Autor: Thomas

Kochen auf Schloss Schmarsow

Was schenken, wenn der Geburtstag des Partners naht? Gemeinsame schöne Erlebnisse liegen nicht nur im Trend, sondern haben auch deutliche Vorteile gegenüber industriellen Massenprodukten. Und wenn man dann auch noch gemeinsame Hobbies wie das Kochen teilt, liegt der geeignete Geschenktipp klar auf der Hand: ein Kochkurs für zwei, gebucht bei der kulinarischen Buchhandlung und Kochschule Kochlust in Berlin.

Rund 25 Kochkurse mit den verschiedensten Themen stehen monatlich auf dem Programm, die meisten in der hauseigenen Küche. Doch ein bis zwei Kurse pro Monat bieten geneigten Hobbyköchen eine kulinarische Fortbildung in ganz besonderem Rahmen: dem rund 220 km von Berlin entfernten barocken Schloss Schmarsow. Das etwa 1620 erbaute Gemäuer, heute im Besitz einer Architektin, wurde liebevoll renoviert und teils stilecht mit antikem oder restauriertem Interieur ausgestattet, teils mit originellen innenarchitektonischen Details, die behutsam eine Brücke in die Gegenwart schlagen. So sind statt in museal gedeckten Tönen die Wände in einem der Schlosszimmer in sakralem Purpur gestrichen, oder Türstürze und Wände mit Textmalereien verziert, die einen leisen Humor in den Raum senden.
Darüber hinaus beherbergt das Schloss vier Ferienappartements, was außer uns noch sechs Kochkursteilnehmer nutzen, zu einem absolut fairen Preis den durchkochten Tag ohne abendlichen Abreisezwang ausklingen zu lassen.

Unser Kurs beginnt am Samstag nachmittag pünktlich um 15 Uhr. Neun Teilnehmer haben sich für die heutige Küchenschlacht angemeldet. Auf dem Programm steht ein italienisches Buffet: Hühnerlebercrostini, marinierte rote Paprika, Tomaten-Bohnen mit Finocchiona-Salami, gefüllte Mortadellapäckchen, Salat mit gewürztem Nusskrokant, Käsecreme mit Gemüsesticks, frittierte Auberginen mit Tomatenconfit und Ziegenkäse, buntes Ofengemüse und Apfeltartes Tatin mit Blätterteig und Karamell. Nach dem ersten Rezept, das einige der Lernwilligen unter Anleitung der Kursleiterin Denise vorkochen, wird die Gruppe aufgeteilt und arbeitet simultan, von Denise ebenso gutgelaunt wie straff koordiniert, an den weiteren Leckereien. Ein unschätzbarer Luxus im nun einsetzenden Küchengewusel sind die zwei dienstbaren Assistentinnen, die permanent alle benutzten Kochwerkzeuge, Schüsseln, Abfälle und Verpackungen diskret wegräumen oder gleich wieder abspülen. So was zu Hause wär schön. Überall wird geschnibbelt, geschält, gehackt und geknetet, frittiert, gebacken, gekocht und gerührt. In faszinierendem Tempo nehmen die geplanten Gerichte Gestalt an. Nebenan im Speisesaal ist ein großer Tisch festlich gedeckt und schon nach etwa drei Stunden biegt sich die Tafel unter der Last des kollektiv kreierten Büffets. Kaum zu glauben, dass nur kurz zuvor alle Zutaten noch roh und verpackt auf der Küchenanrichte lagen.

Der Rest des Abends vergeht mit ungehemmtem Schlemmen, weiterem gegenseitigem Kennenlernen, geselligen Gesprächen, spritzigen Anekdoten, bunten Reisegeschichten, kulinarischem Erfahrungsaustausch und so manchem Glas Wein. Erst gegen Mitternacht zeigt die bunt gemischte Runde allmählich Ermüdungserscheinungen und auch wir ziehen uns in unser Schlossgemach zurück. Was bleibt, ist das tolle Gefühl, einen außergewöhnlichen und schönen Tag verbracht zu haben, an den sich wohl alle Beteiligten noch lange erinnern werden. Einen Tag wie ein Geschenk.

