Kategorie: Ins Netz gegangen

Linktipps und Seltsamkeiten aus dem Internet

Panta Ente rhei

Am 15. September 2008 postete ich meinen ersten Tweet. Im Verlauf der darauf folgenden 1665 Tage landeten 21.380 Tweets in meiner Timeline, mittlerweile 6.573 Menschen (abzüglich Bots, Werbeaccounts und Karteileichen) lesen zumindest hin und wieder mal, was ich an Blödsinn vom Stapel lasse und 14mal habe ich meinen Avatar gewechselt. Ich kann und will unmöglich allen zurückfolgen, so gern ich dies täte, da ich meine Timeline gerne unter Kontrolle behalte und möglichst wenig von dem verpassen möchte, was meine Lieblingstwitterer schreiben. Ich freue mich sehr, dass die meisten, denen ich folge, auch mir schon sehr, sehr lange »treu« bleiben, auch, wenn ich mal eine Reply verschlampe oder mich ein paar Tage in Schweigen hülle, weil Anderes meine Zeit und/oder Aufmerksamkeit fordert.

Es gibt so unglaublich viele Menschen hier, die ihre Persönlichkeit, Alltagserlebnisse, Weltsicht, Kreativität, ihren Humor, Beruf, ihr Hobby oder andere Themen und Beweggründe in ihre Tweets packen und mich jeden Tag zum Schmunzeln, Teilhaben und Nachdenken bringen. Sicher war Twitter früher heimeliger, intimer, vertrauter (besonders die Nachttimeline), aber das ist selten geworden. Es fühlt sich an, als wurde in den letzten 5 Jahren um ein einzelnes Haus, in das man mit seinen Followern und Followees einzog und wo man jeden kannte, den man im Treppenhaus traf, nach und nach eine Siedlung und schließlich eine große Stadt errichtet. Aber trotz der Vorkommnisse, die dort – in Twitterhude – gelegentlich die Eintracht trüben, wie Hämelawinen, Shitstürme oder Pauschalverurteilungen, polemische Diskussionen oder Entfolgungsschmoller, möchte ich hier nicht wegziehen.

Es gibt übrigens keinen Anlass für dieses Resümee, kein rundes Jubiläum an Tagen, Jahren oder Followerzahlen. Ich möchte Euch einfach mal »Danke« sagen und mich grundlos freuen, dass es Euch und Twitter gibt.


Artwork: © formschub

Schweinkram

Wun. Der. Bar. Endlich wieder eine Gelegenheit, den inneren Poeten von der Leine zu lassen. Der Kommentarbereich im Blog von Isabel Bogdan birst nach Ihrem Aufruf zum rüden Reimen gerade vor Leserbeiträgen, die sämtlich drei Dinge miteinander gemeinsam haben: es sind Limericks, sie sprühen vor Ideenreichtum und – sie drehen sich samt und sonders um Sex. Oder Erotik. Oder Masturbation, Geschlechtsverkehr und Co. Schweinkram, eben. Ich möchte daher eine dringende (NSFW-)Besuchs- und Leseempfehlung aussprechen und nachdrücklich auch zum Mitmachen anregen. Vielleicht wird’s ja sogar ein Buch …

Um vorab einen wenigstens kleinen Eindruck davon zu vermitteln, was Besucher dort drüben erwartet, hier die beiden drei Pornofünfzeiler, zu denen mich dieser große Spaß inspirierte:

Es war mal ein Dichter aus Plön,
dessen Verse war’n immer obszön.
Sie wimmeln vor Brüsten,
Schwänzen, Mösen und Lüsten,
doch liest sich das trotzdem recht schön.

Ein sehr schüchterner Boy aus Marseille
liebte Sarah (aus PVC).
Doch beim Liebesspiel
barst prompt das Ventil
und die Leidenschaft endete jäh.

Update: … und noch eins

Ein Bisexueller aus Maine
hatt’ ein Date – die Lady hieß Jane.
Auf dem Weg dorthin dann
sprach ein Tarzan ihn an,
da entschied er: »Ich nehm lieber den!«

Bei sowas muss ich einfach mitmachen. Ich kann | nicht | anders.


Foto: © formschub

Timelapsus

Als bekennender Fan der Serie »Fringe« gucke ich mich gerade mit wachsender Begeisterung durch die zweite Staffel, in der es nach zahlreichen mysteriösen Vorkommnissen, Indizien und Andeutungen nun tatsächlich zur unerfreulichen Konfrontation zweier paralleler Universen kommt.

