Kategorie: Ins Netz gegangen

Linktipps und Seltsamkeiten aus dem Internet

Du bist viele

In den letzten Tagen und Wochen begegneten mir Meldungen, Ereignisse und Gedanken auf Websites, bei Twitter, Facebook, in Offline-Medien, in Nachrichtenmeldungen, in meinem persönlichen Umfeld, die in mir ein Gefühl auslösten. Sollte ich es benennen, würde ich sagen: »Ich glaube, es passiert gerade was.« Vielleicht sind die Zusammenhänge, die ich zu sehen glaube, totaler Blödsinn oder längst irgendwo anders formulierte »olle Kamellen«, aber ich möchte sie zumindest einmal hier aufschreiben, auch, um mal etwas Ordnung hineinzubekommen.

Was waren das für Dinge, die dieses Gefühl in mir auslösten? Das hört sich auf den ersten Blick ziemlich abenteuerlich an, denn sie scheinen keinerlei Zusammenhang zu haben: klassische Parteipolitik, die Holzmedien und ihre Krise, Musikverlage, e-Books, Downloads, der Arabische Frühling, die aktuellen Demonstrationen in der Türkei, Shitstorms, Facebook-Partys, das Hochwasser in weiten Teilen Deutschlands, Germany’s Next Topmodel und andere Castingshows, subversive Social-Media-Postings chinesischer Internetnutzer zum Jahrestag der Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens, Umweltschutz, Ökostrom und Nachhaltigkeit, die sogenannte »Mass Customization«, die Netz-Initiative #aufschrei sowie einiges andere mehr. All diese Ereignisse kreisen um ein Thema bzw. deuten für mich auf einen Trend hin, für den ich das Wort »Schwarmaktivismus« gesucht und gefunden habe. Dieser Trend hat unmittelbar mit dem Internet zu tun, bewegt sich aber für mein Empfinden zunehmend ins Offline-Leben hinaus. Aber der Reihe nach.

Der finale Auslöser meines Gedankengangs war ein Zitat in dem Videoclip eines Vortrags einer TEDx-Konferenz, auf das ich im Blog von Isabel Bogdan aufmerksam wurde. Der Vortragende, ein Guerilla-Gardening-Aktivist aus Los Angeles, sagte darin:

»… ich weigere mich, Teil dieser vorgefertigten Realität zu sein, die von anderen Menschen hergesteⅡt wurde …«
(Video, Minute 4:49)

Seine Schlussfolgerung daraus war: ich tue selbst etwas, direkt vor meiner Haustür, werde nicht Mitglied einer Partei, warte nicht ab, bis andere für mich die Initiative ergreifen und kümmere mich nicht primär darum, wieviel ich mit meinem Tun bewege, sondern dass ich überhaupt etwas bewege, in einem kleinen, begrenzten Bereich (Selbstversorgung mit pflanzlichen Nahrungsmitteln) und unabhängig von Inititativen, Programmen und Vereinen, die sich Größeres auf die Fahnen geschrieben haben. Bis dahin eigentlich nichts bahnbrechend Neues. Aber ich interpretiere sein Zitat noch ein wenig darüber hinaus.

Bevor es das Internet gab, war der Austausch zwischen »Sendern« und »Empfängern« sowie innerhalb der »Empfänger« stark begrenzt. Politische Meldungen entnahm man dem Fernsehen, dem Radio, der Tagespresse oder engagierte sich selbst politisch aktiv. Der Austausch und die Verbreitung von Nachrichten und Meinungen untereinander vollzog sich durch Telefonieren, Briefe schreiben oder persönliche Gespräche. Um in Kontakt mit den »Sendern« zu treten, konnte man als »Empfänger« so etwas wie »Leserbriefe« schreiben, die nach Belieben veröffentlicht wurden oder man konnte bei Demonstrationen auf die Straße gehen. Das war’s. Dieselben Mechanismen bestimmten weitgehend auch das Kultur- und Alltagsleben. In Zeitungen und Magazinen konnte »man« lesen, welche Modetrends, Popstars oder Gesprächsthemen angesagt waren, die Erscheinungszeiträume folgten einem starren, bestenfalls täglichen Rhythmus. Nischenthemen wurden zwar in Independent-Kanälen behandelt, aber meist auch nur von einem Nischenpublikum konsumiert. Die Aufbereitung der Themen geschah unweigerlich in vorverpackter, gebündelter Form – man musste ein komplettes Magazin kaufen, um nur einen Artikel von persönlichem Interesse zu lesen, ein komplettes Album kaufen, um nur einen Lieblingssong zu besitzen, eine ganze Nachrichtensendung schauen, um einzelne individuell interessante Meldungen wahrzunehmen oder eine Partei wählen, um vielleicht nur einen einzelnen oder wenige persönliche Standpunkte aus dem gesamten Parteiprogramm politisch zu forcieren.

