beantworten. 2005 oder 2006 wollte ich mich beruflich verändern und begann im Rahmen meiner Bewerbungsinitiativen damit, mir meine erste eigene Website zu bauen. Ich wollte dort mein Portfolio als Grafik-Designer präsentieren und suchte natürlich zuerst nach einem Namen für eine geeignete Domain. Bei der Recherche nach sowohl ungewöhnlichen als auch deutschsprachigen Begriffen rund um das Assoziationsfeld »Gestaltung«, »Formgebung«, »Design« stieß ich auf das im Sportbereich ab und zu genutzte Wort »Formschub« (englische Begriffe fand ich zu prätentiös, obwohl oder vielleicht gerade weil sie in der Werbe[r]szene sehr populär sind). Das Wort bezeichnet einen plötzlichen Anstieg der Leistungsfähigkeit von Athleten, wenn sie kurz vor einem Wettkampf noch einmal besonders intensiv und konzentriert trainieren (z.B.: »Ein Trainingslager in Neuß während der Osterferien brachte für Sophia Schmidt einen weiteren Formschub«). Aber ich interpretierte es visuell – als den Schub, den ich der graphischen Form (also dem Design) mit meiner Arbeit geben möchte. Zudem wurde das Wort sowohl im Sport und erst recht darüber hinaus ziemlich selten benutzt, so dass die Domain noch frei war und die generelle Auffindbarkeit im Netz damit begünstigt wurde. Und da lag es natürlich nahe, den Namen auch für mein erstes Blog auf dieser Domain und die alsbald erstellten ersten und nachfolgenden Social-Media-Profile zu nutzen. Ich glaube, ich habe den Begriff inzwischen recht erfolgreich »gekapert«, wenn ich mir so die aktuellen Suchergebnisse anschaue. 🙂

Ach ja, LinkedIn. Vor ein paar Tagen las ich einen kommentierenden Artikel bei heise.de mit der Überschrift »Wie LinkedIn das neue Facebook – und dann cool wurde​«. Naja. »Cool« ist dort aus meiner Sicht nicht wirklich viel. Aber da ich mich entschieden habe, dort mit einem gewissen Grundrauschen in beruflicher Mission präsent zu sein, muss ich mir natürlich auch überlegen, womit. Nach einigen Wochen mit teils etwas längeren, aufwendigeren oder rechercheintensiveren Beiträgen merkte ich, dass mir das auf Dauer zu anstrengend ist, auch im Hinblick auf die überschaubare Anzahl der Leser, denn ich bin auch eher zurückhaltend mit der Praxis des Vernetzens auf Businessportalen. Ich vernetze mich entweder mit Leuten, mit denen ich beruflich vor der Vernetzung persönlich in Kontakt gekommen bin oder mit Menschen, auf deren Erfahrung und Kompetenz ich bevorzugt in meinem Job oder bei einzelnen Projekten zurückgreife. Und sie müssen nett sein, sonst wird das nix. Wenn die Chemie nicht stimmt oder Allüren wichtiger als Teamwork sind, bleibt jede (insbesondere kreative) Zusammenarbeit nach meiner Erfahrung weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. Darauf habe ich keine Lust. Andere XING- oder LinkedIn-Mitglieder sehen das anscheinend weniger eng. Mindestens einmal die Woche erhalte ich Nachrichten oder Kontaktanfragen von frappanter Beliebigkeit, etwa »Hey, ich habe gesehen, du atmest auch Sauerstoff und gehörst zur Spezies Homo sapiens – und da dachte ich, wir haben so viel gemeinsam, dass ich mich gern mit dir vernetzen möchte!« Ja. Du. Ich nicht.

Mir fehlt auch das Talent, mich im Voraus wirksam zu verkaufen. Ein Grund, warum ich auch auf Live-Business-Netzwerktreffen sehr selten anzutreffen bin. Beruflicher Smalltalk ist mir ein Graus, insbesondere mit Menschen, denen ich neu begegne. Wenn ich frühere kreative Arbeiten oder abgeschlossene Projekte präsentieren kann, die ich selbst mitgestaltet habe, bin ich in meinem Element. Denn dann kann ich über etwas sprechen, was ich bereits geleistet habe, über eine Aufgabe, die ich gemeistert habe, eine Lösung, die ich für ein gestalterisches Problem fand, über fachliche Aspekte, mit denen ich mich auskenne. Aber vorab jemanden zu umwerben, mit nichts als einer Visitenkarte und wohlgewandten warmen Worten, das will mir nicht so recht gelingen. Deshalb gehe ich solchen Situationen lieber aus dem Weg – darin sind meine Kollegen wesentlich besser. Und da ich halt kein »Schwätzer« bin (siehe oben), fehlt mir auch der Drang, mich auf LinkedIn mit meinen beruflichen Tätigkeiten oder Skills permanent selbst darzustellen oder zu feiern. Ich will keine Whitepaper schreiben oder »einen vom Pferd erzählen«, doch das erschwert wiederum die Themensuche für eigene Postings. Ich möchte den Lesern auf dem Portal zwar Dinge nahebringen, die sie womöglich noch nicht wissen, die interessant sind, die sie amüsieren oder überraschen und die sie idealerweise so auf anderen Profilen nicht ebenfalls vorfinden, aber ich mag dabei nicht posen, blenden oder (man)splainen.

Dann kam mir die Idee, eine regelmäßige Posting-Kategorie zu etablieren, die sich einem Thema widmet, das mich sowohl privat als auch beruflich begeistert: Typographie. Seit einigen Monaten gibt es daher nun auf meinem LinkedIn-Profil die Rubrik »Typographisches Fundstück der Woche« unter dem dafür erdachten Hashtag #tyfudewo. Als konstanten Stichtag für die wöchentlichen Beiträge wählte ich den Freitag, denn da steht das Wochenende vor der Tür und viele Büromenschen sind an diesem Tag etwas entspannter und feuilletonaffiner als an den Werktagen davor. Im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte habe ich auf all meinen Wegen und Reisen einen ansehnlichen Foto-Fundus typographischer Fundstücke angehäuft und ständig kommen neue hinzu. Damit habe ich genug Stoff auf Jahre hinaus, kann zu einzelnen Motiven kleine Anekdoten oder Hintergrundinformationen liefern, muss mir wenig Gedanken um neue Themen machen, muss nicht lange recherchieren, bin fachlich sattelfest und kann zugleich auch meine eigene berufliche Kompetenz einbringen. Win-win.

Und manchmal finde sogar ich durch eins meiner eigenen Postings noch Dinge heraus, die ich bislang noch nicht wusste. Als ich heute meinen nächsten LinkedIn-Beitrag für Freitag vorbereitete, wählte ich ein Foto, das ich vor 15 Jahren in einer Seitenstraße in Berlin geknipst hatte. Ich fuhr damals zufällig dort mit dem Fahrrad an einem Schaufenster vorbei, durch das man in einen großen leeren Raum sehen konnte. Auf dem Boden darin lag knapp ein Dutzend großer gelber Leuchtbuchstaben, die wohl zuvor zwecks Ausmusterung von einer Fassade oder einem Dach abmontiert worden waren und nun in dieser provisorischen Lagerstätte ihrer Entsorgung zu harren schienen. Auf meiner Festplatte trägt die Bilddatei den Namen »CIMG3710_Typofriedhof.jpg«. Für was die Buchstaben einst warben, wusste ich nicht. In der Nähe der Fundstelle war ich damals selten unterwegs und erinnerte mich nicht daran, welche Leuchtreklamen die Gebäude in der Gegend trugen.