Kochkurs Schmarsow
Fotos: © formschub

Das Große im Kleinen

Fragmente von Schmetterlingsflügeln? Digital gefilterte Satellitenfotos? Mysteriöse Stoffetzen? Alles falsch. Die wunderschöne Fotoserie Cell Images* des Projekts Digital Dendrology der Künstlerin Jordyn Meredith zeigt hauchdünne mikroskopische Querschnitte von – Zweigen. In hundertfacher Vergrößerung enthüllen die eingefärbten, auf schlichtem Weiß fotografierten dendrologischen Präparate faszinierend-filigrane Zellstrukturen von Holz und Rinde. Natur als Kunst. Nur scheinbar unscheinbar – bis man genauer hinsieht.

*(Leider führen die Thumbnail-Links zu den Full-Size-Bildern ins Leere. Manueller Zugriff ist möglich, wenn man im Verzeichnispfad der .jpg-Thumbnails jeweils das Verzeichnis /thumbnails/ durch /images/ ersetzt. Beispiel: Thumbnail / Full-Size-Bild)

Digital Dendrology
Images: © PhyreDesigns | Jordyn Meredith

Kannnichtanders*

  • Werden posthum veröffentlichte LPs als Grabplatten gehandelt?
  • Finden sich im Antlitz altgedienter Wäscherinnen auch Bügelfalten?
  • Hat ein wiederholt rückfälliger Ganove im Knast eine Stammzelle?
  • Tragen Boxer im Ring speziell angefertigte Schlaghosen?
  • War die Ratzinger-Figur auf dem Karnevalswagen neulich aus Papstmaché?
  • Und enthalten alle Brechmittel dieselben Würgstoffe?

* infiziert wurde ich hier und hier.

Wer knackt den Kot?

Wieder mal Werbung, die ich nicht verstehe. Wenn auch nur im Detail. Der oberflächliche Betrachter dieses Citylight-Aushängsels am Hamburger Dammtor mag mutmaßen, es handele sich ganz straight um ein Außenwerbemittel, welches eine außergewöhnliche Ballung von IT-Kompetenz in Niedersachsen propagiert, belegt durch den aktuellen Veranstaltungstermin der CeBIT Hannover. So weit, so gut.

Doch bei näherem Hinsehen fällt dem aufmerksamen wartenden Zugpassagier der vermeintlich fehlerhafte Fleck unterhalb der Headline ins Auge (grüner Pfeil). Dieser entpuppt sich im Closeup mitnichten als Fehler, sondern als eine hübsch auf einem Strohbouquet drapierte Ansammlung von Stoffwechselendprodukten der Spezies Equidae (vulgo: Pferdeäpfel). Was man auch erst mal erkennen muss, da der Haufen derart verschämt winzig wiedergegeben ist, dass er eher der Losung eines Rammlers gleicht. Ich frag mal ganz offen: Was macht die Reittierkacke auf dem IT-Plakat?

Ja, ich habe den Abbinder mit Pferdebezug am Fuß des Plakates gelesen. Aber das macht mich weder schmunzeln noch verstehen. Sind Computer scheiße? Machen Pferde in Niedersachsen überall hin, sogar auf Plakate? Ist die Messe kacke und man sollte lieber zu Hause bleiben? Oder ist das ein geheimer Marketingkotcode und man kann richtig was gewinnen, wenn man drauf kommt? Gerne würde ich noch weiter rätseln, aber, ach, da kommt mein Zug. Shit!