Für die »Sender« war diese Art der Beziehung zu ihren »Empfängern« von großem Vorteil. Sie konnten sich institutionalisieren und solidarisieren. Ob Konzerne, Parteien, Verlage oder Religionsgemeinschaften – die Botschaften und die Bedingungen für deren Abnahme durch die »Empfänger« konnten bequem vorgefertigt im Gesamtpaket gebündelt und verteilt werden, frei nach dem Motto »Alles oder Nichts«. So konnten Einfluss- und Machstrukturen entstehen, mit denen sich die Abnehmer bequem steuern oder zu vielfältigen Kompromissen bewegen ließen, sie konnten ja kaum etwas dagegen tun, das war nun einmal so. In vielen Bereichen, allen voran im Konsum, ist das weiterhin unverändert und wird es wohl auch eine Weile noch bleiben. Tausende Menschen, Erwachsene wie Teenager, kopieren ihren Lebensstil als »Bundle«, wollen aussehen (oder bei Castingshows singen oder tanzen) wie [hier bitte nach Belieben Promi, Popstar, Modestil oder Statusgemeinschaft einfügen], wir alle kaufen Massenprodukte, die vorgefertigt in den Regalen liegen, der Weg zur Individualisierung liegt lediglich in der Kombination unserer Einkäufe, in wenigen, begrenzten Customizing-Optionen wie Ausstattung, Material oder Farbe oder im Do-it-yourself-Verändern der Produkte nach ihrem Kauf. Natürlich erlischt dann sofort die Garantie.

Mit dem Internet begannen diese Machtstrukturen zu zerbrechen, denn die »Empfänger« wurden nun nicht nur bald ebenfalls zu»Sendern«, sondern konnten sich auch untereinander in weitaus größerer Zahl, Frequenz und Intensität miteinander austauschen. Statt größerer Contentpakete zerfielen Botschaften und Medieninhalte in kleinstmögliche Einheiten. Songs statt Alben, Twittermeldungen statt Nachrichtenmagazine, individuelle Standpunkte statt Parteiprogramme. Ständig formieren sich changierende virtuelle Interessengemeinschaften von Fans, Aktivisten, Hobbybetreibern, Zeit und Ort sind egal. Jeder kann bloggen, twittern, posten. Das beunruhigt die gewachsenen Sendermonolithen natürlich, denn plötzlich werden Widerspruch und Kritik in Echtzeit öffentlich, manchmal in beängstigender Zahl und mit aggressiver Energie. Verlage fordern vom Staat Schutzmechanismen für ihre schwindende Relevanz ein, Regierungen überwachen oder manipulieren den Traffic im Netz, Konzerne reagieren mit Ignoranz oder richten mit panischem Feedback und Abmahnungen mehr Schaden als Nutzen für ihre Marken und Kunden an.

Dennoch hatte ich bislang das Gefühl, die Mehrheit der Internetnutzer bediente sich dieser Möglichkeiten des Netzes hauptsächlich auf zwei Arten: entweder totaler Individualismus (»endlich kann ich mich mit meiner Meinung und meinen Themen im Netz selbst verwirklichen«) oder totaler Kollektivismus, wie er bei Shitstorms, Facebookpartys oder der Organisation von Massenprotesten wie z.B. beim Arabischen Frühling bzw. derzeit in der Türkei sichtbar wird. Ich will das gar nicht abwerten, ich finde es toll, dass jedes Nischenthema im Netz seinen Platz findet, ebenso begrüße ich die Macht, die durch die Online-Solidarisierung und -Koordination vieler Einzelner bei Demonstrationen, Petitionen und Diskussionen möglich wird. Dennoch blieb eine dritte, weitaus subtilere – und vielleicht gerade deshalb machtvolle – Einflussmöglichkeit aus meiner Sicht bislang wenig genutzt: der Schwarmaktivismus.

