Kategorie: Das Auge isst mit

Reflexionen zu Werbung, Typographie und Design

»Their life at the cost of ours?«

Mit dieser Frage und drei wunderbar detailreichen Zeichnungen des indischen Illustrators Nishikant Palande setzt die aktuelle Printkampagne des WWF ihre zentralen Ziele Natur-, Umwelt- und Artenschutz in direkten Bezug zur Notwendigkeit eines nachhaltigeren Lebensstils der Industrienationen. Die Kampagne wurde entwickelt von der Agentur Ogilvy Mumbai (Indien). Bleibt zu hoffen, dass die Botschaft im grellbunten Konsumwerbegebrüll die Aufmerksamkeit findet, die sie verdient.

(via adgoodness/Frederik Samuel)

WWF Kampagne
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Schrifthörnchen

So schön viele kostenlos erhältliche Fonts auch sind, so oft ist ihre Verwendung auf nicht-kommerzielle Projekte begrenzt. Das neue Freefont-Portal fontsquirrel konzentriert sich bei seiner sorgsam zusammengestellten Auswahl hochqualitativer Schriften auf solche, die explizit auch für kommerzielle Verwendung freigegeben sind. Und auch wer eigene Gratis-Fonts beisteuern möchte, ist dort herzlich willkommen.

Doch trotz aller Freude über so schöne Freebies: Schriften kann man auch kaufen! Der Mix macht’s.

(via woork)

Fontsquirrel
Artwork: © fontsquirrel

Schøne Køstlichkeiten

Wieder aus dem Urlaub zurück, spüre ich immer noch das wohltuende Echo der Natur, der Ruhe und der freundlichen Mentalität der Menschen in Dänemark und Schweden in mir nachklingen. Und auch wieder ihren Sinn für Design. In ganz normalen Supermärkten entdeckte ich Lebensmittel, die mich allein durch ihre klaren, ungewöhnlichen und ansprechenden Verpackungen begeisterten. Hier eine kleine Auswahl:

  1. Als exklusive Außenseiter im Snackregal präsentieren sich die Kartoffel- und Wurzelgemüsechips der Marke Rootfruit: die von einer edlen schwarzen Kartonblende umgebenen transparenten Beutel bieten einen ehrlichen Blick auf Qualität und Menge der eingefüllten Knusperchips. Auch die originellen Gemüsesorten (Blaue Kartoffeln, Pastinaken) machen neugierig auf ungewohnte Geschmackserlebnisse.
  2. Neben den bunten Primärfarbverpackungen der Wettbewerber fallen die Milchprodukte der dänischen Søvind Mejeri (Update: leider nicht mehr erhältlich) in ihren schlichten, schwarz-weißen Verpackungen unweigerlich auf, nicht zuletzt wegen des spannenden Kontrasts zwischen dem ornamentalen Logo und der modernen, organisch-geometrischen Typographie. Milch und Käse kann man offenbar nicht nur mit weidenden Kühen und in Holzzubern rührenden Omas verkaufen.
  3. Die unglaublich leckeren schwedischen Knäckebrotsorten von Vilmas hatte ich ja geschmacklich bereits angepriesen und musste mich auch diesmal ordentlich wieder damit eindecken. Zu loben ist aber auch das Verpackungsdesign: Die rustikalen, zurückhaltenden Kartons aus brauner Wellpappe sind mit kleinen Klebebanderolen versiegelt, die mit appetitlich gestylten Fotos der Brotspezialitäten oder Zutaten locken.
  4. Der 38jährige dänische Spitzenkoch Morten Heiberg kochte bereits am Hofe der dänischen Königin, ehe er mit »Heibergs Dessertcircus« eine eigene Produktlinie auf den Markt brachte. Nun erweitert er sein Sortiment neben Schokolade, Saucen, Marmeladen, Eis und anderen Desserts auch auf Kräuter und Öle. Alles in bester Qualität und in wunderschönen Verpackungen – besonders »angemacht« hat mich das Design der Olivenölflasche.
  5. Raffinierte Gewürze und Öle sind auch die Kernkompetenzen der dänischen Marke Spize (Update: leider nicht mehr erhältlich), die eine ganze Reihe verschiedenster Ingredienzien für den designbewussten Hobbykoch anbietet. Die Optik der stylischen Alu-Gewürzcontainer oder der puristischen Ölflaschen weckt nicht nur Appetit und Neugier, sondern auch das Habenwollen.

Wer Lust hat, die genannten Links zu besuchen, wird merken, dass die Wertschätzung der Hersteller für Design nicht bei ihren Verpackungen endet, sondern sich auch auf deren Websites fortsetzt. Ich jedenfalls habe schon wieder Hunger nach Skandinavien.

Scandinavian Packaging
Photos: © Rootfruit Scandinavia AB (1), Søvind Mejeri A/S (2), Vilmas Knäckebröd AB (3), Heibergs Dessertcirkus A/S (4), Zelected Foods A/S (5).

Kalter Kaffee

Seit 1993 bringt der italienische Espressohersteller Lavazza alljährlich einen kunstvollen, großformatigen Fotokalender heraus. Die Crema der internationalen Fotografie durfte dafür bereits die Produktwelt des bekannten Kaffees inszenieren – Helmut Newton, Ellen von Unwerth, David LaChapelle oder Jean-Baptiste Mondino.

Für 2009 sollte nun Lichtbildikone Annie Leibowitz dem braunen Elixier huldigen. Doch zumindest meine Erwartungen wurden enttäuscht. »I’ve been photoshopped!« schreit jedes Kalenderblatt, die Motive wirken auf mich ebenso leblos wie überladen und spätestens der Teller Spaghetti, der im September/Oktober serviert wird, geht gar nicht mehr. Dann lieber Tee statt Espresso.

2005 war der nicht ganz so prominente holländische Fotograf Erwin Olaf für die Umsetzung des Kalenders verantwortlich. Auch seine Lavazza-Bildwelten sind sicher Geschmackssache, aber sein z.T. grenzwertig-morbides Web-Portfolio finde ich atemberaubend.

Erwin Olaf Door
Ein Motiv Erwin Olafs aus der Serie »Paradise Portraits« am Eingang der Vrije Academie, Werkplaats voor beeldende Kunsten, Den Haag
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