Heute versuchte ich nachträglich, für meinen kurzen Posting-Text dann doch noch die Herkunft der gelben Lettern zu erkunden, machte mir aber anderthalb Jahrzehnte nach der Entstehung des Fotos nur wenig Hoffnungen. Doch siehe da: es gab eine Überraschung! Ich stieß nach einigen Recherchen auf einen Beitrag, in dem die abgenommenen Buchstaben ebenfalls erwähnt wurden. Ein A konnte damals vor der Vernichtung bewahrt werden und wurde in die Sammlung des Berliner Buchstabenmuseums aufgenommen. Und nachdem ich nun den Namen des werbetreibenden Unternehmens kannte – es war das ehemalige Modekaufhaus EBBINGHAUS am Spittelmarkt und einst der größte Textilfilialist Berlins, fand ich bei Wikipedia ein Foto des Gebäudes mit der intakten Beschriftung, wohl kurz vor der Demontage. Das Gebäude wurde kurz darauf abgerissen, vielleicht stand es bereits an dem Tag schon nicht mehr, als ich die ausgemusterten Buchstaben vorfand. Kurios ist, dass die Reihenfolge der abgelegten Buchstaben im obigen Bild sogar noch annähernd mit derjenigen im ursprünglichen Namen übereinstimmt und hinten an der Wand lehnt tatsächlich auch das vom Museum adoptierte A.

Bildquelle: Wikipedia | Foto: Rafigonzalez (Public Domain)

Und so werden Gebäude abgerissen und weichen neuen Bauwerken, genauso wie Social-Media-Portale verwaisen oder degenerieren und andere ihren Platz einzunehmen versuchen. Und ich habe durch die Aufbereitung eines kleinen LinkedIn-Beitrags eine 15 Jahre alte Geschichte zuende erzählt bekommen. Der thematische Bogen in diesem Beitrag war vielleicht heute reichlich weit gefasst, aber irgendwie, finde ich, passte es dann doch wieder ganz gut zusammen.

Blögchen, wechsel dich!

Letzten Samstag bekam ich einen Schreck. Als ich mich als Admin ins WordPress-Backend meines Blogs einloggen wollte, ging nichts mehr. Der vermeintliche Login-Prozess dauerte ewig, am Ende wurde lediglich eine Fehlermeldung eingeblendet: »502 Proxy Error – The proxy server received an invalid response from an upstream server. The proxy server could not handle the request. Reason: Error reading from remote server«. Uff.

Die gute Nachricht: Das Blog war abseits des Login-Fehlers im Netz fehlerfrei aufrufbar. Die schlechte Nachricht: Das letzte Backup war einige Monate her (KEIN MITLEID!). Also suchte ich nach Berichten und Tipps in Foren, Blogs und auf Hilfeseiten, was die Ursache sein könnte. Am Abend zuvor hatte ich noch vor dem Einschlafen mit dem mobilen WordPress-Client vom Bett aus einen Beitragskommentar freigegeben und beantwortet, doch auch dieser App war nun jeder Login-Zugriff verwehrt. Über Nacht hatten keine protokollierten Updates von Plugins, der PHP-Version oder WordPress selbst stattgefunden. Es blieb ein Rätsel. Die Recherche ergab, dass oftmals Plugins für diese Fehlermeldung verantwortlich sind und es gab auch Tipps, wie ich alle oder einzelne Plugins mittels eines FTP-Clients – der glücklicherweise eingerichtet vorhanden war und auch funktionierte – deaktivieren und so systematisch prüfen konnte, wo der Übeltäter zu vermuten war. Inzwischen war auch eine E-Mail aus dem Backend eingetroffen, die zwar nochmals für Herzklopfen sorgte mit Betreff und Einleitung (»Deine Website hat ein technisches Problem« / »ein Plugin oder ein Theme hat einen fatalen Fehler auf deiner Website verursacht«) , aber auch zwei wichtige Hinweise zur Fehlerbehebung enthielt, nämlich den Namen des Plugins sowie einen Login-Link, der Zugriff auf das WordPress-Backup im »Wiederherstellungsmodus« ermöglichen sollte. Und das klappte!

Ich beschloss daraufhin, nicht nur das vermeintlich fehlerhafte Plugin zu deaktivieren bzw. zu ersetzen, sondern das Blog insgesamt einer Generalüberholung zu unterziehen: alle Plugins auf Kompatibilität prüfen, nicht (mehr) benötigte abzuschalten und zu entfernen bzw. durch neue oder besser bewertete zu ersetzen, die PHP-Version zu aktualisieren und das jüngste Update des WordPress-Core selbst zu installieren. Doch auch mein Backup-Plugin »BackWPup« wies nun Fehlfunktionen auf. Trotz der bis zum Ende durchgeführten Backup-Prozedur wurden bei mehreren Durchgängen und mit unterschiedlichen Backup-Konfigurationen zwischen 9.000 und 20.000 »Warnungen« ausgegeben: »Trying to access array offset on value of type bool«. Also auch dieses Plugin ausgetauscht. Das neue, »UpdraftPlus« lief anstandslos, na also. Nach dem Schreck erschien es mir sinnvoll, ein Backup-Schema mit regelmäßigen Sicherungsintervallen einzurichten und schließlich funktionierte alles wieder fehlerfrei. Hurra!

Dennoch wollte ich es dabei nicht bewenden lassen. Die Anzahl der Plugins könnte noch weiter verringert werden, mein schon etwas betagtes Theme »Treville« auf eine neuere, komfortabler zu handhabende Generation umgestellt werden und das Design einem behutsamen »Facelift« unterzogen werden. Also, auf ans Werk!

Als ich den »Look« des Blogs kritisch betrachtete, war ich damit insgesamt immer noch recht zufrieden. Mein Farbschema, die gewählten Schriften, die vom »EXPO2000«-Logo inspirierte Headergrafik, das Seitenlayout – eigentlich war das immer noch »ich«, obwohl dieser Look bereits seit November 2012 im Einsatz ist. Ein gutes Zeichen, also beschloss ich, das Design nur minimal zu aktualisieren und ansonsten dabei zu bleiben.

Da die Arbeit mit HTML und CSS nicht mein täglich Brot ist und meine Kenntnisse darin begrenzt sind, suche ich beim »Blogbasteln« recht oft Unterstützung auf Seiten wie mdn web docs‘ CSS reference oder W3Schools, bislang auch stets mit Erfolg. Diesmal beschloss ich, versuchsweise zusätzlich ChatGPT zur Prüfung und Optimierung meiner selbstgebastelten Codeschnipsel hinzuzuziehen. Das klappte im Prinzip auch sehr gut, lediglich bei der Schlussprüfung der lokalen Schrifteinbindung baute mir die K.I. einen ziemlich groben Fehler bei der Auszeichnung der »Fallback-Schriften« in den CSS-Code ein, der zwar anfangs plausibel aussah, aber bei der Anwendung zum kompletten Versagen des Stylesheets führte. Erst mithilfe menschlicher Ratgeber via Mastodon konnte ich den Lapsus wieder ausmerzen.

Jetzt sieht alles so aus, wie es aussehen soll, funktioniert (der ersten Prüfung nach) fehlerfrei, auf dem neuesten Stand mit einem neuen WordPress-Theme und gut gesichert mit einem periodischem Backup-Plan. Ich hoffe, meinen Besuchern und Lesern gefällt’s.

Ausschnitt einer deutschen Originalzeichnung für die »Lustigen Taschenbücher«, selbst geknipst im Erika-Fuchs-Haus in Schwarzenbach (Saale).

Kleine Teilchen, kluge Worte

Wenn bei mir ein »Fernsehabend« auf dem Sofa ansteht, teile ich das Programm gerne in zwei Abschnitte: der frühe Abschnitt vollzieht sich – außer es wird ein aufwendigeres, mehrgängiges Menü serviert – meist zeitgleich mit der Einnahme des warmen oder kalten Abendessens und besteht zumeist aus einer interessanten Dokumentation. Nach dem Essen wechselt das Programm dann zu Serienfolgen oder Speilfilmen von der beharrlich nicht schrumpfenden Watchlist.