Der Schwarmaktivist (egal welchen Geschlechts) hat zwar ebenfalls keine Lust mehr, seine Themen und Ideologien im Komplettpaket von politischen oder sonstigen Instanzen zu »abonnieren«, aber er flüchtet sich nicht in einen neuen Kollektivismus, indem er nach Anderen sucht, die exakt dasselbe tun wie er und mit diesen wiederum neue Parteien und Interessengruppen gründet oder an bestimmte Orte reist, um diese Gleichgesinnten zu treffen. Stattdessen reicht es ihm vollauf, zu sehen, dass im Netz an unzähligen Stellen und Orten auf der Welt andere Individuen so denken wie er. Er handelt individuell, vor seiner Haustür, mit kleinen, persönlichen Beiträgen in dem Bewusstsein, dass überall auf der Welt Andere etwas Ähnliches tun. Um dieses Bewusstsein zu entwickeln, benötigt er das Netz. Um entsprechend zu handeln, braucht er es nicht. Gegenseitiger Online-Austausch mit Geistesverwandten hingegen ist erwünscht und wird auch genutzt. So beschließen Menschen, zu Ökostromanbietern zu wechseln, Solarkollektoren auf dem Dach zu installieren, zu vegetarischer Ernährung zu wechseln, Fahrgemeinschaften für Vor-Ort-Hilfe oder Spenden für Flutopfer zu organisieren, Obst auf Verkehrsinseln anzupflanzen, kluge und konstruktive Blogartikel zur Verlags- oder Buchhandelskrise zu veröffentlichen, sich persönlich aufgrund eines Online-Denkanstoßes in ihrem ganz persönlichen Umfeld gegen Sexismus im Alltag zu engagieren oder auf andere Weise »die Welt zu retten«. Vereint durch den Überdruss an Lobbyismus, Parteipolitik und des Wartens müde, dass sich von oben oder von selbst etwas ändert – und angetrieben von der Weigerung, zu resignieren, weil man als Einzelner ohnehin machtlos ist. Der Schwarmaktivist muss sich nicht zwingend mit jemandem verabreden, er kann selbst entscheiden, wie und wann er etwas tut – und was. Motiviert durch das Internet und durch die dort sichtbare Gewissheit, dass da draußen Millionen anderer Menschen ebenso denken und sich überlegen, was sie im Kleinen bewegen können, damit trotzdem, bald und überall auf der Welt das Leben jeden Tag wieder ein kleines bisschen besser wird. Und aufgrund meines Gefühls, dass die Zahl derer, die so handeln, täglich zunimmt, möchte ich gern optimistisch sein und glauben: das wird es.

33 Dinge, …

… die ich immer wieder verwechsele:

  1. konkav und konvex
  2. Mambo und Rumba
  3. Hamburg-Hamm und Hamburg-Horn
  4. Cary Grant und Gary Cooper
  5. a.m und p.m.
  6. Backbord und Steuerbord
  7. »Der dritte Mann« und »Der unsichtbare Dritte«
  8. Küfer und Kürschner
  9. Lüneburg und Lübeck
  10. Madeira und Marsala
  11. Leopard und Gepard
  12. Majoran und Oregano
  13. Pflaumen und Mirabellen
  14. Labrador und Golden Retriever
  15. Tortillas, Tacos, Enchiladas und Burritos
  16. Haschisch und Marihuana
  17. Suzuki und Subaru
  18. Balzac und Starbucks
  19. Star Trek und Star Wars
  20. Frodo und Bilbo
  21. Khaki und Oliv
  22. Wespen und Hornissen
  23. Lambrusco und Frascati
  24. .tif und .gif
  25. Mallorca und Monaco
  26. Elmex und Aronal
  27. Krethi und Plethi
  28. Rambazamba und Halligalli
  29. Gunter Emmerlich und Roland Emmerich
  30. FDP und PDF
  31. Cindy und Bert
  32. 4711 und 08/15
  33. Carmen Nebel und Kirsten Dunst

Hab ich was vergessen?

Update 05. Mai 2013: Ihr seid so großartig! Ich habe mal meine subjektiven Best-of aus den famosen Kommentaren (und das waren fast alle) in die Liste eingepflegt. Großer Spaß!