Nachtrag: Niedersachsen informiert über die Kampagne. Stichworte: Jung von Matt, Marketingpreis, Prise Humor. Na dann …

Kotplakat

Kitchen-Kitsch

So aufgeschlossen ich gegenüber allen Verlockungen der modernen Küche bin, so entzückt bin ich immer wieder beim Blättern in Kochbüchern aus den späten Fünfziger und frühen Sechziger Jahren, von denen ich einige gut erhaltene Exemplare auf Flohmärkten erstöbert habe: etwa das »Dr. Oetker Schulkochbuch« – das Standardwerk der Generation meiner Mutter – oder »Kalte Platten« aus der famos betitelten Reihe »Hans Buzengeiger plaudert aus seinen Garnierkursen, Band 2«. Wobei die darin verzeichneten Rezepte eigentlich Nebensache sind.

Viel faszinierender sind die Bebilderung und die Typographie: Schwungvolle handgezeichnete Schreibschriften, stilvolle Illustrationen auf Frontispiz oder Kapiteltrennseiten und fantastisch-bonbonbunte Foodfotos. Ziel der »Foodstylisten« jener Zeit (falls es dieses Berufsbild schon gab) schien es zu sein, Essen jenseits der Grenze des Essbaren zu inszenieren, entweder kitschig überdekoriert oder mit fast geometrischer Strenge.

Freunde dieser kulinarisch-fotografischen Opulenz werden auch bei flickr fündig: der komplette Bilderpool »Vintage Cookbooks« widmet sich dem (foto)grafischen Andenken der Kochbücher unserer Mütter und Großmütter. Einige der ergiebigsten und besten Galerien finden sich in den Fotosets der Mitglieder Charm and Poise, amy_b und Be the HBIC. Die Flickr-Seite drmvm widmet sich dem Spezialthema »Partybuffets« und weitere Retro-Küchenfotos außerhalb dieses Bilderpools findet man auch bei Pinterest. Ich glaube, ich muss auf jeden Fall bald mal wieder zum Flohmarkt.

Eieruhr
Foto: Kalte Platte »Eieruhr« aus dem o.g. Kochbuch von Hans Buzengeiger

Tiny Music Makers

Fast jeder ist wohl schon einmal zusammengezuckt, wenn zur Unzeit aus dem eigenen oder fremden Handy der allseits bekannte »Nokia-Tune«-Klingelton düdelt. Weniger bekannt ist, dass die Melodie keine Kreation aus dem Nokia Klingeltonstudio ist, sondern ein Auszug aus dem 1902 geschriebenen Solo-Gitarrenstück »Gran Vals« des spanischen Komponisten Francisco Tárrega.

Hört man genau hin, ist der Alltag voll von Klängen, Soundbits und Melodien, die jeder kennt – ihre zeitgenössischen oder klassischen Urheber jedoch bleiben oft anonym. Das im Januar 2009 leider eingestellte Blog Music Thing des Briten Tom Whitwell hat in einer Miniserie über bekannte zeitgenössische Markensounds die Stories einiger »Tiny Music Makers« recherchiert und aufbereitet.

Eine ähnlich informative Quelle zur Herkunft populärer Soundschnipsel, die sich Werber und Firmen – wie z.B. Nokia – bei der klassischen Musik »borgen«, wäre auch mal interessant.

Intel Chime
(Wellenform-Darstellung des »Intel inside« Sounds)

Booting Baroque

Das ist doch mal Avantgarde: der Startup-Sound des Apple Macintosh [macstartup.mp3] scheint über 270 Jahre alt zu sein. Offiziell gilt zwar der Apple-Mitarbeiter Jim Reekes als Urheber des Tons, doch seit ich den einleitenden Akkord der 1738 vollendeten barocken Tanzsinfonie »Les Éléments« des Komponisten Jean-Féry Rebel gestern zum ersten Mal hörte, glaube ich, es war alles ganz anders.

Vielleicht gab es ja damals schon Notebooks. Vielleicht komponierten schon Mozart und Haydn ihre Meisterwerke am Computer, den sie zuvor mit einem goldenen Schlüssel sorgsam aufgezogen hatten. Vielleicht ist das auf dem Foto aber auch nur ein abgefahrenes Steampunk-Modding des Künstlers Richard Nagy. Wer weiß?

Anktik-Notebook
Photo: © Richard Nagy (Datamancer) | noncommercial use permitted