In der Episode 16, die nach dem Sohn des Protagonisten Dr. Walter Bishop, »Peter«, benannt ist, geht es während einer ausführlichen Rückblende um bedeutungsvolle Ereignisse, die sich im Jahre 1985 zugetragen haben. Das inspirierte die Macher der Serie zu der schönen Idee, bei dieser Folge den regulären Vorspann durch eine spezielle Version im Stil der 80er Jahre zu ersetzen. Statt der neuzeitlichen (grenz)wissenschaftlichen Trendthemen werden die damaligen eingeblendet, der Grafikstil, Computeranimationen und die Science-Fiction-Schrift Amelia aus dem Jahre 1967 sorgen für eine stilechte Retro-Optik.

Wäre da nicht die Nennung der drei Serienerfinder am Schluss der Titelsequenz. Die sorgt nämlich bei Typographiefans für einen kleinen Sprung im Raum-Zeit-Kontinuum: es ist die Verdana, die zwar als Computerschrift speziell für Microsoft entworfen wurde, allerdings erst 1996 – elf Jahre nach 1985. Mysteriös …


Screenshot content: © FOX Broadcasting Company,
published for non-commercial documentary purposes

Bücherfragebogen [♂] – 27

Immer noch, seit meinem letzten Blogeintrag zum Bücherfragebogen (September 2011!) sind sechs der 30 Fragen unbeantwortet. Das liegt zum einen daran, dass ich derzeit etwas blogfaul bin (das geht erfahrungsgemäß vorüber), zum anderen daran, dass die verbliebenen Fragen die für mich am schwierigsten zu beantwortenden sind. Sei es, weil ich das Gefühl habe, wahnsinnig viel dazu schreiben zu müssen und mich aus diesem Grund davor drücke, oder weil ich auf die Frage keine oder nur schwer eine Antwort finde.

Sei’s drum. Wovor ich mich auf keinen Fall drücken möchte, ist, den kompletten Fragebogen abzuhandeln. Heute nehme ich mir daher mal wieder eine Frage vor:


27 Ein Buch, dessen Hauptperson dein »Ideal« ist
Hier ist es die Fragestellung, die mich bei der Beantwortung zögern lässt. Ein »Ideal« in dem Sinne, dass es eine reale oder irreale Person gäbe, welche ein sublimiertes Vorbild für mich in allen charakterlichen oder sonstigen Belangen ist, habe ich nicht.

Es gibt einzelne reale Personen, die ich verehre, bewundere oder sogar ein bisschen beneide, weil sie gut aussehen, Erfolg haben, sich nicht verbiegen lassen, Stärke zeigen, sich engagieren oder unbequem sind. Aber in Büchern finde ich selten Charaktere, bei denen diese Identifikation so stark wird wie bei »echten« Menschen. Während der Lektüre von Büchern kann ich mich durchaus mit einzelnen Figuren identifizieren, sie bewundern oder respektieren, aber das Gefühl von Fiktion bleibt dabei zu gegenwärtig, um daraus tragfähige »Ideale« werden zu lassen, die mich auch außerhalb der Bücher leiten und anspornen.

Bei bewegten Bildern passiert mir das schon ein bisschen öfter. Charaktere in Serien oder Spielfilmen, die stark und souverän bleiben, sich nicht »die Butter vom Brot nehmen lassen«, nicht mit ihrer Meinung hinterm Berg halten, sich konsequent durchsetzen, immer bei sich bleiben, ihren Weg gehen oder sich Widersachern entschlossen entgegenstellen, haben seit meiner Kindheit durchaus einen Platz in meiner »Hall of Fame«: Inger Nilsson als anarchische Pippi Langstrumpf, Jack Klugman als unbequemer Pathologe Quincy, Leonard Nimoy als ultimativ rationaler Enterprise-Wissenschaftsoffizier Mr. Spock oder Diana Rigg als als unerschrockene Geheimdienstamazone Emma Peel waren und sind auf eine gewisse Weise »Ideale«, aber gleichfalls aus und innerhalb einer fiktiven Welt.