  1. Brutto und Netto
  2. Randy Crawford und Randy Newman
  3. Mein und Dein
  4. Sein und Schein
  5. Links und anderes Links
  6. Villariba und Villabacho
  7. Roland Kaiser und Howard Carpendale
  8. Wladimir und Vitali Klitschko.
  9. kurzsichtig und weitsichtig
  10. Witta Pohl und Gaby Dohm (und Thekla Carola Wied)
  11. Boba Fett und Jabba the Hutt
  12. gerührt und geschüttelt
  13. Internet und www
  14. dreifacher Lutz und dreifacher Rittberger
  15. Gitti und Erika
  16. Yul Brynner und Telly Savalas
  17. Nord und Süd und Ost und West
  18. Salz und Zucker
  19. Dill und Thymian
  20. Crevetten und Krabben
  21. Sanssouci und Versailles
  22. Touchscreens und Monitore
  23. Guinea und Guyana
  24. Uhr vorstellen und Uhr zurückstellen
  25. Hamburg-Barmbek und -Bramfeld und -Billstedt bzw. Hamburg-Eidelstedt und -Eilbek
  26. Bischöfe und Kardinäle
  27. Priester und Pfarrer
  28. Johannes Kerner und Markus Lanz
  29. Toto und Harry
  30. Stephen Hawking und Sam Hawkins
  31. Google+ und Xing
  32. Ludwig und Stefan Boltzmann
  33. Melancholiker und Sanguiniker
  34. clever und cmart (im Englischen und im Deutschen)
  35. unterschiedlich und verschieden
  36. Schulze und Schultze
  37. Busum und Husum
  38. Justin Bieber und Justin Timberlake
  39. Gaspedal und Bremspedal
  40. Herbert Knaup und Martin Brambach (im Tatort)
  41. Stalagtiten und Stalagmiten
  42. Die Geburtstage meiner Eltern (12.1 und 11.2.)
  43. Drücken und Ziehen (auf Türen)
  44. die Titel der Bud-Spencer-Filme
  45. Erle und Lerche
  46. Sekt und Champagner
  47. Sardellen und Sardinen
  48. Maikäfer und Marienkäfer
  49. Das Twitter- und das Tumblr-T
  50. Mary-Kate und Ashley Olsen
  51. Amerika und Indien
  52. Markus und Karsten
  53. Karsten Baumann und Stefan Emmerling
  54. Beige und Ecru
  55. Lavendel und Violett
  56. Rhododendron und Oleander
  57. Slowenien und Slowakei
  58. Den Staubsaugerknopf zum Abstellen des Staubsaugers und den um die Schnur aufzuwickeln
  59. U6 Richtung Alt-Tegel und U6 Richtung Alt-Mariendorf
  60. ob der IKEA nun links oder rechts von der Autobahnausfahrt im Industriegebiet liegt
  61. Helvetica und Arial
  62. Louis XV. und Louis XVI.

… und um die 100 vollzumachen, hier noch fünf von mir:

  1. Die niederländische und die französische Flagge
  2. Leonard Bernstein und George Gershwin
  3. Mojito und Caipirinha
  4. Joseph und Ralph Fiennes
  5. Tulpen aus Amsterdam und Weiße Rosen aus Athen

Das muss aber noch lange nicht der Schlusspunkt sein …

Update 08. Mai 2013: Ich verneige mich …

… kurz nachdem Peter Wittkamp, aka @diktator bei Twitter, mich gefragt hatte, ob er meine Liste zu seinem Projekt »Auslisten« (Website | Facebook) hinzufügen darf, kommentierte der Autor des famosen (und von mir hier auch schon mal empfohlenen) Buches »Die sexuellen Fantasien der Kohlmeisen«, Tex Rubinowitz, die Liste mit einigen Einträgen, die natürlich hier nicht fehlen sollen:

  1. Stadium und Stadion
  2. Studium und auf der faulen Haut liegen
  3. Tofu und Futon
  4. Andy Warhol und Woody Allen
  5. Melbourne und Montreal
  6. Beirut und Bayreuth
  7. Bitte und Danke
  8. das gleiche und das selbe

Beides kleine Ritterschläge. Vielen Dank!

Panta Ente rhei

Am 15. September 2008 postete ich meinen ersten Tweet. Im Verlauf der darauf folgenden 1665 Tage landeten 21.380 Tweets in meiner Timeline, mittlerweile 6.573 Menschen (abzüglich Bots, Werbeaccounts und Karteileichen) lesen zumindest hin und wieder mal, was ich an Blödsinn vom Stapel lasse und 14mal habe ich meinen Avatar gewechselt. Ich kann und will unmöglich allen zurückfolgen, so gern ich dies täte, da ich meine Timeline gerne unter Kontrolle behalte und möglichst wenig von dem verpassen möchte, was meine Lieblingstwitterer schreiben. Ich freue mich sehr, dass die meisten, denen ich folge, auch mir schon sehr, sehr lange »treu« bleiben, auch, wenn ich mal eine Reply verschlampe oder mich ein paar Tage in Schweigen hülle, weil Anderes meine Zeit und/oder Aufmerksamkeit fordert.