Bei den Dokumentationen stellen Reise-/Länder-, Tier- oder Naturdokus einen großen Teil, ein zweites großes Segment widmet sich wissenschaftlichen Themen. Von Kindesbeinen an bin ich fasziniert von Wissenschaft, es begann mit »WAS IST WAS?-Büchern«, TIME LIFE Bildbänden und allerlei weiteren Sachbüchern, erst aus der Schulbibliothek, später auch in Form eigener Anschaffungen für die heimische Bibliothek. Hirnforschung, Psychologie, Mathematik, Physik, Astronomie, Chemie, Informatik – wenn das Medium ein Thema fesselnd und anschaulich rüberbringt, bin ich für alles offen. Gute Wissenschaftler geben nicht auf, wenn ein Experiment misslingt, sie versuchen, den Grund herauszufinden und versuchen, es zu wiederholen. Wenn ein Experiment einer ihrer Theorien widerspricht, sind sie höchstens kurz frustriert, dann versuchen sie auf Basis der neuen Daten ihre Prämissen anzupassen und forschen weiter. Glauben steht über wissen, erforschen über vermuten. Das kommt meiner eigenen Attitüde sehr nahe, deshalb sind mir Wissenschaftler vom Wesen her oft sehr sympathisch.

Vor zwei Tagen sah ich auf dem GEO-Channel bei Amazon Prime die Teilchenphysik-Doku »Particle Fever« aus dem Jahre 2013, die auch auf YouTube zu finden ist. Größtenteils im O-Ton und ohne darübergelegten Off-Kommentar dokumentiert sie die Arbeit von Wissenschaftlern auf der Suche nach dem »Gottesteilchen« genannten Elementarteilchen namens »Higgs-Boson« im LHC. Der LHC oder »Large Hadron Collider« ist ein Teilchenbeschleuniger am Europäischen Kernforschungszentrum CERN bei Genf (mehr bei Wikipedia).

»Zum ersten Mal kann das Publikum in einem Film einen bedeutenden und inspirierenden wissenschaftlichen Durchbruch aus der ersten Reihe miterleben, während er geschieht. ›Particle Fever‹ begleitet sechs brillante Wissenschaftler beim Start des Large Hadron Collider, dem größten und teuersten Experiment in der Geschichte der Menschheit, das an die Grenzen des menschlichen Erfindergeistes stößt.

Auf der Suche nach den Geheimnissen des Universums haben sich 10.000 Wissenschaftler aus über 100 Ländern zusammengetan, um ein einziges Ziel zu verfolgen: die Bedingungen, die nur wenige Augenblicke nach dem Urknall herrschten, zu reproduzieren und das »Higgs-Boson« zu finden – ein Elementarteilchen, das möglicherweise den Ursprung aller Materie erklären könnte. Doch die Protagonisten stehen vor einer noch größeren Frage: Haben wir bereits unsere Grenzen erreicht, wenn es darum geht zu verstehen, warum wir existieren?

Die Dokumentation ist entstanden unter der Regie von Mark Levinson, einem Physiker, der zum Filmemacher wurde, auf Anregung und Initiative des Produzenten David Kaplan und meisterhaft geschnitten von Walter Murch (›Apocalypse Now‹, ›Der englische Patient‹, ›Der Pate‹-Trilogie). ›Particle Fever‹ ist eine Hommage an den Forschergeist und erzählt die menschlichen Geschichten hinter der gigantischen Maschine des LHC.«

(Übersetzt und leicht editiert nach dem Begleittext bei YouTube)

Zwei Zitate der interviewten Forscher sind mir dabei besonders aufgefallen, denn sie spiegeln eine Geisteshaltung wider, die in der Gegenwart immer seltener zu werden scheint: das Hinterfragen dessen, ob alles, in das Geld und Zeit investiert wird, wirklich immer einen messbaren materiellen oder ökonomischen Nutzen erbringen muss und das Verhältnis zu objektiver Wahrheit und belegbaren Fakten. Deshalb möchte ich die von mir transkribierten Zitate hier gerne weitergeben, verbunden mit der Anregung, die Dokumentation bei Interesse komplett anzuschauen.

David Kaplan, Theoretischer Physiker am CERN:
»Es fällt Physikern schwer, zu erklären, warum wir diese Experimente machen. Die Maschine dient nicht militärischen Zwecken. Es sind keine kommerziellen Zwecke. Es geht darum, die Grundgesetze der Physik zu verstehen. (…) Man kann es damit vergleichen, einen Menschen auf den Mond zu schicken. Es ist eine gemeinsame Anstrengung. Ich würde sogar sagen, noch größer. Es ist mehr wie der Bau der Pyramiden. Warum machten die Ägypter das? Warum machen wir das? (…) Wir reproduzieren die Physik, die Bedingungen gleich nach dem Urknall. Wir machen das in diesem Collider, damit wir sehen können, wie es war, als das Universum entstand. Wir versuchen die Grundgesetze der Natur zu verstehen. (…) Falls das Higgs-Boson tatsächlich existiert, werden wir es entdecken.«

Zwischenfrage:
»Ich bin Ökonom (…) Nehmen wir an sie sind erfolgreich und alles klappt so wie geplant. Was haben wir davon? Was ist der ökonomische Ertrag? Womit rechtfertigen Sie das alles?«

Kaplan:
»Was ist der finanzielle Gewinn eines solchen Experimentes und aus den Erkenntnissen, die wir daraus gewinnen? Es gibt eine sehr einfache Antwort: Ich habe keine Ahnung. Wir haben keine Ahnung. Als einst die Funkwellen entdeckt wurde, nannte man sie nicht Funkwellen, weil es noch keinen Funk gab. Sie wurden als eine Art Strahlung entdeckt. Grundlagenwissenschaft und große Durchbrüche müssen auf eine Ebene passieren, auf der man nicht nach finanziellem Gewinn fragt. Man fragt: Was wissen wir nicht? Und wo können wir Fortschritte machen? Vielleicht ist es für nichts anderes gut, als alles zu verstehen.«

(eigenes Transkript)

Das zweite Zitat stammt von einem anderen Wissenschaftler.

Savas Dimopoulos, Teilchenphysiker an der Universität Stanford:
»Ich wuchs als Kind griechischer Eltern in der Türkei auf, in einer bürgerlichen Familie. In den 1960ern mussten wir fliehen. Wir mussten die Türkei verlassen, aufgrund politischer Spannungen zwischen Griechen und Türken wegen der Insel Zypern. Es gab viele politische Strömungen: Linke, Rechte … und ich war ein naiver Dreizehnjähriger, der sich die Argumente pro Linke und pro Rechte anhörte. Und war einmal davon überzeugt, dass die eine Seite recht hatte, am nächsten Tag die andere. Das verwirrte mich. Wie können sie beide wahr sein, wenn sie im Gegensatz zueinander stehen? Also entschied ich mich für ein Feld, in dem die Wahrheit nicht auf der Eloquenz des Redners beruht. Die Wahrheit ist absolut.«

(eigenes Transkript)

Ich wünschte, diese Sicht der Dinge würde wieder populärer, aber viel Hoffnung habe ich in einer Welt mit radikalen Кonservatisten, Querdenkern, der FDP, Νeurechten, Νationalisten und evangelikalen Сhristen nicht.

Die Endkappe des Compact Muon Solenoid am Large Hadron Collider am CERN | Foto: Wikimedia Commons, Lizenziert unter CC BY-SA 3.0

Neues von der Börse

Schon im September 2011 brachte mich eine tagesaktuelle Börsennotiz einst zum Schmunzeln. »DAX zieht den Nikkei in den Strudel« stand da – und warf mein sehr empfängliches Kopfkino sofort an. Der DAX vollzog seither allerlei weitere Kapriolen und der Metaphernbrunnen der Tickertextenden in den Wirtschaftsredaktionen scheint unerschöpflich. Da ich mich derzeit, teils zwecks beruflicher Fortbildung, teils aus persönlichem Interesse, gerade experimentell mit der Bedienung des K.I.-Bildgenerators »Midjourney« beschäftige, kam ich kürzlich auf die Idee, einige der besonders bildhaften Marktberichte vom DAX in künstlich generierte Bildmotive zu übertragen. Manche Bilder musste ich nachträglich noch ein wenig mit Photoshop bearbeiten, so weigerte sich die K.I. zum Beispiel beharrlich, dem erschöpft rastenden DAX die Zunge aus dem Maul hängen zu lassen, aber es waren wirklich nur Kleinigkeiten – der Rest ließ sich durch Verfeinerung der sog. »Prompts« recht gut steuern.