Suche ich weiter nach Identifikationsfiguren in gedruckten Medien, lande ich tatsächlich in meiner Kindheit – und am ehesten bei Comics. Jahrelang investierte ich mein knappes Taschengeld fast ausschließlich in das Comicheft KOBRA, in dem sich fantastische Helden die Klinke in die Hand gaben: Spider-Man (ein anderer als das Original), Archie – der Mann aus Stahl (ein Roboter) und die famos gezeichnete SciFi-Saga Trigan fanden regelmäßig aus den heißgeliebten zerlesenen Heften ihren Weg auf den Spielplatz, wo ich mit infizierten Freunden die spannendsten Episoden im Klettergerüstraumschiff und auf dem Sandkastenplaneten nachspielte. Auch die Serie Captain York, die später exklusiv in den legendären YPS-Heften erschien, schaffte es in meinen Kinderheldenolymp.

Etwas harmloser, aber ebenso inspirierend fand ich eine französische Comicserie des berühmten Schlumpfzeichners Peyo über einen kleinen blonden Pariser Jungen mit einer Baskenmütze, einem blauen Schal und einer roten Jacke, der über Superkräfte verfügt. Ist er allerdings erkältet, was mindestens einmal pro Episode an einer kritischen Stelle der Fall ist, versiegen seine Fähigkeiten und er muss sich Kraft seiner Gedanken etwas anderes einfallen lassen – was natürlich meist gelingt. Die Serie wurde in Deutschland unter zwei verschiedenen Namen veröffentlicht, zunächst in Fortsetzungsgeschichten mit dem Titel »Der kleine Winni« im Rahmen der Fix & Foxi-Hefte, später als eigene Comicbandreihe »Benni Bärenstark«. Die Rolle des kleinen, schüchternen Jungen, der von den Erwachsenen nie richtig ernstgenommen wird, aber hinter den Kulissen mit Grips und Superkräften die Dinge insgeheim wieder ins Lot bringt, war für mich als 10- bis 12jähriger irgendwie auch eine Art Ideal. Die Bände sind inzwischen leider vergriffen und nur noch zu Sammlerpreisen, z. B. bei Amazon erhältlich.

Ich bin mal gespannt, ob einige Leser die genannten Comicfiguren ebenfalls kennen. Wenn Ihr mögt, freue ich mich in den Kommentaren auf einen Einblick in Eure Ideale!

Der komplette Fragebogen im Überblick.

Books_27
Photo: © Larry Kwan | Some rights reserved

Filmfoodverbalmimikry

Gestern beim Frühstück fiel mir etwas Seltsames auf: ich habe zwar schon seit je her unzählige von Filmzitaten in mein Floskelrepertoire integriert (z.B. »Herr Ober, dürfen wir Ihnen vielleicht etwas bringen?« – Loriot, Pappa ante Portas), aber erstmals bemerkte ich, dass ich aus vielen Filmen die Aussprache von Lebensmitteln übernommen habe, sofern die Protagonisten diese auf eine ganz besondere Weise aussprechen oder betonen. Das geht sogar soweit, dass ich die betreffenden Lebensmittel fast nur noch so wie in dem jeweiligen Film ausspreche. Meist sind es nur ein oder zwei Wörter und jeweils bezogen auf die deutsche Synchronfassung – ich durchforste gerade mein Gedächtnis, um möglichst viele dieser Vokabeln, die ich bislang eher unbewusst benutzte, ausfindig zu machen. Ein paar habe ich schon gefunden:

»Salz?« (Am Anfang und Ende des Wortes gelispelt) – Shirley (Kathryn Pogson), die Tochter von Mrs. Ida Lowry in »Brazil« (leider ohne Cliplink)

»Kohlrabi.« (mit vorn auf der Lippe genuscheltem »b«) – Loriot als »Krawehl«-Dichter Lothar Frohwein in »Ödipussi«

»Champagner!« (schrill-generös) – Luxusschmarotzerin und Dauerkurgast Bubbles DeVere (Matt Lucas) in »Little Britain«

»Muskatnuss!!!« (à la Hitler) – Louis de Funès als Restaurantinhaber Monsieur Septime in »Le Grand Restaurant« (»Scharfe Kurven für Madame«)

»Frisches Obst?« (hysterisch-abgedreht) – John Cleese als Militärausbilder in der Episode »Self Defence against Fresh Fruit« in »Monty Pythons wunderbare Welt der Schwerkraft«

»Käffchen?« (eifrig-affektiert) – Petra Zieser als Redaktionsassistentin in Hape Kerkeling’s »Kein Pardon«

Mir fallen bestimmt noch mehr Beispiele ein … aber es ist schon eine komische Marotte. Oder geht es noch jemandem so?