Es gibt so unglaublich viele Menschen hier, die ihre Persönlichkeit, Alltagserlebnisse, Weltsicht, Kreativität, ihren Humor, Beruf, ihr Hobby oder andere Themen und Beweggründe in ihre Tweets packen und mich jeden Tag zum Schmunzeln, Teilhaben und Nachdenken bringen. Sicher war Twitter früher heimeliger, intimer, vertrauter (besonders die Nachttimeline), aber das ist selten geworden. Es fühlt sich an, als wurde in den letzten 5 Jahren um ein einzelnes Haus, in das man mit seinen Followern und Followees einzog und wo man jeden kannte, den man im Treppenhaus traf, nach und nach eine Siedlung und schließlich eine große Stadt errichtet. Aber trotz der Vorkommnisse, die dort – in Twitterhude – gelegentlich die Eintracht trüben, wie Hämelawinen, Shitstürme oder Pauschalverurteilungen, polemische Diskussionen oder Entfolgungsschmoller, möchte ich hier nicht wegziehen.

Es gibt übrigens keinen Anlass für dieses Resümee, kein rundes Jubiläum an Tagen, Jahren oder Followerzahlen. Ich möchte Euch einfach mal »Danke« sagen und mich grundlos freuen, dass es Euch und Twitter gibt.


Artwork: © formschub

Schweinkram

Wun. Der. Bar. Endlich wieder eine Gelegenheit, den inneren Poeten von der Leine zu lassen. Der Kommentarbereich im Blog von Isabel Bogdan birst nach Ihrem Aufruf zum rüden Reimen gerade vor Leserbeiträgen, die sämtlich drei Dinge miteinander gemeinsam haben: es sind Limericks, sie sprühen vor Ideenreichtum und – sie drehen sich samt und sonders um Sex. Oder Erotik. Oder Masturbation, Geschlechtsverkehr und Co. Schweinkram, eben. Ich möchte daher eine dringende (NSFW-)Besuchs- und Leseempfehlung aussprechen und nachdrücklich auch zum Mitmachen anregen. Vielleicht wird’s ja sogar ein Buch …

Um vorab einen wenigstens kleinen Eindruck davon zu vermitteln, was Besucher dort drüben erwartet, hier die beiden drei Pornofünfzeiler, zu denen mich dieser große Spaß inspirierte:

Es war mal ein Dichter aus Plön,
dessen Verse war’n immer obszön.
Sie wimmeln vor Brüsten,
Schwänzen, Mösen und Lüsten,
doch liest sich das trotzdem recht schön.

Ein sehr schüchterner Boy aus Marseille
liebte Sarah (aus PVC).
Doch beim Liebesspiel
barst prompt das Ventil
und die Leidenschaft endete jäh.

Update: … und noch eins

Ein Bisexueller aus Maine
hatt’ ein Date – die Lady hieß Jane.
Auf dem Weg dorthin dann
sprach ein Tarzan ihn an,
da entschied er: »Ich nehm lieber den!«

Bei sowas muss ich einfach mitmachen. Ich kann | nicht | anders.


Foto: © formschub

Timelapsus

Als bekennender Fan der Serie »Fringe« gucke ich mich gerade mit wachsender Begeisterung durch die zweite Staffel, in der es nach zahlreichen mysteriösen Vorkommnissen, Indizien und Andeutungen nun tatsächlich zur unerfreulichen Konfrontation zweier paralleler Universen kommt.

In der Episode 16, die nach dem Sohn des Protagonisten Dr. Walter Bishop, »Peter«, benannt ist, geht es während einer ausführlichen Rückblende um bedeutungsvolle Ereignisse, die sich im Jahre 1985 zugetragen haben. Das inspirierte die Macher der Serie zu der schönen Idee, bei dieser Folge den regulären Vorspann durch eine spezielle Version im Stil der 80er Jahre zu ersetzen. Statt der neuzeitlichen (grenz)wissenschaftlichen Trendthemen werden die damaligen eingeblendet, der Grafikstil, Computeranimationen und die Science-Fiction-Schrift Amelia aus dem Jahre 1967 sorgen für eine stilechte Retro-Optik.