Hier meine kleine Galerie:

Soweit zur Börse – wir geben zurück ins Studio.

Edit: Ich konnte nicht anders … hier kommen noch drei:

Radbericht (I)

Im Sommer 2019 hatte ich mir mein erstes E-Bike gekauft. Ich war schon zuvor im Jahr 2014 auf die niederländische Firma VanMoof aufmerksam geworden, als ich nach einem schick designten »normalen« Fahrrad suchte und mir seinerzeit das Modell M2 zulegte (Edit: VanMoof kämpft offenbar seit Ende Juni gegen seine Insolvenz, siehe Updates am Ende dieses Beitrags). 2017 brachte das Unternehmen dann sein erstes elektrisch angetriebenes Rad (VanMoof Electrified S1) auf den Markt und nahm die »manuellen« Modelle nachfolgend aus dem Sortiment. Anfang 2019 bewarb VanMoof dann die elektrischen Nachfolgemodelle Electrified S2 und X2 und köderte Neukunden mit einem »Early Bird Offer«, der das größere Modell S2 zum Sonderpreis von 2.598 EUR anbot (der UVP betrug stattliche 3.398 EUR). Die Optik überzeugte mich, die in den Folgemonaten veröffentlichten Testberichte waren geradezu überschwenglich – und so griff ich zu. Knapp 8 Wochen musste ich warten, dann wurde das elektrifizierte Objekt der Begierde geliefert und ich durfte es »unboxen«.

Das VanMoof Electrified S2, frisch aus dem Karton (24. Juli 2019)

Ich bin eher ein »Schönwetterradler«, da ich in Hamburg als autoloser Verkehrsteilnehmer auch problemlos bei Regen, Schnee und Sturm mit dem ÖPNV an meine Ziele komme. Dennoch bin ich das Rad in den vergangenen 4 Jahren gut 2.700 km gefahren und habe in dieser Zeit genug Gelegenheit gehabt, die Vorteile und Nachteile, die es aus meiner Sicht hat, zu erkennen und zu beurteilen.

Das schicke Design gehört zweifellos zu den Vorteilen. Zu Beginn war die Marke VanMoof in Deutschland noch nicht allzu bekannt und so wurde ich mehr als einmal an der roten Ampel auf das Rad angesprochen. Ein weiteres hochgeschätztes Feature war für mich stets der sogenannte »Boost-Button« am rechten Lenkergriff. Man kann zwar den Grad der Motor-Unterstützung aus 5 Stufen wählen (0 bis 4), aber sowie man den Boost-Button gedrückt hält, schaltet der Motor für die Dauer des Knopfdrucks die volle Motorleistung dazu. Das verbraucht zwar bei häufiger Nutzung spürbar mehr Akku, aber es ist eine Freude an Steigungen, beim Start an der Ampel oder beim Überholen. Das im Oberrohr integrierte LED-Display zeigt u.a. Ladezustand, Motorstufe und Geschwindigkeit an und ist auch bei hellem Tageslicht gut ablesbar. Die breiten Reifen haben einen guten Grip, der Sattel ist auch während längerer Fahrten komfortabel und die Bedienung des Rades ist insgesamt recht intuitiv. Ein weiterer Pluspunkt ist die Möglichkeit, das Rad mit einem integrierten Bolzenschloss an der Nabe zu verriegeln und elektronisch zu entsperren. Auch der laute, fauchend-elektronische Warnton, den das Rad von sich gibt, wenn es in abgesperrtem Zustand bewegt wird, ist eindrucksvoll. Im Rad ist eine SIM-Karte eingesetzt, die es ermöglicht, es bei Verlust oder Diebstahl per GPS zu orten, die Lokalisierungsfunktion ist in die App integriert. Eine coole Idee, die mich ebenfalls überzeugte.

So mittelgut fand ich nach einiger Zeit, dass das Rad zwar zusätzlich zur Motor-Unterstützung zwei mechanische Gänge anbietet, die nicht per Schalthebel, sondern per »Automatik« gesteuert werden. Das hat oft nicht so gut geklappt. Die Gänge schalteten nicht rechtzeitig oder mit einem hörbar lauten »Ruck« und zwei Gänge fühlten sich auch nach etlichen gefahrenen Kilometern mit der Zeit etwas wenig an. Im Lieferumfang des Rades ist kein Gepäckträger enthalten, den musste ich für 59 EUR hinzukaufen. Die elektronische Klingel ist zwar ausgesprochen laut, aber der sonderbare Klingelton, der an die Glocke eines Eiswagens erinnert, klingt so wenig »nach Fahrrad«, dass Passanten das Geräusch oft gar nicht mit mir als herannahendem Radfahrer assoziierten und trotzdem weiter auf dem Radweg umherliefen. Auch hier musste ich mir eine »manuelle« Klingel hinzukaufen und montieren, mit der dies dann wesentlich besser funktionierte. Die Integration der App war im Großen und Ganzen okay, aber es gab doch häufiger mal Hänger, Verbindungsprobleme und später mit steigender Versionsnummer auch Funktionen, die mit meinem S2-Modell nicht (mehr) so gut funktionierten wie zu Beginn. Offenbar hatte VanMoof die App mit dem Erscheinen der Nachfolgemodelle Electrified S3 und X3 und wiederum deren Nachfolgemodellen zwar aktualisiert, aber dabei die Besitzer der älteren Modelle (vorsätzlich oder fahrlässig) aus dem Fokus verloren. Mehr als einmal kam ich mir »abgehängt« vor, wenn nach einem App-Update Dinge, die vorher klappten, nicht mehr (so gut) funktionierten. Das betraf insbesondere die Fahrten-Aufzeichnungsfunktion und die Einrichtung des Entsperrens des abgeschlossenen Fahrrads mit einem »Tasten-Morsecode«, was als Ausweichmöglichkeit dienen sollte, wenn die App oder das Smartphone mal nicht verfügbar sind. Alles zwar nur kleinere Wermutstropfen, aber in Summe dann doch etwas betrüblich.

Kommen wir zu den Nachteilen. Das hohe Gewicht des Rades war für mich einer davon und er hängt mit einem zweiten zusammen. Denn der Akku im Electrified S2 ist nicht zum Laden entnehmbar, das Rad muss also stets dort aufgeladen werden, wo es bei Nichtbenutzung abgestellt wird. Das führte in meinem Fall dazu, dass ich das Rad seit der Anschaffung bei mir im Wohnzimmer abgestellt habe und es somit jedes Mal durchs Treppenhaus in meine Wohnung im 1. Stock schleppen musste. Insbesondere nach Fahrten bei nassem Wetter war das zusätzlich lästig, denn die verschmutzten und feuchten Reifen wollten zuvor entweder gereinigt oder mit einer Unterlage versehen werden, um den Fußboden in der Wohnung nicht in Mitleidenschaft zu ziehen. Gut, man könnte sagen, das hätte ich mir auch vor dem Kauf überlegen können, aber unpraktisch ist es im Gebrauch dann halt doch.
Die Bremsen waren aus meiner Sicht ein weiterer Nachteil. Warum VanMoof für ein so schweres Rad, das bis zu 25 km/h schnell fahren kann, nur mechanische statt hydraulischer Handbremsen verbaut hat, ist nach einigen stärkeren Bremsmanövern verwunderlich. Auch bei der Beleuchtung stellten sich zwei Dinge als nicht wirklich gut durchdacht heraus: sie ist erstens ausschließlich per App ein- und ausschaltbar. Es gibt zwar einen »Automatik«-Modus, aber der wurde trotz einsetzender Dunkelheit bei Unwetter oder Dämmerung nicht immer zuverlässig aktiviert, so dass man unterwegs das Smartphone rauskramen und das Licht manuell einschalten musste. Und zweitens wurde beim Rücklicht leider die Sicherheit dem Design geopfert, finde ich. Das sehr hoch in der Querstange verbaute Rücklicht kann durch eine lange Winterjacke oder die Beladung auf dem Gepäckträger abgedeckt werden, weshalb ich mir am Heck-Schutzblech einen zusätzlichen roten Reflektor anbrachte.