Movie_Mouth
Photo: © Richardzinho | Some rights reserved

Ich sehe das QRitisch …

Über die – meiner Meinung nach oft ebenso überflüssigen wie fehlplatzierten – QR-Codes wollte ich hier auch schon immer mal was schreiben, aber jetzt hat Gerrit van Aaken das bei praegnanz.de getan. Und seinem Blogbeitrag habe ich kein Wort hinzuzufügen. Außer vielleicht diese »Musterbeispiele«. Hihi.

QRCode
QR-Code created with QR-Code Generator via kaywa.com

Kleine Business-Twittiquette

Eben gerade stellte @claudine in meiner Twitter-Timeline eine interessante Frage an ihre :

Eure Meinung ist gefragt: die absoluten »don’t do it« von Firmen auf twitter?

Mit diesem Thema beschäftige ich mich derzeit aus eigenem Interesse, da ich für Agentur, die ich mit zwei Partnern Anfang des Jahres gegründet habe, auch einen (noch jungen) Twitteraccount angelegt habe. Da stellt sich natürlich die Frage: was twittert man da? Und was/wie besser nicht?
Ich habe Claudine 10 Punkte genannt, die mich ganz persönlich an gewerblichen Twitterern nerven und die ich als Business-Twitterer auf jeden Fall versuchen würde, zu vermeiden:

1. Nur senden
Es gibt kaum etwas Langweiligeres als Accounts, die einen Tweet nach dem anderen raushauen und so tun, als seien sie völlig alleine bei Twitter. Da wird nicht gefragt, auf keinen Follower reagiert, ein häppchenweiser Monolog heruntergeleiert – ohne Interesse an dem, was im Netz und bei Twitter eigentlich zählt: die Menschen. Langweilig wie eine Bahnsteigansage.

2. Desinteresse an Dialog suggerieren
Auch der Inhalt der Tweets kann abschottend wirken. Wer sich selbst nur zelebriert, ohne Feedback anzuregen, Lobhudeleien über Marke und Business als einzigen Content anbietet, also als reine Reklameschleuder agiert, kann auch Funkwerbung buchen. Das »Please don’t disturb«-Schild am Türchen des Twitteraccounts.

3. Auf Fragen nicht/schleppend reagieren
Ganz schlimm wird es, wenn Follower von sich aus etwas fragen, und der Firmentwitterer partout nicht aus dem Quark kommt. Bei E-Mails gilt eine Antwortfrist von 24 Stunden als gerade noch akzeptabel, bei Twitter würde ich diese gut und gern vierteln. Eine gewisse Wartezeit ist nicht unklug, da ggf. andere Follower des Unternehmens als Community agieren und dem Fragenden ihrerseits kompetente Antworten bieten. Das kann das Unternehmen aufgreifen und so einen fruchtbaren Gruppendialog anregen und mitführen. Aber spät oder gar nicht antworten geht gar nicht.

4. Kritik negieren/ignorieren
Follower sind kein Lobvieh, sie haben auch Probleme. Produkte gehen kaputt, enttäuschen Erwartungen oder werfen Fragen auf. Gewerbliche Twitterer, die dies abwiegeln, schneiden sich ins eigene Fleisch. Eine Antwort, die mich in Geschäften und bei Hotlines nach Schilderung von Problemen regelmäßig in Rage bringt, ist »Das kann eigentlich nicht sein«. Wer Kritik nicht ernst nimmt und als Chance zur Verbesserung bergeift, nimmt seine Kunden nicht ernst. Und wenn die dann weglaufen, ist das kein Schmollen, sondern verständlich.

5. Zu oft twittern
Hier geht es mir wie mit Newslettern. Einmal pro Woche ist gerade noch okay, alle zwei bis drei Tage ist schnell die Nervschwelle erreicht. Da stellen sich mir die Fragen »Wieso packen die ihre gesammelten News nicht in weniger E-Mails?« oder »Befürchten die, dass ihre Kunden gleich eine Insolvenz vermuten, wenn mal drei Tage kein Newsletter kommt?«. Also bitte nicht alle 20 Minuten einen Tweet abschicken, das ist so penetrant wie an der Haustür Sturm klingeln.

6. Zu selten twittern
Das Gegenteil ist genauso kritisch. Verwaist anmutende Twitteraccounts, durch die man im Geiste schon digitale Tumbleweeds kugeln sieht, lassen vermuten, das Unternehmen sei entweder desinteressiert oder mit dem Kanal inhaltlich bzw. personell überfordert. Manchmal mag diese Vermutung sogar die Wahrheit sein. Wer als Unternehmer einen Twitteraccount anlegt, muss sich klar darüber sein, das dies engagierte Pflege, Zeit und personelle Ressourcen erfordert. Der große Name an der Tür oder ein tolles Produkt reichen noch lange nicht, um Follower länger bei der Stange zu halten.