Wäre da nicht die Nennung der drei Serienerfinder am Schluss der Titelsequenz. Die sorgt nämlich bei Typographiefans für einen kleinen Sprung im Raum-Zeit-Kontinuum: es ist die Verdana, die zwar als Computerschrift speziell für Microsoft entworfen wurde, allerdings erst 1996 – elf Jahre nach 1985. Mysteriös …


Screenshot content: © FOX Broadcasting Company,
published for non-commercial documentary purposes

Bücherfragebogen [♂] – 27

Immer noch, seit meinem letzten Blogeintrag zum Bücherfragebogen (September 2011!) sind sechs der 30 Fragen unbeantwortet. Das liegt zum einen daran, dass ich derzeit etwas blogfaul bin (das geht erfahrungsgemäß vorüber), zum anderen daran, dass die verbliebenen Fragen die für mich am schwierigsten zu beantwortenden sind. Sei es, weil ich das Gefühl habe, wahnsinnig viel dazu schreiben zu müssen und mich aus diesem Grund davor drücke, oder weil ich auf die Frage keine oder nur schwer eine Antwort finde.

Sei’s drum. Wovor ich mich auf keinen Fall drücken möchte, ist, den kompletten Fragebogen abzuhandeln. Heute nehme ich mir daher mal wieder eine Frage vor:


27 Ein Buch, dessen Hauptperson dein »Ideal« ist
Hier ist es die Fragestellung, die mich bei der Beantwortung zögern lässt. Ein »Ideal« in dem Sinne, dass es eine reale oder irreale Person gäbe, welche ein sublimiertes Vorbild für mich in allen charakterlichen oder sonstigen Belangen ist, habe ich nicht.

Es gibt einzelne reale Personen, die ich verehre, bewundere oder sogar ein bisschen beneide, weil sie gut aussehen, Erfolg haben, sich nicht verbiegen lassen, Stärke zeigen, sich engagieren oder unbequem sind. Aber in Büchern finde ich selten Charaktere, bei denen diese Identifikation so stark wird wie bei »echten« Menschen. Während der Lektüre von Büchern kann ich mich durchaus mit einzelnen Figuren identifizieren, sie bewundern oder respektieren, aber das Gefühl von Fiktion bleibt dabei zu gegenwärtig, um daraus tragfähige »Ideale« werden zu lassen, die mich auch außerhalb der Bücher leiten und anspornen.

Bei bewegten Bildern passiert mir das schon ein bisschen öfter. Charaktere in Serien oder Spielfilmen, die stark und souverän bleiben, sich nicht »die Butter vom Brot nehmen lassen«, nicht mit ihrer Meinung hinterm Berg halten, sich konsequent durchsetzen, immer bei sich bleiben, ihren Weg gehen oder sich Widersachern entschlossen entgegenstellen, haben seit meiner Kindheit durchaus einen Platz in meiner »Hall of Fame«: Inger Nilsson als anarchische Pippi Langstrumpf, Jack Klugman als unbequemer Pathologe Quincy, Leonard Nimoy als ultimativ rationaler Enterprise-Wissenschaftsoffizier Mr. Spock oder Diana Rigg als als unerschrockene Geheimdienstamazone Emma Peel waren und sind auf eine gewisse Weise »Ideale«, aber gleichfalls aus und innerhalb einer fiktiven Welt.

Suche ich weiter nach Identifikationsfiguren in gedruckten Medien, lande ich tatsächlich in meiner Kindheit – und am ehesten bei Comics. Jahrelang investierte ich mein knappes Taschengeld fast ausschließlich in das Comicheft KOBRA, in dem sich fantastische Helden die Klinke in die Hand gaben: Spider-Man (ein anderer als das Original), Archie – der Mann aus Stahl (ein Roboter) und die famos gezeichnete SciFi-Saga Trigan fanden regelmäßig aus den heißgeliebten zerlesenen Heften ihren Weg auf den Spielplatz, wo ich mit infizierten Freunden die spannendsten Episoden im Klettergerüstraumschiff und auf dem Sandkastenplaneten nachspielte. Auch die Serie Captain York, die später exklusiv in den legendären YPS-Heften erschien, schaffte es in meinen Kinderheldenolymp.