Nach vier Jahren beschloss ich also, Ausschau nach einem neuen E-Bike zu halten, das möglichst alle Vorteile des »alten« Rades bewahrte und gleichzeitig alle Nachteile ausmerzen konnte – und das vorzugsweise zu einem bezahlbaren Preis. Gut drei Monate recherchierte ich Anfang 2023 und hatte am Ende drei Modelle in der engeren Wahl:

  • Das Smafo E-Bike von einem Hersteller, der in Paderborn gegründet wurde (1.799 – 2.099 EUR)
  • Das Smart Urban von Econic One, einem Anbieter mit Hauptsitz in Bulgarien (2.499 EUR)
  • Das LEMMO One von einem Startup aus Berlin (1.090 – 1.990 EUR)

Nach etlichen Vergleichen und der Lektüre von Testberichten entschied ich mich dann für das LEMMO One. Es hatte aus meiner Sicht die meisten Vorteile, die vor dem Kauf für mich entscheidend waren:

  • Das wirklich gelungene Design und die ansprechende Farbe
  • Das modulare Preiskonzept: Das »manuelle« Rad kostet nur 1.099 EUR, es hat zwar den Motor bereits eingebaut, ist aber ohne das optionale »SmartPac«-Modul (Akku & Elektronik) nicht als E-Bike nutzbar
  • Im SmartPac ist auch die gesamte Steuerelektronik enthalten – entnimmt man es, ist das Rad ein 3 kg leichteres »normales« Fahrrad. Man kann das SmartPac sowohl für 900 EUR kaufen als auch 12 Monate lang für 35 EUR/Mon. mieten. Sollte dann während der Mietdauer ein Defekt auftreten oder eine neue Generation des SmartPacs herausgebracht werden, kann es getauscht werden. Und falls alle Stricke reißen und die Herstellerfirma (wie schon so manches Startup) pleite geht, hat man immer noch ein herkömmliches funktionierendes Rad
  • Das SmartPac ist einfach und mit einem kräftigen Knopfdruck ohne Schlüssel entnehmbar, es kann in eingesetztem Zustand zusätzlich per App am Rahmen sicher verriegelt werden. Man kann das entnommene SmartPac zudem auch per USB-Verbindung als Ladegerät z.B. für ein Handy, Tablet oder Laptop nutzen!
  • Das »Hybrid«-Konzept des Bikes, das auch dann funktioniert, wenn man ein SmartPac erworben hat: Der Motor in der Hinterradnabe lässt sich mit einem einfachen Mechanismus auskoppeln und dann ist das Rad auch ohne Akku wie ein manuelles Rad nutzbar, ohne dass ggf. die Reibung im ungenutzten Motor es bremst
  • Das Rad hat eine 10-Gang-Shimano-Kettenschaltung
  • Hydraulische Bremsen am Vorder- und Hinterrad
  • GPS-Tracking und Ortungsfunktion – die Sensoren dafür befinden sich im SmartPac; zur Routenaufzeichnung nutzt das Bike lediglich die GPS-Positionsdaten des Smartphones, so dass dies auch auf Fahrten ohne montiertes SmartPac funktioniert
  • Das Frontlicht ist bei Bedarf entnehmbar und z.B. bei Reparaturen als »Notlicht« einsetzbar, es enthält einen Akku
  • Elektronisches Bolzenschloss mit Bewegungssensor und hellem Alarmton, diese Features funktionieren auch ohne das SmartPac, da im Rad ein zweiter kleinerer Akku für solche Betriebselektronik verbaut ist (ich vermute, es ist der Akku im Frontlicht)
  • Das Rücklicht ist tief am Gepäckträger angebracht, es hat einen Bewegungssensor und funktioniert daher auch als Bremslicht
  • Das Rad hat einen ähnlichen »Power Boost Button« am Lenker wie das VanMoof
  • Die Beleuchtung lässt sich einfach über einen Knopf am Lenker ein- und ausschalten (oder auch über die App)
  • Das LCD-Display im Oberrohr ist vielseitiger und detaillierter als beim VanMoof
  • Die Reifen haben von sich aus einen reflektierenden weißen Ring (im Gegensatz zum VanMoof)
  • »Die modularen Komponenten des LEMMO One vereinfachen die Wartung, da keine komplizierten elektrischen Teile in den Rahmen integriert wurden.« (Zitat des Herstellers)
  • »Die meisten der im LEMMO One verwendeten Teile sind Standardteile und in den meisten Werkstätten leicht erhältlich, was eine einfache Austauschbarkeit und bequeme Aufrüstung ermöglicht.« (Zitat des Herstellers)

Zum Zeitpunkt der Markteinführung des Rades im März 2023 war das Rad ausschließlich im LEMMO Headquarter in Berlin erhältlich, kurze Zeit später wurde es in Deutschland per Mailorder verfügbar. Aufgrund einer Aktion erhielt ich durch meine Registrierung für den LEMMO Newsletter 99 EUR Rabatt, zusätzlich wurden die Speditionskosten von 79 EUR erlassen und ich entschloss mich, das SmartPac in der Mietvariante zu erwerben.

Am Tag meiner Bestellung am 28. April 2023 war die Lieferfrist auf der Website mit 6 Wochen angegeben, es hätte also etwa Mitte Juni bei mir ankommen müssen. Und ungeachtet meines größtenteils positiven Fahrberichts (der noch folgt), möchte ich zuvor die größte Schwäche des Anbieters bzw. seiner verbundenen Dienstleister nicht unerwähnt lassen: die Kommunikation.

Als das Rad am 19. Juni noch nicht eingetroffen war, also gut siebeneinhalb Wochen nach Bestellung und ohne dass mich irgendeine Benachrichtigung des Anbieters erreicht hätte, schrieb ich eine E-Mail an die Adresse des Kundenservice. Nur wenige Stunden später erhielt ich einen Anruf von einer Servicemitarbeiterin, die mich informierte, dass sie versucht habe, mich einige Tage zuvor anzurufen, um mich über die Lieferverzögerung zu informieren. Ich hatte tatsächlich am 12. Juni einen verpassten Anruf von einer unbekannten Mobilnummer ohne Sprachnachricht erhalten (womöglich war es der erwähnte), aber in der Woche danach gab es weder einen erneuten Anrufversuch noch eine alternative Nachricht per Mail. Immerhin wurde mir nun am Telefon die Lieferung »bis spätestens 15. Juli« zugesagt – das wären 11 statt 6 Wochen nach meiner Bestellung.

Doch bereits am 04. Juli erhielt ich eine automatische Versandnachricht mit einer Trackingnummer für den Speditionsservice »GEL Express Logistik«, die jedoch zunächst, wie häufiger nach der ersten elektronischen Erfassung, noch nicht funktionierte. Am 06. Juli war in der Sendungsverfolgung zu erkennen, dass das Rad auf dem Weg war (»Sendung wird abgeholt«). Einen Tag später passierte die Sendung dann nacheinander zwei Logistik-Center in Werl und Kassel und traf am 10. Juli in einem vermutlich nahegelegenen »Zustelldepot« (ohne Ortsangabe) ein. Der nächste Schritt sollte laut Tracking eine »SMS-Avisierung« sein. Ich wartete. Am Abend erreichte mich folgende SMS:

Keine Anrede, keine Trackingnummer, kein Absender. Ich vermutete zwar vage, dass dies die Zustellbenachrichtigung für das Rad sein könnte, aber genauso gut könnte es SPAM sein.

Am nächsten Tag gegen 10:00 Uhr klingelte es an der Tür. Vor dem Haus stand ein Lieferwagen, aus dem der Versandkarton mit dem Rad entladen wurde. Man bat mich, mit dem Finger auf einem Tablet zu unterschreiben, was recht gut funktionierte. Fun Fact jedoch: Der »Kringel«, der auf dem elektronischen Lieferbeleg zu sehen ist, das mir danach per Download zugänglich gemacht wurde, stimmt null mit meiner geleisteten »Unterschrift« überein. Aber Name, Anschrift und die Uhrzeit der Zustellung stimmen immerhin.