7. Pausenlos dieselben selbstbezogenen Tweets wiederholen
Unverständnis befällt mich, wenn ich manche meiner Neufollower-Accounts anklicke und dort gebetsmühlenartig immer wieder dieselben drei bis vier Tweets lese: »Unser neues Produkt XXX ist ab sofort erhältlich!«, »Gehe jetzt zu YouTube/Facebook etc. und vote für das Video unseres neuen Produkts XXX!«. Wie Bart und Lisa Simpson auf der Rückbank des Wagens, die ohne Unterlass krakeelen »Sind wir bald da? Sind wir bald da? Sind wir bald da? Sind wir bald da? …« Steter Tropfen höhlt hier nicht den Stein, sondern das Hirn. Und weckt schnell Fluchtimpulse.

8. Humorlos twittern
»Verschenke ein Lächeln, und Du bekommst eins zurück.« Sollte eigentlich so sein, ist es aber leider nicht immer. Denn genau so befremdlich wie Unternehmen, die nicht auf Kritik reagieren, sind jene, die keinen Spaß verstehen. Twitter wird von spontanen geistreichen bis groben Frotzeleien im Sekundentakt angetrieben – für mich einer der großen Anreize dieses faszinierend lebendigen Social Networks. Firmen, die diesem Treiben hilflos, verständnislos oder sogar ablehnend gegenübertreten, haben hier entweder nichts verloren oder keine große Zukunft.

9. Orthographisch schlampig twittern
Schnellebigkeit verführt zu Hast und Hast fördert Flüchtigkeitsfehler. Jeder Tweet, und sei er noch so »BREAKING!«, sollte vor dem Absenden noch einmal korrekturgelesen werden. Idealerweise, nachdem er von einem Autor verfasst wurde, welcher der deutschen Sprache in Stil und Orthographie hinreichend mächtig ist. Wer als Unternehmen oder Marke die vielbeschworenen »Praktikanten« (ich sage lieber Hilfskräfte) ohne Aufsicht oder kompetente Einarbeitung schlampig runtergeschrubbte Tweets raushauen lässt oder selber auf die Schnelle lieb- und stillose Meldungen einstreut, denen man anmerkt, dass sie nur lästige Pflichtübungen sind, darf nicht glauben, dass dies von den Followern als Wertschätzung oder Kompetenz interpretiert wird.

10. Nix Eigenes schreiben/nur Fremdtweets bzw. Links weiterverteilen
Wer keinen eigenen Content hat, steht im Internet in einem blühenden Garten Eden, wo die fremden Früchte verführerisch niedrig hängen. Da gibt es Newsmeldungen, Links, witzige Videos, Testberichte, Hilfsportale und und und … Das mag alles nützlich sein, vielleicht sogar für die Follower von Gewerbetreibenden, möglicherweise hat es sogar einen Bezug zu Marke oder Produkt. Aber wenn zu selten oder niemals eigene Inhalte in den Tweets auftauchen, stellt dies die Eigenständigkeit und Unverwechselbarkeit des Unternehmens massiv in Frage – vielleicht sogar bis hin zu der Vermutung, auch die Produkte könnten womöglich nur auf fremden Ideen basieren. Profilieren kann sich nur jemand, der außer Selektieren und Kombinieren auch das Kreieren beherrscht.

Soweit meine Meinung zu den zehn »No gos« für gewerbliches Twittern. Ich freue mich wie immer über Kommentare und Ergänzungen. Und hoffe, dass ich und meine Kollegen es besser machen. Vielleicht mag uns ja der eine oder andere der Leser dieses Artikels folgen und uns ein bisschen beaufsichtigen …

Twittikette
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Typophile Grüße

Durch einen freundlichen Hinweis via Twitter wurde ich auf meinen fleißigen Hobbyzwilling Jens Arne Männig aufmerksam gemacht, der wie ich mit seiner Kamera typographische Fundstücke sammelt und sie – übersichtlich in Kategorien gegliedert – auf seiner Website präsentiert. Historisches, Kunstvolles, Skurriles. Ich empfehle nachdrücklich einen Besuch der Galerie, winke freundlich über den Letternzaun und freue mich schon auf die nächsten Trophäen!

Typofunde_Maennig
Screenshot mit freundlicher Genehmigung von Jens Arne Männig.