Etwas harmloser, aber ebenso inspirierend fand ich eine französische Comicserie des berühmten Schlumpfzeichners Peyo über einen kleinen blonden Pariser Jungen mit einer Baskenmütze, einem blauen Schal und einer roten Jacke, der über Superkräfte verfügt. Ist er allerdings erkältet, was mindestens einmal pro Episode an einer kritischen Stelle der Fall ist, versiegen seine Fähigkeiten und er muss sich Kraft seiner Gedanken etwas anderes einfallen lassen – was natürlich meist gelingt. Die Serie wurde in Deutschland unter zwei verschiedenen Namen veröffentlicht, zunächst in Fortsetzungsgeschichten mit dem Titel »Der kleine Winni« im Rahmen der Fix & Foxi-Hefte, später als eigene Comicbandreihe »Benni Bärenstark«. Die Rolle des kleinen, schüchternen Jungen, der von den Erwachsenen nie richtig ernstgenommen wird, aber hinter den Kulissen mit Grips und Superkräften die Dinge insgeheim wieder ins Lot bringt, war für mich als 10- bis 12jähriger irgendwie auch eine Art Ideal. Die Bände sind inzwischen leider vergriffen und nur noch zu Sammlerpreisen, z. B. bei Amazon erhältlich.

Ich bin mal gespannt, ob einige Leser die genannten Comicfiguren ebenfalls kennen. Wenn Ihr mögt, freue ich mich in den Kommentaren auf einen Einblick in Eure Ideale!

Der komplette Fragebogen im Überblick.

Books_27
Photo: © Larry Kwan | Some rights reserved

Filmfoodverbalmimikry

Gestern beim Frühstück fiel mir etwas Seltsames auf: ich habe zwar schon seit je her unzählige von Filmzitaten in mein Floskelrepertoire integriert (z.B. »Herr Ober, dürfen wir Ihnen vielleicht etwas bringen?« – Loriot, Pappa ante Portas), aber erstmals bemerkte ich, dass ich aus vielen Filmen die Aussprache von Lebensmitteln übernommen habe, sofern die Protagonisten diese auf eine ganz besondere Weise aussprechen oder betonen. Das geht sogar soweit, dass ich die betreffenden Lebensmittel fast nur noch so wie in dem jeweiligen Film ausspreche. Meist sind es nur ein oder zwei Wörter und jeweils bezogen auf die deutsche Synchronfassung – ich durchforste gerade mein Gedächtnis, um möglichst viele dieser Vokabeln, die ich bislang eher unbewusst benutzte, ausfindig zu machen. Ein paar habe ich schon gefunden:

»Salz?« (Am Anfang und Ende des Wortes gelispelt) – Shirley (Kathryn Pogson), die Tochter von Mrs. Ida Lowry in »Brazil« (leider ohne Cliplink)

»Kohlrabi.« (mit vorn auf der Lippe genuscheltem »b«) – Loriot als »Krawehl«-Dichter Lothar Frohwein in »Ödipussi«

»Champagner!« (schrill-generös) – Luxusschmarotzerin und Dauerkurgast Bubbles DeVere (Matt Lucas) in »Little Britain«

»Muskatnuss!!!« (à la Hitler) – Louis de Funès als Restaurantinhaber Monsieur Septime in »Le Grand Restaurant« (»Scharfe Kurven für Madame«)

»Frisches Obst?« (hysterisch-abgedreht) – John Cleese als Militärausbilder in der Episode »Self Defence against Fresh Fruit« in »Monty Pythons wunderbare Welt der Schwerkraft«

»Käffchen?« (eifrig-affektiert) – Petra Zieser als Redaktionsassistentin in Hape Kerkeling’s »Kein Pardon«

Mir fallen bestimmt noch mehr Beispiele ein … aber es ist schon eine komische Marotte. Oder geht es noch jemandem so?

Movie_Mouth
Photo: © Richardzinho | Some rights reserved

Ich sehe das QRitisch …

Über die – meiner Meinung nach oft ebenso überflüssigen wie fehlplatzierten – QR-Codes wollte ich hier auch schon immer mal was schreiben, aber jetzt hat Gerrit van Aaken das bei praegnanz.de getan. Und seinem Blogbeitrag habe ich kein Wort hinzuzufügen. Außer vielleicht diese »Musterbeispiele«. Hihi.

QRCode
QR-Code created with QR-Code Generator via kaywa.com