Es ist schade, dass nach der Bestellung so eklatante Kommunikationsfehler auftraten. Viele Startups sind von ihrem Produkt so begeistert und so eingenommen – oft ja auch zu recht –, dass sie vergessen oder nicht begreifen, dass der Kaufprozess, die Bestellabwicklung, die »proaktive« Kommunikation ebenso ein Teil des Produktes sind wie die »Hardware«. Das muss (und sollte) auch LEMMO noch lernen, finde ich.

Und den Bericht zum »Unboxing« nach der Lieferung und zu meinen ersten beiden Fahrten verblogge ich dann in Kürze im nächsten Blogbeitrag. 🙂


Update 12. Juli 2023: Inzwischen sind von VanMoof die Modelle S4 und X4 in interessanten neuen Farben und mit neuen modernen Features, aber m.E. weiterhin mit den meisten der o.g. Nachteile, auf dem Markt. Heute nun las ich jedoch beunruhigende Berichte von einer möglichen Schieflage des Unternehmens (es ist offenbar nicht die erste) und nun bange ich ein wenig, ob und zu welchem Preis ich mein VanMoof noch gebraucht verkaufen können werde. Denn ohne eine gepflegte und funktionierende App durch den Hersteller sind viele E-Bikes gemeinhin nicht mehr oder nicht unbegrenzt lange benutzbar.

Update 13. Juli 2023: Es scheint tatsächlich so zu sein, dass das Unternehmen VanMoof ernsthaft von einer Insolvenz bedroht ist. Ladenfilialen in Amsterdam und Rotterdam wurden kurzfristig geschlossen, die Annahme von Bestellungen gestoppt und Insolvenzverwalter nach niederländischem Recht bestellt. Aktuelle Artikel dazu finden sich u.a. bei The Verge und im Portal Silicon Canals.
Via Mastodon wurde ich zudem auf die Seite VanMoof Encryption Key Exporter aufmerksam. Hier kann man per Eingabe der Login-Daten seines VanMoof-Kundenaccounts wichtige Daten des Rades exportieren (ausgenommen die neuesten Modelle S5/X5). Zitat: »The idea behind this site is, that you can import this bike data into future 3rd party apps in order to connect to your bike.«. Der Code ist Open Source bei GitHub einsehbar.

Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt!

Ich gebe zu, ich liebe den Geschmack von Fleischgerichten. Ich schätze ein gutes Steak, im Sommer grille ich auch gerne mal. Ein Brathähnchen ist was Feines, oder ein Stück Lammfilet. Zum Frühstück ein Brötchen mit frischem Thüringer Mett – köstlich! Mutters Gulasch, Rinderrouladen, Currywurst, Hühnerfrikassee, Königsberger Klopse, Wiener Schnitzel, alles höchst delikat. Was mich nie gereizt hat, waren Lokale mit Angeboten wie »XXL-Schnitzel« oder »500 g Rib-Eye für 1 Person«. Ich muss Fleisch nicht in rauhen Mengen verzehren, um es genießen zu können. Doch seit etlichen Jahren ist in mir das Bewusstsein herangewachsen, dass mein Fleischkonsum ebenso wie der aller Menschen drastisch zurückgehen sollte, wenn es für alle eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft geben soll. Deshalb arbeite ich auch bei meiner eigenen Ernährung daran, reduziere die Anzahl meiner Fleischgerichte bzw. die Menge der verzehrten fleischhaltigen Lebensmittel, wähle beim Einkaufen stärker nach Art, Haltung und Herkunft des Fleisches aus (z.B. eher Geflügel statt Rind) und probiere vegetarische oder vegane Produktalternativen aus. Der Weg ist das Ziel.

Der aktuelle Slogan der Firma Rügenwalder, die auf dem Gebiet der (ziemlich wohlschmeckenden) fleischlosen Ersatzprodukte seit einigen Jahren echte Pionierarbeit leistet, lautet »Am besten schmeckt’s, wenn’s allen schmeckt.« Und genau das sollte doch eigentlich das Ziel einer nachhaltigen Ernährungsumstellung sein: dass niemand gezwungen sein soll, etwas zu essen, was ihm/ihr nicht schmeckt. Gleichwohl müssen sich – dafür wird der Klimawandel unweigerlich sorgen – wohl alle damit abfinden, künftig weniger klimaschädliche Nahrungsmittel zu verzehren, obwohl sie sehr gut schmecken. Dieser Weg, der mir logisch und plausibel erscheint, bringt mich zu einem Gedankenspiel. Für dieses Gedankenspiel versuche ich aber mal, einige Schritte zurückzutreten und die Kulturgeschichte der Ernährung etwas langfristiger zu betrachten, wenn auch aus Laienperspektive. Ich habe zwar mehrere Bücher zur Kulturgeschichte der Küche und des Essens gelesen, aber bin bei weitem kein Fachmann. Falls mir also nachfolgend Denkfehler aufgrund meines lückenhaften Wissens unterlaufen, bitte ich mir, diese nachzusehen bzw. sie gern in den Kommentaren zu korrigieren.

Für diese drei roten Piktogramme oben habe ich versucht, drei ehemals sehr geläufige Alltagsgegenstände auszuwählen, die älteren Menschen in jedem Fall vertraut sein sollten, aber jüngeren und sehr jungen Menschen gegebenenfalls komplett unbekannt sind, denn diese Dinge sind mittlerweile fast vollständig aus unserem Alltag verschwunden: Sanduhr, Diskette und Filmstreifen. Dieses Verschwinden vollzog sich innerhalb nur weniger Jahrzehnte, an die Stelle dieser Gegenstände traten andere Werkzeuge oder Technologien, die diese ersetzt oder überflüssig gemacht haben.

Ähnliches passiert auch bei der Ernährung. Wer isst heutzutage noch »Erbswurst« oder trinkt »Muckefuck«? Wieso gibt es Bücher mit Titeln wie »Vergessene Gemüse«, in denen man von »Postelein«, »Navetten« oder »Zuckerhut« lesen kann? Wer kocht heute noch eine »Funzelsuppe«, »Milchnudeln« oder »Ofenschlupfer«?

Im Mittelalter, also dem Zeitraum etwa vom Jahr 500 bis zum Jahr 1500, waren etwa 90% der Bevölkerung Bauern und einfache Bürger. Wie sah deren Speiseplan aus? Tomaten, Nudeln, Reis und Kartoffeln gab es noch nicht, ebenso raffinierten Zucker – und die meisten heute bekannten Gewürze waren unbekannt oder unerschwingliche Luxusprodukte.

Das wichtigste Nahrungsmittel im Mittelalter war Brot, meist dunkles Brot aus Roggen, Dinkel oder Hafer. (…) Oft gab es auch Brei und Suppen aus Getreide, etwa Hirse. Arm und Reich aßen Eintöpfe aus Linsen und Bohnen.

Quelle: https://www.tessloff.com/was-ist-was/geschichte/mittelalter/was-assen-die-menschen-im-mittelalter.html

Auch wenn die mittelalterliche Küche von Früh- bis zum Spätmittelalter eine große Vielfalt an Lebensmittel aufweist, so bleibt diese Vielfalt doch den reichen Herren vorbehalten. Die Hauptmahlzeit der armen Bevölkerung bestand aus Brot, Kraut und Rüben und Bohnen.

Quelle: https://deutschland-im-mittelalter.de/Kulturgeschichte/Ernaehrung

Da die Bauern oft auch selbst Tiere hielten, konnten sie natürlich prinzipiell auch deren Fleisch verzehren. Zu bedenken ist jedoch, dass die Nutztiere früher wesentlich kleiner waren als heutige Züchtungen und es deutlich aufwendiger war, Fleisch ohne moderne Kühl- und Konservierungsmethoden haltbar zu machen. Insofern war frisches Fleisch ein großer Luxus. Das gab es meist nur vor dem Winter, wenn vermehrt geschlachtet wurde, in den folgenden Monaten mussten dann Trocken-, Räucher- oder Pökelfleisch genügen.

Als noch während des späten Mittelalters sukzessive die Waldnutzungsrechte und später die Gemeinschaftsweiden verschwanden, musste sich der Großteil der Bevölkerung auf weitgehend vegetarische Ernährung umstellen. Nachdem der »Schwarze Tod« ganze Regionen entvölkert hatte, wurden die freien Flächen für die Rinder- und Schafzucht verwendet. Die Tiere landeten auf den Tellern der städtischen Bevölkerung: Rindfleisch für die wohlhabenden Bürger, Schaffleisch für die weniger Wohlhabenden, Füße und andere weniger begehrte Fleischteile für die Ärmeren. Und für die ganz Armen gab es Brot. Der Adel bevorzugte nach wie vor Wild, nun allerdings vor allem „feines“ wie Vögel (Fasan usw.).

Quelle: https://www.openscience.or.at/hungryforscienceblog/arme-leute-essen-und-luxusspeisen/

Andernorts kann man lesen, dass, sowohl im Mittelalter als auch in späteren Jahrhunderten, Lebensmittel wie Austern oder Hummer, die heute als Delikatessen für Wohlhabende gelten, einst »Arme-Leute-Essen« waren – zumindest für die Menschen, welche nah an der Küste lebten, denn auch frischer Fisch war natürlich aufgrund der fehlenden Möglichkeiten zur Haltbarmachung für Menschen abseits der Meeresküsten im Landesinneren oder in größerer Entfernung zu fischreichen Gewässern nicht zugänglich.

Austern wurden auch im Mittelalter geschätzt. Der größte Austernschalenberg wurde in Poole (England) gefunden und besteht aus ca. 3,8 bis 7,6 Millionen Austernschalen. Nach Paris – dem heutigen Mekka der Austernliebhaber – kamen Austern erst im 11. oder 12. Jahrhundert. Dort waren sie anfangs ein Essen für arme Leute. Man nimmt an, dass um 1300 Austern billiger als frischer Fisch waren. Pieter Brueghel d. Ä. stellt auf seinem Kupferstich »Die magere Küche« eine Gruppe armer Leute dar, die Austern aus einem Topf essen.

Quelle: https://www.fisch-gruber.at/fisch-und-mehr/fisch/eine-kleine-kulturgeschichte-der-auster/

Wenn man heutzutage jemanden fragt, was die typischsten Zutaten der italienischen Küche sind, landet vermutlich die Tomate mit auf den vorderen Plätzen. Tatsächlich kam sie jedoch erst um 1540 nach Italien und wurde dann noch weitere 150 Jahre lang (!) als Lebensmittel eher skeptisch eingeschätzt.

Nach dem ersten Auftauchen der Tomate in Italien 1548/1555 schmückten die Tomatenpflanzen die italienischen Gärten zunächst überwiegend als Zierpflanzen, da sie aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit anderen Nachtschattengewächsen als giftig angesehen wurden. Doch bereits die Medici waren an der Verwendung der Tomate für den Verzehr interessiert. Obwohl Mattioli schon 1544 ein Rezept für den Verzehr von Tomaten angab, wird in der Literatur daran gezweifelt, dass sie wirklich des Öfteren als Speisepflanze verwendet wurde.

Insbesondere in Italien wurde die Tomate ab dem 17. Jahrhundert immer bedeutender. Antonio Latini war ab 1658 als Koch beim spanischen Vizekönig von Neapel tätig. In dem von ihm verfassten Kochbuch fanden sich erstmals auch Rezepte mit neuweltlichen Zutaten. Die drei Gerichte, in denen die Tomate vorkam, wurden als „alla spagnola“ bezeichnet. Um 1700 begann man, die Tomate als eine Zutat für Speisen schätzen zu lernen; erneut galt Italien als Vorreiter.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Tomate

Schaut man also in Zeitskalen von Jahrhunderten auf die Essgewohnheiten der Menschen, ändert sich dort an sehr vielen Stellen sehr häufig sehr viel, manches allmählich, manches auch umwälzend. Kriege, Missernten, Wohlstand und Armut sowie die Marktpreise von Nahrungsmitteln, Zugang zu neuen Technologien und Konservierungsverfahren, kultureller Austausch sowie Importe bislang unbekannter Lebensmittel, Gerichte und Zubereitungsarten, die Entstehung neuer Tier- und Pflanzenzüchtungen, in jüngerer Zeit auch Ernährungstrends, industriell gefertigte und hoch verarbeitete Lebensmittelprodukte, wissenschaftliche Erkenntnisse*, Gesundheitsbewusstsein – all das sorgt dafür, dass der Speiseplan der Menschen in jedem Winkel der Erde sich permanent ändert. Das, was oft von Konservativen als »Tradition« gelabelt wird, wie etwa der fast tägliche Verzehr von (frischem) Fleisch in größeren Mengen, ist oft erst seit wenigen Jahrhunderten oder Jahrzehnten üblich oder überhaupt möglich. Auch die Sitte, »traditionell« drei Mahlzeiten am Tag zu sich zu nehmen (Frühstück, Mittagessen, Abendessen) ist kulturgeschichtlich relativ neu. Von den alten Römern bis ins Mittelalter hinein waren zumeist nur zwei Mahlzeiten pro Tag üblich – morgens und abends (Frühmahl »prandium« und Spätmahl »cena«). Erst zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert entstand die Gepflogenheit, drei oder gar vier Mahlzeiten am Tag einzunehmen. Ich finde sowas hochspannend.

* Auch die Ernährungswissenschaft entwickelt sich stetig weiter.

Zu den Veränderungen, die seit jeher diesen Wandel antrieben, kommt nun mit erheblicher Dynamik der Klimawandel. Ich glaube, seine Auswirkungen werden in wenigen Jahrzehnten einen gravierenden Einfluss darauf haben, wie wir uns ernähren werden wollen und können. Viele Nutzpflanzen werden sich sehr viel schwieriger, nur auf deutlich begrenzten Flächen, womöglich in ganz anderen Regionen/Klimazonen und mit deutlich geringeren Erträgen anbauen lassen, viele Lebensmittel könnten zum Luxusgut werden, vielleicht sogar so verbreitete und beliebte wie Kaffee, Kakao oder Wein. Viele mögen darüber schimpfen, ich finde das auch alles andere als erfreulich, aber ich glaube, es wird sich langfristig nicht verhindern lassen. Ich selbst würde niemanden dazu drängen oder überreden wollen, sich anders zu ernähren oder von fleischlicher auf pflanzliche Kost umzusteigen. Aber ich bin mir relativ sicher, dass in den nächsten 10, 20, 50 oder 100 Jahren der sich rasant verändernde Planet Erde diese Überzeugungsarbeit sehr nachdrücklich leisten wird.

Jede Generation, die neu geboren wird, wächst in einer »Blase« auf, die auch ihre Ernährungsgewohnheiten prägt. Ich erinnere mich, dass mich als Teenager die Kurzgeschichte »Schwein« (im Original »Pig«) von Roald Dahl überaus fasziniert hat. In dieser Geschichte wird der Protagonist, Lexington, als 12 Tage alter Säugling aufgrund einer tragischen polizeiliche Verwechslung zur Vollwaise. Eine alte Tante nimmt sich des Kindes an und zieht ihn in völliger ländlicher Abgeschiedenheit auf.

Aunt Glosspan, who is 70 but looks half her age, lives in an isolated cottage. »She was a strict vegetarian and regarded the consumption of animal flesh as not only unhealthy and disgusting, but horribly cruel.« (…) When Lexington is 6, Glosspan decides to home-school him, partially because she is afraid that the public schools will serve him meat. She describes the horrors of meat-eating to him on one occasion. One of the subjects she teaches him is cooking and he takes to it extremely well. He takes over cooking duties for the house at age 10. Eventually he begins to invent his own recipes, making them from all sorts of vegetarian items. He is so skilled that she suggests that he write a cookbook, and he agrees. The book is to be titled ›Eat Good and Healthy‹.

Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Pig_(short_story)

Nach dem Tod der Tante, Lexington ist gerade einmal 17, wird er erstmals aus seiner hermetisch abgeschlossenen vegetarischen Blase gerissen und ist gezwungen, zwecks Regelung des Nachlasses seiner Tante nach New York zu reisen. Dort probiert er zum ersten Mal ein Fleischgericht vom Schwein – und es schmeckt ihm so unglaublich gut, dass er – neugierig geworden, wo und wie dieses Nahrungsmittel hergestellt wird – sich zur Besichtigung eines Schlachthofes entschließt …

In dieser Geschichte vollzieht sich der Weg aus der kulturellen Nahrungsblase heraus zwar in umgekehrter Richtung, von vegetarischer zu fleischlicher Kost, aber auch hier wurde die Prägung der Ernährungsgewohnheiten von Kindesbeinen an durch das direkte kulturelle und familiäre Umfeld geprägt. Auch der zeitliche Rahmen der Prägung ist entscheidend: Ich selbst kannte als Kind in den 1970er Jahren z.B. weder Rucola noch Auberginen, Mangos, Papayas oder Pastinaken. Gemüse wie Champignons, Erbsen, Karotten, Bohnen und Spargel kam aus der Dose, das erste Mal in einem chinesischen Restaurant war ich etwa mit 12 Jahren und ich wurde 25, bis ich das erste Mal ein indisches Lokal besuchte. Noch einige Jahre später entdeckte ich die thailändische Länderküche, die japanische (Sushi) und die syrisch-libanesische. Gefehlt hat mir davor nichts. Erst danach hätte ich es vermisst, darauf verzichten zu müssen.

Ich glaube, die beiden größten Talente der Menschheit sind Erfindungsreichtum und Anpassungsfähigkeit. Sie haben uns sowohl zu einer technologisch und wissenschaftlich hochentwickelten Zivilisation gemacht als auch an den Abgrund der Klimakatastrophe geführt. Und sie haben ebenso das Potenzial, uns vor diesem Abgrund wieder umkehren zu lassen. Ich betrachte die aktuelle Situation und alle Prognosen zwar mit Sorge, aber ich weigere mich auch, mir jeglichen Optimismus nehmen zu lassen. Ich möchte hoffnungsvoll und neugierig darauf bleiben, mit welchen Ideen, Erfindungen und Innovationen sich Menschen dieser Veränderung entgegenstellen werden, wie und wo sie sich werden anpassen können und auf welchen Wegen oder an welchen Orten sie die Welt vielleicht wieder lebenswert(er) machen können.

Denn vielleicht entdecken wir ja auch ganz famose neue Lebensmittel, Zutaten und Gerichte aus Pflanzen, vielleicht auch aus Algen, Mikroorganismen, Flechten, Moosen oder Pilzen, die uns so gut schmecken werden, dass wir in ein paar Jahrzehnten (oder Jahrhunderten, wenn es uns gelingt, den Klimawandel zivilisiert zu überstehen) Fleisch gar nicht mehr nachtrauern werden. Die Alten, die es noch kennen, werden allmählich weniger und die Jungen, die ohne Fleisch aufwachsen, werden nach und nach zur Mehrheit. Dann gäbe es weitere Piktogramme, die man jungen Menschen erstmal erklären müsste, weil sie die Dinge dahinter aus ihrem eigenen Leben weder kennen noch vermissen.

»We will adapt.«

Seven Of Nine, Star Trek Voyager S04.E12, »Mortal Coil« (1997)

Ein paar Links zum Thema

Literaturtipps (aus meinem Bücherschrank)

Vier Bände kulinarischer Kulturgeschichte des Autors Peter Peter:

  • Kulturgeschichte der deutschen Küche
  • Kulturgeschichte der französischen Küche
  • Kulturgeschichte der italienischen Küche
  • Kulturgeschichte der österreichischen Küche

Vollgesogen

Das war sie nun, die re:publica 2023. Auf Twitter schrieb ich gestern:

Und so ist es. Es war Reizüberflutung, aber im bestmöglichen Sinne. Natürlich war auch das Trendthema »KI«, bzw. »AI« allgegenwärtig. Der Unterschied zu den überall hochsprudelnden Medienberichten und Postings im Netz, den ich auf der re:publica wahrnahm, war jedoch, dass das Thema, seine Auswirkungen und Teilaspekte von kompetenten Speakern mit sachlicher Distanz erläutert, beleuchtet, hinterfragt und diskutiert wurden. Weniger »parroting« und weniger »AI-Groupies«, dafür mehr Fakten und mehr Expertentum. Sehr angenehm.

Edit: Ach ja – ein sehr schönes Treffen mit »Netzmenschen« habe ich vor lauter geballten Sinneseindrücken fast vergessen, zu erwähnen: der re:publica-Besucher und Twitter-/Mastodon-Kontakt @grindcrank regte ein Instanztreffen für die kleine, feine Mastodon-Instanz fnordon.de an, bei der ich seit November 2022, für die Zeit »nach Twitter«, ebenfalls Unterschlupf gefunden habe. Am Treffpunkt, dem Strand des Festivalgeländes, fanden sich dann bei schönem, aber nicht zu sonnigem Wetter tatsächlich drei (!) Leutchen ein: außer mir und dem Initiator war noch @naturopath mit von der Partie. Es war wieder mal spannend, die Leute hinter dem Display kennenzulernen und so war die Stunde mit dem perlenden Plausch dann auch ausgesprochen kurzweilig (Ein Selfie davon gibt es übrigens auch).

Und auch wie 2022 war ich sehr angetan von dem visuellen Konzept der re:publica, das sich durch alle Medien, die Website, Bühnenveranstaltungen, Präsentationen und Postings zieht. Passend zum Leitthema »CASH« wurden grelle »Supermarkt-Plakatfarben« gewählt, dazu passend ein fetter serifenloser Display-Font und ein saftiger, dynamischer Marker-Font. Auf der Bühne stehen Warenkörbe, Palettenwagen und Kunststoffcontainer als Dekoration, die Visuals arbeiten mit Wiederholungen, auffälligen Störern und dem ultimativen Kontrast zwischen »Neonbunt« und »Schwarz«. Sehr gelungen!

Inzwischen weiß ich auch – dank der im Programm angesetzten Fragestunde mit den Organisatoren –, dass das Design von re:publica-Mitgründerin Tanja Haeusler in Zusammenarbeit mit der Berliner Agentur fertig design konzipiert und umgesetzt wird (und bin als Grafik-Designer ein bisschen neidisch auf so ein famoses 360°-Projekt). 😉

Wie der Marker-Font heißt, habe ich inzwischen schon herausgefunden: er nennt sich »Walmer Marker« und stammt von der finnischen Type Foundry »Typolar« des Designers Jarno Lukkarila. Auf der Website des Büros kann man die schöne Story zur Entstehung dieser interessanten Schrift nachlesen.

Wie die fette Plakatschrift (im nachfolgenden Bild rechts, über den Störern) heißt, habe ich bislang nicht herausgefunden, aber ich editiere das hier nach, falls es mir noch gelingt – oder vielleicht (er)kennt ja ein hiesiger Blogleser den Font? Die Formen sowohl des kleinen als auch des großen »Y« (siehe in »Ryanair«) sind darin sehr charakteristisch.

Wenn mich Freunde fragen, denen der Name re:publica nichts sagt, was das denn für eine Konferenz sei, sage ich »Es ist eine ALLES-Konferenz«, denn fast jeder gesellschaftliche Aspekt fand sich – wie schon im letzten Jahr – an den drei Veranstaltungstagen in dem einen oder anderen Panel wieder.

Meine drei Highlights 2023 waren:

  • »I’m sorry HAL, I won’t let you do that.« mit @tante
  • »Generative KI – schöne neue Welt?« mit Björn Ommer
  • »Wollt Ihr ewig leben? Vom Fluch der Unsterblichkeit und Segen der Biotechnologie« mit Thomas Ramge

Es war wieder inspirierend, spannend, lehrreich, interessant, überraschend und vielfältig. Und ich brauche jetzt erst mal ein paar Tage Ruhe im Kopf, um sich alles wieder setzen zu lassen.

Ehe ich mir die Panels, die ich verpasst habe, auf YouTube anschaue … 😉